Das Gasthaus Rose gehört zu den Einkehrmöglichkeiten in Bisingen, die die Zeiten bis heute überstanden haben. Foto: Archiv

Einst gab es in Bisingen und den Ortsteilen mehr als 20 Wirtshäuser. Was ist aus ihnen geworden?

Bisingen - Es gab Zeiten, in denen es in Bisingen und den Ortsteilen mehr als 20 Gaststätten gegeben hat. Davon übrig sind heute weniger als zehn. Was ist aus den vielen Einkehrmöglichkeiten geworden?

"Faxenhaxen an Quatsch mit Soße", "Bürgerbraten mit Gesetzgarnitur", "Kommunalknödel verwaltungsrechtlicher Art": Die Mitarbeiter der Verwaltung haben sich am Schmotzigen Donnerstag dieses Jahres einiges einfallen lassen, um das Rathaus in den närrischen "Ratskeller" zu verwandeln. Auf humorvolle Art haben sie damit angesprochen, was viele Bisinger betrifft: Das Gaststättensterben, das auch im Kirchspiel grassiert. Im Kernort sind heute nur noch fünf von einst zehn Wirtschaften geöffnet, in den Teilorten drei von ehemals 14.

 Lange Tradition

Die Tradition der Gasthäuser in Bisingen reicht nachweislich zurück bis ins 19. Jahrhundert. "Es war eine schöne Zeit, als es im Flecken noch viele Wirtshäuser gab und diese Hochkonjunktur hatten", weiß die 90-jährige Paula Koch zu berichten.

Sie erinnert sich noch gut an jene Zeiten, als man nicht um etwas zu essen, sondern etwas zu trinken die Wirtschaft aufsuchte: "Es gab höchstenfalls eine Brezel oder aber einen Bierstengel zu knabbern und oftmals wurden auch Mohrenköpfe kostenlos angeboten, die von Jung und Alt immer gerne vernascht wurden." Viele liebten ihr Feierabendbier nach vollbrachter Tagesarbeit; andere wiederum zogen es vor, am Wochenende einzukehren. Auch bei den früheren Generationen war der Gerstensaft beliebt.

Bier für zwölf Pfennige

Seinerzeit kostete ein Glas Bier noch zwölf Pfennige, gleich viel wie ein Stückchen Wurst, der Schnaps dagegen 15 Pfennige. Einst gab es in der kleinen Zollerngemeinde zehn Gaststätten und Bierschenken (Grüner Baum, Krone, Löwen, Hohenzollern, Rose, Adler, Waldhorn, Hirschbühl, Lamm und Sonne), wo es auch lebhaft und gesellig zuging. Sie waren weitaus mehr als nur ein Bierausschank.

Für Begegnungen und Kommunikationen dienten sie ebenso wie für größere Festlichkeiten und Veranstaltungen. Schon zur damaligen Zeit waren sie Ausdruck des gesellschaftlichen Lebens.

Schönes Stück Geschichte

Nicht umsonst erzählen viele Bisinger noch heute gerne von den Zeiten, als im Gaststättengewerbe Hochkonjunktur herrschte. Zum Großteil trafen sich die Männer an Sonntagen wie auch an Regentagen in der Wirtschaft, manche natürlich auch jeden Abend.

 "Der Zoller"

Die Gaststätte "Der Zoller" (Gasthaus Hohenzollern), erbaut 1860, war einst im Besitz von Kaspar Gfrörer und wurde 1932 bis 1958 von Thomas und Josefa Vogt gepachtet. Im Zollersaal fanden öffentliche Hochzeiten, Tanz- und Fasnetsveranstaltungen, Musicals in den 30er-Jahren vom Sängerbund (Winzerliesl und Schwabenmädel) und vieles mehr statt. Gut erinnert sich die Bisinger Mitbürgerin, dass während der Kriegsjahre ein Kino im Zollersaal untergebracht war und jede Woche ein Film lief.

Der Hirschbühl

Der Hirschbühl hingegen unterhielt neben einem Süßigkeitenladen auch eine Kegelbahn. Anfangs von Weinhändler Haug betrieben, übernahm später die Löwenwirtin Sellere Ströbele dieses Gasthaus nahe der ehemaligen Trikotfabrik Maute. Hoffotograf Severin Schoy ließ sich zu gerne gebratene Täubchen servieren.

