Monika und Bernd Helbig: "Wir haben unseren Altersruhesitz verloren". Foto: Kauffmann

Anwohner, die an Zufahrten zum Neubaugebiet Fronwiesen-Raubrühl wohnen, beschweren sich.

Bisingen - Zu viel Verkehr, zu viel Krach, zu enge Zufahrten: Viele Anwohner, die an den Zufahrten zum Neubaugebiet Fronwiesen-Raubrühl wohnen, sind nicht gut zu sprechen auf die Verkehrssituation dort. Die Verwaltung hat bereits Stellung genommen. Nun melden sich die Anwohner Monika und Bernd Helbig zu Wort. Sie sprechen von Zusagen, die nie eingehalten wurden, vom Staub in der Luft und dem Dreck auf der Straße.

Die Gemeinde hat ihre Position zum Verkehrslärm im neuen Baugebiet ja schon dargelegt. Dann ist ja alles klar, oder?

Monika Helbig: Wir haben einiges auszusetzen. Die Baustelle ist schlecht organisiert. Da kommen Riesen-Lastwagen, die nicht wissen wo es lang geht und an der Kreuzung wenden. Oder sie fahren falsch und stoßen dann wieder im Rückwärtsgang zurück. Wir haben viel Krach und Dreck vor dem Haus. Wir haben unseren Altersruhesitz verloren. Und bei diesem Wort liegt die Betonung auf Ruhe. Als wir vor 19 Jahren hergezogen sind, hieß es zu uns, dass in diesem Wassergebiet nie ein Baugebiet entsteht. Der Krach der Straßenbaufirma ist unerträglich, aber der Dreck noch schlimmer.

Irgendwann sind die Tief- und Straßenbauarbeiten beendet.

Monika Helbig: Die Bauarbeiten gehen mit dem Bau der Häuser ja erst einmal weiter. Bis das letzte Haus steht, soll es zehn Jahre dauern, hat die Gemeinde im Amtsblatt geschrieben. Da ist mein Mann 94 und ich 88. Das erleben wir nicht mehr.

Was tun Sie, um dem Lärm zu entgehen?

Bernd Helbig: Wir schlafen neuerdings in einem Zimmer, das hinten raus geht, nicht mehr vorne zur Straße. Die Baustelle macht aber auch Dreck. Die Baufirma ist normalerweise verpflichtet, täglich die verschmutzte Straßen zu reinigen. Die Aussage der Gemeinde, dass freitags immer die Straßen gereinigt werden, ist schlichtweg falsch. Da warten wir bis heute drauf. Es staubt unheimlich, weil nicht gekehrt wird. Wir sitzen hier in einer Dreckwolke. Die Wäsche kann man nur noch im Haus zum Trocknen aufhängen oder in den Trockner legen. Draußen wird alles wieder schmutzig. Täglich haben wir die Straße zwischen Kreuzung Angelstraße und bis Ende unseres Grundstückes Am Borrenbach gereinigt. Wir sind es Leid, die Putzkolonne von Bisingen zu sein.

Die Verwaltung sagt, dass sich der Verkehr der künftigen Anwohner auf die Zufahrten verteilen wird. Was ist Ihre Erfahrung bisher?

Bernd Helbig: Der Hauptverkehr läuft im Moment über die Angelstraße. Die Waldstraße ist erst seit gut einer Woche geöffnet. Gott sei Dank haben sie diese Straße aufgemacht. Aber man muss schon ortskundig sein, um diesen Weg zu kennen. Außerdem sind die bestehenden Zufahrten viel zu eng und haben keinen Gehweg.

Es heißt von der Gemeinde, die Anwohner selbst seien es, die den Autoverkehr verursachen. Was meinen Sie?

Monika Helbig: Im Grundsatz hat die Verwaltung zwar recht, aber das ist nur die halbe Wahrheit. Am Wochenende kommen unheimlich viele, die das neue Baugebiet sehen wollen. Die schauen dann am Schild hoch. Hinzu kommt der Baustellenverkehr. Motorrad- und Quadfahrer drehen hier auf und wollen sich in den Abendstunden und an Wochenenden austoben.

Glauben Sie, dass sich die Lage in Zukunft entspannt?

Monika Helbig: Wenn die Straßen fertig und die Leitungen verlegt sind, wird sich die Situation erst einmal entspannen. Danach werden ja die Häuser gebaut und ich denke, dass danach der Verkehr wieder zunehmen wird, denkt man alleine an die Eltern, die ihre Kinder zur Schule fahren.

Wie gehen Sie mit dieser Situation um?

Bernd Helbig: Wir sind traurig, dass sich alles so entwickelt hat und so wenig auf die Anwohner Rücksicht genommen wird.

Was hätte anders laufen sollen? Was hätten Sie sich gewünscht?

Monika Helbig: Wir hätten uns gewünscht, dass die Anlieger detaillierter informiert werden, was da passiert und was gemacht wird. Wir waren entsetzt, als ein Ingenieurbüro uns am 7. März 2018 geschrieben hat, sie wollten unser Haus und das weiterer Anlieger mit allen Räumen sehen, zwecks Beweissicherung und Zustandsfeststellung unserer Immobilie.

Alle Räume?

Monika Helbig: Ja, Keller, Schlafzimmer, Garten, Garage, da wurde alles ganz genau angeschaut. Die haben jeden kleinsten Haarriss abfotografiert. Unsere Adressen wurden weitergegeben, ohne dass wir es wussten. Ob das datenschutzrechtlich in Ordnung ist? Es hätte sich gehört, dass die Gemeinde uns vorab informiert.

Warum ist Ihr Haus untersucht worden?

Bernd Helbig: Weil anscheinend Schäden befürchtet wurden. Bei den Straßenbauarbeiten hat teils das ganze Haus vibriert und Gegenstände sind aus dem Regal auf den Boden gefallen. Das Haus an sich ist aber unversehrt geblieben. Wir hatten keine Bedenken. In der Gemeinderatssitzung vom September 2017 wurde bekanntgegeben, dass in dem zu erwartenden Baugebiet keine Erdwärmebohrungen durchgeführt werden dürfen. Neuerdings ist es wohl doch möglich. Wir fragen uns: Wer kommt für die Schäden auf, die durch eine Grundwasserspiegel-Veränderung entstehen? Bleiben wir Anlieger auf den Kosten sitzen wie in Staufen?

Wie geht es in den nächsten Jahren weiter für Sie beide?

Monika Helbig: Da sind wir uns noch nicht einig.