Archäologin Barbara Hausmair (links) erklärt den Besuchern um Staatssekretärin Katrin Schütz was sie in der Grube sehen. Foto: Kauffmann

Archäologen fördern zahlreiche Stücke zu Tage. Staatssekretärin besucht die Arbeiten.

Bisingen - Die archäologischen Ausgrabungen auf dem ehemaligen KZ-Gelände Bisingen laufen seit Anfang August. Welche Funde liegen inzwischen vor? Und gibt es neue Erkenntnisse?

Die Archäologin Barbara Hausmair von der Landesdenkmalpflege steht an der Kante der rechteckigen Grube, die sie in den vergangenen Wochen mit ihrem Team auf dem Gelände des ehemaligen KZs ausgehoben hat. Am Boden liegen Rohre, die teils gut erhalten sind. Hausmair markiert mit dem Zeigefinger eine Ecke, in der sie verbranntes Material gefunden hat. Die Blicke der Besucher folgen ihr. Hausmair: "Das kenne ich sonst nur von Bombenschäden, die ich schon in Berlin gesehen habe." Ist das Magazin, das gleichzeitig ein Waschraum war, das Ziel eines Bombenangriffs geworden? "Davon gehen wir aus", meint Hausmair, um auszuführen, dass historische Dokumente darüber keinen Aufschluss geben. Interessiert verfolgt die Delegation, die aus gut 30 Personen besteht, das, was die Archäologin zu erzählen hat.

Wer ihr aufmerksam auf die Finger schaut, ist eine Delegation aus dem Landes-Wirtschaftsministerium und dem Landesdenkmalamt. Sie alle gehörten zum Tross von Staatssekretärin Katrin Schütz, die die Ausgrabungen in Bisingen im Zuge ihrer Denkmalreise besucht hat. Ihr gefolgt sind unter anderem Claus Wolf, Präsident des Landesamts für Denkmalpflege, sowie Vertreter aus der Region, darunter Bisingens Bürgermeister Roman Waizenegger, Landrat Günther-Martin Pauli und Ines Mayer vom örtlichen Gedenkstättenverein.

"Mit meiner Denkmalreise möchte ich Neugier wecken und die Menschen einladen, die Denkmallandschaft für sich zu entdecken", sagt die Staatssekretärin nicht zuletzt in Anspielung auf den Landesdenkmaltag, der am kommenden Sonntag auch auf dem ehemaligen KZ-Gelände stattfindet (siehe Info). Die Besichtigung der Ausgrabungen wurde als "presseöffentlich" angekündigt.

Die Führung von Barbara Hausmair gab freilich einen ersten Vorgeschmack auf das, was die Besucher am Tag des offenen Denkmals erfahren können. So werfen die Ausgrabungen weitere Fragen auf, die zeitgenössische Dokumente nicht beantworten. Zum Beispiel, warum das wohl von einer Bombe zerstörte Rohr nicht mehr repariert worden ist. Mussten die Insassen auf die ohnehin schon wenigen sanitären Einrichtungen auch noch verzichten? – Ein Punkt, an dem weitere Forschungen über Bisingens ehemaliges KZ anknüpfen könnten.

Es ist landesweit die erste Ausgrabung auf einem ehemaligen KZ-Gelände

Zu den Hinterlassenschaften, welche die Archäologen zu Tage gefördert haben, gehören auch zahlreiche lose Gegenstände. Dazu zählen Brocken geschmolzenen Drahtglases, ein komplett erhaltener Schuh, ein Löffelstiel, eine Zündkerze eines amerikanischen Automodells, Stacheldraht und eine Münze italienischer Prägung. Sie müsste dort verschütt gegangen sein, als italienische Kriegsgefangene für kurze Zeit im Bisinger Konzentrationslager interniert worden waren.

Was das Landesdenkmalamt bisher aber nicht gefunden hat – und das ist entscheidend: Ziegel und Klinkersteine. Dies berührt eine Frage, zu der bislang keine stichhaltigen Informationen gibt: Was ist mit dem KZ-Gelände samt der Einrichtungen nach dem Krieg passiert?

Bekannt ist, dass es nicht befreit wurde, sondern die Häftlinge auf Todesmärsche geschickt wurden. Hausmair: "Es gibt nichts, was dafür spricht, dass das Lager abgerissen wurde." Die Vermutung: Alles, was noch zu verwenden war, wurde nach und nach abgeräumt und vom Gelände entfernt.

Das KZ Bisingen wurde 1944 als Außenlager des Stammlagers Natzweiler-Struthof eingerichtet. Ziel war, aus dem Schiefergestein Öl herzustellen (bezeichnet als Unternehmen "Wüste"). Der Anteil des gewonnenen Rohstoffs sei jedoch so niedrig gewesen, dass die Produktion "nicht rentabel" gewesen sei, berichtet Christian Bollacher, Fachgebietsleiter bei der Landesdenkmalpflege.

Das ehemalige KZ-Gelände Bisingens ist landesweit das bislang einzige, auf dem archäologische Ausgrabungen stattfinden. Entstanden sei die Idee für die Grabungen während der Bewerbung zum Europäische Kulturerbe-Siegel entstanden. Das erklärt Claus Wolf, Präsident des Landesamts für Denkmalpflege, auf Nachfrage. Wie er weiter mitteilt, entscheide sich noch in diesem Jahr, ob und an welchen ehemaligen KZ-Lagern weitere Ausgrabungen stattfinden. Die Aktivitäten in Bisingen sollen noch mindestens bis zu einer Woche nach dem Tag des offenen Denkmals dauern.

Bisingen gilt als lohnender Standort für solche Ausgrabungen. Das Gelände befindet sich im Besitz der Gemeinde und ist weitgehend frei zugänglich. Zudem sei die Geschichte des Bisinger Konzentrationslagers "gut erforscht", wie Archäologin Hausmair erklärt.

Einen Einblick in die Ausgrabungen auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers in Bisingen erhalten Besucher am Tag des offenen Denkmals, am Sonntag, 8. September. Das Gelände befindet sich auf der Wiese an der Schelmengasse. Barbara Hausmair vom Landesamt für Denkmalpflege wird das Projekt vorstellen. Ergänzend bietet der Verein Gedenkstätten KZ Bisingen Führungen auf dem Geschichtslehrpfad und in der neuen Dauerausstellung im Museum an. Zeitplan: 10 Uhr: Führung Geschichtslehrpfad (Treffpunkt: Bahnhof); 11 Uhr: Führung Ausgrabungen (Treffpunkt: ehemaliges KZ-Gelände); 12 Uhr: Führung Museum (Treffpunkt Museum); 13 Uhr: Führung Ausgrabungen (Treffpunkt: ehemaliges KZ-Gelände).