Betrug bei Ebay: Ehepaar aus Bisingen wird zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt. (Symbolfoto) Quelle: Unbekannt

Betrug bei Ebay: Ehepaar aus Bisingen wird zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Paar bringt Richter und Staatsanwältin zum Grübeln.

Bisingen/Hechingen - Muss jemand ins Gefängnis, weil er Müll im Internet per Ebay weiterverkauft? Prinzipiell ist das möglich, sagt das Hechinger Amtsgericht, setzte die Strafe aber zur Bewährung aus.

Ob Richter, Schöffen oder Staatsanwältin – sie alle fühlten sich in diesem Prozess sichtlich unwohl. Eine soziale Katastrophe stand im Raum. Vor Gericht stand ein Bisinger Ehepaar, Eltern von drei Kindern. Und rein juristisch gesehen war es nicht undenkbar, dass beide Eltern eine Gefängnisstrafe ohne Bewährung hätten absitzen müssen. Und die Kinder? Kaum auszudenken.

Die Mutter ist krank. Der Vater verdient als Bauarbeiter 1800 Euro im Monat, dazu kommen 558 Euro Kindergeld. Die Warmmiete liegt bei 900 Euro. Dass das für eine fünfköpfige Familie kaum ausreicht, leuchtet ein. In dieser Situation kam das Paar im vorigen Jahr auf eine Idee, deren Folgen sich als fatal erwiesen. Sie bedienten sich aus dem Inhalt eines Abfallcontainers, den ein Bisinger Pferdesportartikel-Händler bei einer Grosselfinger Müllentsorgungsfirma regelmäßig abladen ließ. "Da waren Sachen dabei, die waren noch original verpackt", berichtete die Frau. Wahrscheinlich Dinge, die von Versandkunden wieder zurückgeschickt wurden und nicht mehr in den Warenbestand eingegliedert werden sollten.

Der Mann arbeitete bei der Müllentsorgungsfirma und ging davon aus, dass es in Ordnung sei, vom Müll etwas mitzunehmen. Einige Dinge, die leicht beschädigt waren, wurden repariert. Pferdedecken, Trensen, Stiefel – etwa 1400 Euro erzielten sie damit bei Online-Versteigerungen, bis die Polizei vor der Haustür stand und die Wohnung durchsuchte.

Juristisch gesehen ist das, was das Ehepaar tat, Betrug. Und sogar ein eher schweres Delikt, weil es "gewerbsmäßig" geschah. Denn Eigentümer des Mülls war das Entsorgungsunternehmen, nicht das Ehepaar. Das konnte deshalb die Sachen nicht rechtsgültig verkaufen. Weil es doch geschah, betrogen sie ihre Kunden, die zwar zahlten, damit aber nicht Eigentümer der Dinge werden konnten.

Das Paar gestand alles vor Gericht, aber die Frau erklärte auch: "Ich hätte niemals gedacht, dass das strafbar ist. Das hätte ich meiner Familie sonst niemals angetan."

Das Problem: Beide Ehepartner haben bereits mehrere Vorstrafen wegen Betrugs. Für Richter Ernst Wührl ein Problem, denn sein juristischer Spielraum, die Strafe auf Bewährung auszusetzen, war damit recht klein.

Allerdings: Kriminelle Energie war hinter den Vorstrafendelikten nicht zu erkennen. Heizöl wurde bestellt, das nicht bezahlt werden konnte. Auch für die kirchliche Hochzeit, die sie mit der Taufe ihrer drei Kinder zusammenlegten, blieben sie Rechnungen schuldig. Sie hatten vor Jahren einen Kredit aufgenommen, dann wurde der Mann arbeitslos. "Von da an ging es bergab", so die Mutter. Die Schulden summieren sich nun auf 80.000 Euro. Derzeit stottern sie 100 Euro monatlich ab. Keine Chance, auf diese Weise wieder schuldenfrei zu werden. "Wir wollen Privatinsolvenz anmelden", so die Mutter. Betretenes Schweigen im Gerichtssaal. Ein Jahr, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung, lautete am Ende das Urteil für beide Ehepartner. Auf die Auflage, Sozialstunden abzuleisten, verzichtete Wührl: "Ich denke, Sie haben so schon genug zu tun".