Auch Ramona König (links) und ihr Bruder Alexander beteiligen sich an den "Balkonkonzerten." Die Chancen stehen gut, dass am morgigen Sonntag erneut viele zu ihren Instrumenten greifen.Fotos: Maute/privat Foto: Schwarzwälder Bote

Durchhalten: Musiklehrerin aus Steinhofen will auch diesen Sonntag wieder spielen / Ihr Bruder macht mit

"Ohne Musik wär’ alles nichts", wusste schon Mozart. Doch was, wenn Konzertsäle und Proberäume leer bleiben müssen? Dann sind kreative Ideen wie die "Balkonkonzerte" gefragt, die den Kontakt zu Musikkollegen und Zuhörern aufrechterhalten.

Bisingen-Steinhofen. Die Corona-Pandemie – sie hat auch die Musikwelt durcheinandergewirbelt. Dort, wo sich vor einiger Zeit noch Orchester auf ihre Auftritte vorbereitet haben, wo fleißig Tonleitern geübt wurden und Konzerte stattfanden, ist nun Stille eingekehrt. Dennoch sind sie nicht verstummt – all die Flöten, Trompeten und anderen Instrumente. Und auch die Musiker bleiben, wie Ramona König aus Steinhofen erzählt, weiterhin miteinander vernetzt.

Die studierte Musikwissenschaftlerin, die neben den Musikkapellen aus Bittelbronn und Bitz auch den Empfinger Kirchenchor dirigiert und Schüler unterschiedlicher Altersstufen unterrichtet, weiß aus eigener Erfahrung, wie sich die Krise auf das musikalische Leben auswirkt. "Das coronabedingte Aus für den Proben- und Auftrittsbetrieb kam schnell. Zu schnell, um noch viel planen zu können", erklärt sie.

Da Proben von einer auf die andere Woche nicht mehr stattfinden konnten, habe sie sich zum Teil nicht einmal mehr persönlich für die nächste Zeit von ihren Musikern und Sängern verabschieden können, bedauert Ramona König. Umso mehr freut sie sich, dass sie auch während der Kontaktbeschränkungen mit ihnen in Verbindung bleiben kann. Möglich machen dies die Sozialen Medien, in denen nicht nur Fotos und Videos ausgetauscht werden, sondern durch die auch über bestimmte Aktionen informiert wird.

Aus Rührung ist pure Freude geworden

Eine schöne Idee, die den Weg von Italien aus in die ganze Welt gefunden hat, sind die "Balkonkonzerte". Kürzlich rief der Blasmusikkreisverband Zollernalb erstmals auch Musiker aus der Region dazu auf, um Punkt 18 Uhr vom Balkon oder Fenster aus Beethovens "Ode an die Freude" anzustimmen. Als Zeichen der Solidarität und des Miteinanders.

Selbst noch nicht mitgemacht, aber dafür aufmerksam gelauscht hat an jenem Abend Ramona König. Und wirklich – von irgendwoher drangen Querflötentöne an ihr Ohr. Zart zwar, aber deutlich vernehmbar. "Als ich das gehört habe, war ich sehr gerührt", beschreibt sie ihr Gefühl. Und als zehn Minuten später das Handy gar nicht mehr schweigen wollte, wurde aus Rührung pure Freude. Aus unterschiedlichen Ortschaften erreichten die Dirigentin Bilder und Videos von musizierenden Kollegen. Und als die "Musik vom Balkon" am darauffolgenden Sonntag wiederholt wurde, stand für sie fest: "Dieses Mal bin ich auch dabei."

Gesagt, getan. Gemeinsam mit ihrem Bruder Alexander König griff sie zum Saxofon und ließ die Stücke "Ode an die Freude" und "Von guten Mächten" erklingen. Dass just an diesem Tag der Winter noch einmal noch einmal hereinbrach, war indes kein Hindernis. "Das Wetter schreckt uns nicht ab", lautete ein aufmunternder Aufruf über WhatsApp. Und genau so war es dann auch.

Obwohl bei den "Balkonkonzerten" jeder für sich musiziert, entsteht dadurch Gemeinschaft. Die Musiker sind auf diese Weise miteinander verbunden und den Zuhörern zaubern die kleinen Konzerte ein Lächeln ins Gesicht; ein schönes Signal in einer schweren Zeit.

Schüler holen sich Ratschläge telefonisch

Letztere bringt es zwangsläufig mit sich, dass derzeit auch der Musikunterricht ruht und die Schüler ihre Übungen zuhause selbstständig weiterführen müssen. "Einige werden sicher fleißig sein", kennt die Musiklehrerin ihre Schützlinge. Manche geben ihr über das Smartphone regelmäßig Rückmeldung oder holen sich den einen oder anderen Ratschlag. Bislang funktioniere das auch ganz gut. Unterricht über Internet, wie ihn derzeit schon einige ihrer Kollegen anbieten, hat sie selbst noch nicht praktiziert, sieht ihn aber als "Option", wenn die Pause doch länger andauern sollte.

Ramona König hofft natürlich, dass dies nicht der Fall sein wird, denn der persönliche Kontakt ist für sie durch nichts zu ersetzen. Sie selbst nutzt die Pause, um nach neuer Literatur für künftige Konzerte Ausschau zu halten – und sich auch weiterhin an Aktionen wie der "Musik vom Balkon" zu beteiligen. Ob diese zu einer Art Ritual werden könnte? "Meine Musiker würden es begrüßen", sagt die Dirigentin. Deshalb stehen die Chancen auch gut, dass am morgigen Sonntag, 5. April, um 18 Uhr wieder viele zu ihren Instrumenten greifen.