Den Beliebheitspreis würde die italienische Regierung bei den Jugendlichen im Moment nicht gewinnen. Foto: sb

Raus in die weite Welt: Für junge Italiener keine angenehme Vorstellung. Aber das muss, meint unsere Autorin.

In Italien gibt es gerade so richtig Zoff zwischen Regierung und Jugend. Deshalb wollte Innenministerin Anna Maria Cancellieri schlichten. Allerdings ging das beim Interview mit einem italienischen Nachrichtensender ziemlich nach hinten los. Mit ihrer Kritik an "der Einstellung, eine Festanstellung nur in der eigenen Stadt, an der Seite von Mama und Papa" haben zu wollen, hat sie die Jugend nur noch weiter erzürnt. Wie der Spiegel berichtet, träumen junge Italiener von einer Festanstellung in ihrer Heimatstadt und einem geregelten Einkommen. Die meisten wohnen auch noch mit 30 daheim bei den Eltern.

Das müsse sich ändern, findet die Regierung. Die sicherlich gut gemeinten Ratschläge kommen bei den jungen Italienern aber gar nicht gut an. Die Regierung ist der Meinung, die Jugendlichen seien nicht flexibel genug und fordert mehr Einsatz und Selbstständigkeit. Die " Kultur der festen Arbeitsstelle" passe nicht mehr in die moderne, mobile Welt. Premierminister Mario Monti meinte sogar, dass eine feste Stelle doch eintönig und ein Wechsel etwas Schönes sei. Die italienische Jugend sieht das aber anders und beschwert sich, dass die Regierung die Lebenswirklichkeit nicht kenne und sich viele ein eigenes Leben gar nicht finanzieren können, weil sie von einem schlecht bezahlten Praktikum zum nächsten tingeln. Die Jugendarbeitslosigkeit ist in Italien in letzter Zeit auf 30 Prozent gestiegen. In Deutschland lag sie zuletzt bei unter zehn Prozent.

Da ist es nicht sonderlich hilfreich, wenn Vize-Arbeitsminister Michel Martone verkündete, wer mit 28 die Uni noch nicht beendet habe, sei ein Trottel. Sicher haben die Politiker Recht mit ihren Forderungen nach mehr Flexibilität, aber ein kleines bisschen mehr Fingerspitzengefühl wäre angebracht. Ich kann die jungen Italiener schon verstehen. Es ist schwer, die ganze Sache ernst zu nehmen, nachdem Ex-Ministerpräsident Berlusconi der besorgten Jugend Karrieretipps wie "Heiraten Sie einen meiner Söhne" oder "Niemals braune Schuhe zum blauen Anzug tragen" gab. Es muss sich etwas ändern an der italienischen Denke, sonst kommt das Land nie aus der Krise. Aber immer schön langsam, denn Menschen, egal welcher Nationalität, haben immer Angst vor Veränderungen. Vor allem in Krisenzeiten.