Verkehr und kein Ende: So lässt sich die Situation an der Thanheimer Straße zusammenfassen. Foto: Kauffmann

Erste Ergebnisse zur Lärmbelästigung werden in November-Sitzung des Gemeinderats erwartet.

Bisingen - Tilly Fähnrich wohnt an der Thanheimer Straße und ist sauer: Sie hat den Eindruck, die Gemeinde lasse die Anwohner hängen. Und der Lärmaktionsplan sei "ein Witz". Warum dauert die Erstellung dieses Plans so lange? Wir haben nachgefragt.

Tilly Fähnrich ist genervt. Als es darum geht, mit ihr telefonisch einen Vor-Ort-Termin zu vereinbaren, erhebt sie die Stimme: "Ich muss schauen, dass ich Sie verstehe." Der Verkehrslärm setzt ihr zu. Fähnrich: "Wir haben genug."

Auf dem Küchentisch hat sie schon eine Mappe gerichtet, in der sie wohl jeden Zeitungsartikel, der je zum Lärmaktionsplan veröffentlicht worden ist, gesammelt hat. Sie greift einen Ausschnitt von Anfang 2016 heraus. Eine Grafik zeigt die meistbefahrenen Straßen in Bisingen. Da stehe es doch schwarz auf weiß: Sie und ihre Familie wohnen dort, wo mit am meisten Autos und Lastwagen fahren. Und doch sei seither nichts passiert. Jetzt holt Fähnrich Luft und poltert: "Der Lärmaktionsplan ist ein Witz. Wie kann man die Leute so hängen lassen?" Die Verärgerung über die scheinbare Untätigkeit von Gemeinde und Behörden hat emotionale Spuren hinterlassen.

In Brief an Landrat "untragbaren Zustand" beklagt

Im vergangenen Jahr hat Fähnrich einen Brief an Landrat Günther-Martin Pauli geschrieben. Darin beklagt sie den "untragbaren Zustand", der krank mache. Fähnrich weiter: "Wir wissen nicht, warum hier nichts unternommen wird, alle machen seit 2003 nur Versprechungen. Will man nicht oder kann man nicht?" Vehement fordert sie, eine 30er-Zone an der Thanheimer Straße einzurichten. Der Verkehr wird dann zwar nicht weniger, aber Aufleger, Container und Anhänger würden dann "nicht mehr so laut knallen", heißt es in dem Schreiben weiter. Ob sich seit ihrem Brief etwas getan hat? Nein, nichts. Und auch der Lärmaktionsplan habe bisher keine Besserung gebracht.

Tatsächlich zieht sich die Erstellung dieses Maßnahmenpakets gegen den Verkehrslärm seit fünf Jahren hin. Beschlossen hat der Gemeinderat in seiner Sitzung vom Oktober 2014, das Planungsbüro BS Ingenieure aus Karlsruhe mit den Ausarbeitungen von Lösungsansätzen zu beauftragen. Warum dauert der Prozess so lange?

Wie aus einer schriftlichen Antwort auf entsprechende Nachfrage an die Verwaltung hervorgeht, gibt es ein ganzes Bündel von Gründen, die die Erstellung des Lärmaktionsplans so zeitintensiv gemacht haben: Nach den Berechnungen des Planungsbüros erhielt der Gemeinderat Anfang 2016 einen ersten Entwurf des Lärmaktionsplans, der im Juni des gleichen Jahres in einer Bürger-Infoveranstaltung vorgestellt und mit Bürgern besprochen worden ist. Danach folgten, auch auf Wunsch des Gemeinderats, zusätzliche Messungen.

In Bisingen wurde der Verkehr nicht berechnet, sondern gemessen

"Die Gemeinde Bisingen hat, wohl im Gegensatz zu den meisten Gemeinden, tatsächliche Verkehrsmessungen durchgeführt", erklärt Bürgermeister Roman Waizenegger. Andernorts wird das Verkehrsaufkommen nur berechnet. Die Messungen bestätigten das "subjektive Gefühl", dass Bisingen von "deutlich erhöhten Schwerverkehrsanteilen" betroffen ist. Darauf hat das Planungsbüro eine umfangreiche Neuberechnung vorgenommen, die sich an den Vorgaben des Bundesverkehrsministeriums orientiert (RLS-90) und die neuen Messergebnisse mit einbezieht – ein weiterer Aspekt, der viel Zeit gekostet hat.

Vorläufige Ergebnisse wurden in einer Besprechung Ende 2018 mit Vertretern des Planungsbüros, Polizei und Gemeinde hat sich nichts getan. Waizenegger: "Das Planungsbüro wurde bereits mehrmals aufgefordert, uns den aktualisierten Planentwurf endlich zu übermitteln." Zudem herrschte im alten Gemeinderat Konsens, dass sich das neue Gremium der Lärm-Problematik annehmen sollte, zumal weitreichende Entscheidungen getroffen werden müssten. Zum Beispiel die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 Stundenkilometer. Der neue Gemeinderat ist jedoch erst seit der konstituierenden Sitzung vom Juli 2019 im Amt. Wann die aktualisierte Fassung des Lärmaktionsplans dem Gemeinderat vorgelegt wird, weiß man nicht so recht. Aber dieses Jahr soll es so weit sein. Waizenegger dazu: "Wir gehen davon aus, dass sich der Gemeinderat im Rahmen seiner Novembersitzung damit beschäftigen wird."

Bis dahin bleibt den Fähnrichs wohl weiter nur die Option: warten und aushalten.

Nachdem sich der Gemeinderat mit dem überarbeiteten Lärmaktionsplan beschäftigt hat, wird dieser in einer Info-Veranstaltung vorgestellt. Dort haben die Bürger die Möglichkeit, Bedenken und Anregungen zum Plan einzubringen. Darauf geht der Plan zurück in den Gemeinderat, der dann einzelne Maßnahmen beschließen kann (dazu gehört unter anderem die Reduzierung der Geschwindigkeit, wie unter anderem Tilly Fähnrich sie fordert). Bei der letzten Bürgerinfo-Veranstaltung der Gemeinde am 9. Juni 2016 haben gerade einmal 15 bis 20 interessierte Bürger teilgenommen.