Auf dem Hof von Clemens Hug in Gremmelsbach informierten sich rund 300 Landwirte, darunter zahlreiche junge Zukunftsbauern, über neue Formen und Möglichkeiten der Kälberaufzucht.
Triberg-Gremmelsbach - Die Kälberaufzucht ist in der Landwirtschaft ein heikles Thema. Damit eine Kuh Milch liefert, muss sie regelmäßig ein Kalb zur Welt bringen. Doch häufig ist die wirtschaftliche Aufzucht der Kälber aus Milchviehhaltung schwierig. Die Kälber werden deshalb möglichst früh an Mastbetriebe verkauft, die oft hunderte oder tausende Kilometer weit vom landwirtschaftlichen Betrieb entfernt sind.
Ein weiteres daraus resultierendes Problem: Es gibt ein Überangebot an Kuhnachwuchs, was für die Landwirte wiederum einen Preisverfall bedeutet, so dass sich nicht einmal die wenige Wochen dauernde Aufzucht rentiert. Um hier neue Lösungsansätze aufzuzeigen, lud der Badisch-Landwirtschaftliche Hauptverband BLHV zu einem Kälberaufzuchttag.
Landwirt Clemens Hug beschreibt seine Erfahrungen
Clemens Hug, bei dem die Veranstaltung stattfand, hat vor zwei Jahren einen modernen, rund 660 Quadratmeter großen Kälberaufzuchtstall gebaut. Dorthin, nur einen Steinwurf vom Stall der Mutterkühe entfernt, ziehen die Kälber etwa zwei Wochen nach ihrer Geburt um. "Aktuell sind es rund 50 Kälber", sagt Hug. Die Tiere haben ständig Zugang zu einem abgetrennten Bereich im Freien. Sie werden mit der Muttermilch aufgezogen, die aus dem Milchstand über eine Leitung aus dem Mutterkuh- in den Kälberstall gepumpt wird. Nach und nach werden die Kälber von der Milch entwöhnt und zum Gras- und Heu-Fressen gebracht, ehe sie dann, wenn sie ein ordentliches Gewicht haben, mit etwa drei bis vier Monaten an einen benachbarten Biomastbetrieb zur Weitermast kommen.
Dass Kälberaufzucht also durchaus tierverträglich aussehen kann, wollte der BLHV mit dem Kälbertag zeigen. "Lange Tiertransporte haben längst keine Akzeptanz mehr in der Öffentlichkeit", sagte BLHV-Präsident Bernhard Bolkart. Auch Landtagsabgeordnete Martina Braun (Grüne) sagte, dass Tiertransporte nach Spanien oder Norddeutschland nicht mehr akzeptabel seien. Die Politik arbeite daran, ein Konzept zu entwickeln, "das aber nicht nur Tierschützern allein, sondern auch den Landwirten hilft".
Von "Geiz-ist-geil"-Mentalität verabschieden
Mit einem auf den Weg gebrachten Strategie-Dialog soll hier für Landwirtschaft und auch für den Verbraucher ein verträgliches Konzept auf den Weg gebracht werden. Dazu gehöre allerdings auch, dass, wie Ministerpräsident Winfried Kretschmann kürzlich auf dem Landesbauerntag in St. Georgen formulierte, keine Billigimportware in den Supermarktregalen das Geschäft kaputt machen könne.
Die Dezernentin für ländlichen Raum im Amt für Landwirtschaft des Schwarzwald-Baar-Kreises, Silke Lanninger, appellierte auch an die Verbraucher, sich endgültig von der Geiz-ist-geil-Mentalität zu verabschieden. "Nutztiere sind unverzichtbar, und es ist wichtig, sie in der Region zu halten." Zudem sagte Lanninger, dass Kalbfleisch ein Qualitätsmerkmal sei. Der Verbraucher würde mit dem Produkt nicht nur die Ware, sondern auch die Geschichte der Produktion kaufen. "Der Verbraucher möchte wissen, wo und wie das Produkt entsteht."
Info: Neue Ansätze aufgezeigt
Auf dem Fachtag für Kälberaufzucht wurden in zwei Fachvorträgen Ansätze aufgezeigt, wie sich bei der Mast von Kälbern aus der Milchviehhaltung Ökonomie, Produktionstechnik und Tierwohl vereinen lassen und mit welchen Strategien den Klima- und Marktveränderungen im Grünland begegnet werden kann.