 Zur Sonne

Eine ebenso appetitliche Speisekarte lieferte das Gasthaus zur Sonne mit integrierter Metzgerei und Fremdenzimmern an der Hauptstraße mit seinem Besitzer Josef Schell. Das komplette Anwesen bekam im Februar 1945 einen Volltreffer beim dritten und schlimmsten Fliegerangriff. Heute steht an jenem Platz die Sonnen-Apotheke.

Der Löwen

Bei Markus Sauter im Löwen kehrten stets die Rossfuhrleute ein. Der Wirt betrieb des Weiteren noch eine Mosterei und einen Obstverkauf. Um Hausschlachtungen sorgte sich der seelengute Kronenwirt Wilhelm Mayer, der neben der Bewirtschaftung des Gasthauses Krone mit seiner fahrbaren Holzsägemaschine für den ganzen Ort das Holz spaltete. Später führte sein Sohn Friedrich und Anni Mayer Wirtschaft und Schlachtbetrieb weiter.

Der Adler

Beim Adler handelte es sich um die Bahnhofwirtschaft in Bisingen von Eigentümer Werner Haas, dessen Eltern sie zuvor betrieben haben. Parallel zur Gaststätte betrieb das Waldhorn Fremdenzimmer, eine Bäckerei und späteren sogar einen Eisverkauf. Auf Johann Beck folgten die Familie Gleich und später Albrecht Kranebitter (Binsdorf) und seine Ehefrau Klara. Aber auch der Grüne Baum unterhielt stets einen achtenswerten Stammtisch. Gastfreundlich zeigten sich Besitzer Johann Hodler und später Fritz Geiss, der obendrein noch ein Transportunternehmen betrieb.

 Das Lamm

Von 1882 bis 1987 bestand das Lamm, viele werden sich noch an die originelle Lammwirtin Käthe Mayer erinnern. Ihr Großvater war der erste Wirt und Erbauer dieses Lokals an der "Lammkurve" gewesen.

Die Rose

Das Gasthaus Rose darf selbstverständlich in der großen Liste der Bisinger Lokalitäten nicht fehlen. Immerhin existiert dieses nachweislich über zwei Jahrhunderte. 2010 wurde das 200-jährige Bestehen mit der Öffentlichkeit gefeiert. Bis Ende 1998 wurde es in Familientradition von Maria und Eugen Lacher betrieben. Zuvor war es Inhaber Karl Schoy, an den sich ebenfalls noch viele erinnern können, wie auch an die leckeren übergroßen Rosenschnitzel mit dem einmaligen Kartoffelsalat.

Cafés Sauter und Streib

Nicht unerwähnt bleibt das Café Sauter (Karle-Bäck) und das Café Streib, die es in den 70er- und 80er-Jahren gab.

Disco "Datscha"

Außerdem die Kultstätte "Datscha" in der Laiblache. Die Diskothek bestand von den Jahren 1968 bis 1986. Bekannte Schlagergrößen kamen so nach Bisingen und brachten Abwechslung in den Alltag der Menschen.

 Bisingen: Hirschbühl, Sonne, Lamm, Waldhorn und Grüner Baum gibt es in Bisingen längst nicht mehr, die übrigen fünf Wirtshäuser sind noch in Betrieb, aber Eigentümer, Pächter und Speisekarten haben gewechselt.

Thanheim: Momentan gibt es nur noch den Adler. Die Morchel, Traube, Rössle und das Café Ebersberg gehören der Vergangenheit an.

Zimmern: Im Adler in Zimmern herrscht bis heute noch Hochbetrieb, während der Grüne Baum seit dem Tod der Wirtin Martha Grau geschlossen ist.

Wessingen: Einst konnte man einkehren in der Josefslust (spätere Linde), im Klostergarten während des Bahnbaues, in der Krone, im Engel oder im Gasthaus Löwen, der bis heute Bestand hat.

Steinhofen: Steinhofen hatte früher das Lamm, den Kaiser und den Goldenen Stern (vormals Gasthof und Metzgerei zur Sonne), die schon lange alle von der Bildfläche verschwunden sind. Lediglich die später aufgekommene Pizzeria Reiterstüble (im Reitsportzentrum Hohenzollern) bietet den Besuchern noch Speisen, Getränke und damit die Möglichkeit zur Einkehr an.