Die meisten Regeln sind eigentlich keine Überraschung. Wer dagegen verstößt, für den kann es aber teuer werden (Symbolfoto). Foto: © Tanja Esser - stock.adobe.com

Vor zwölf Jahren wurde die Polizeiverordnung der Gemeinde Althengstett zum letzten mal überarbeitet. Nun beschäftigte sich der Gemeinderat mit einer neuen Fassung. Darin ist festgelegt, was die Althengstetter so dürfen und was nicht – mit bemerkenswerten Passagen.

Althengstett - Im Ausland hat man über die Deutschen viele Vorurteile. Sie lieben ihre Autos, trinken gerne Bier oder haben keinen Humor. Und die Deutschen haben für alles eine Regel oder ein Gesetz. Das dürfte dem Leser der neuen Polizeiverordnung der Gemeinde wohl ebenfalls durch den Kopf gehen.

Zugegeben, es gibt wohl spannendere Lektüren als diese 22 Paragrafen. Und man fragt sich an der ein oder anderen Stelle, ob es hier wirklich eine Regel braucht. Aber der Bedarf an diesen Regeln ist wohl da, wie Hauptamtsleiterin Gudrun Stahlhut dem Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung erklärte. Bürger erkundigten sich oft bei der Verwaltung, ob bestimmte Sachen eigentlich erlaubt seien. Meistens gehe es dabei um Nachbarschaftskonflikte. Man habe die Verordnung überarbeiten müssen, weil sich manche Gesetze geändert hätten, so Stahlhut. Die Verwaltung habe einen entsprechenden Entwurf ausgearbeitet.

Gegen die Tuning-Szene

Da steht jetzt im Paragraf 5 zum Beispiel eine verbindliche Nachtruhe von 22 bis 6 Uhr. Diese "mehr als nach den Umständen unvermeidbar zu stören" ist nun verboten. Auch zum Grillen in öffentlichen Anlagen gibt es neue Regeln. Laut Paragraf 8 ist das nur noch an zugelassenen Feuerstellen erlaubt. Mitgebrachte Grills oder Feuerschalen sind also tabu.

Paragraf 7 ist sogar ganz neu. Hier geht es um "Lärm durch Fahrzeuge". Außerhalb von öffentlichen Straßen und Gehwegen ist es verboten, "mit den an Fahrzeugen vorhandenen Vorrichtungen unnötige Schallzeichen abzugeben" – sprich ohne triftigen Grund zu hupen. Das gilt auch für das zu laute Schließen der Türen, Gasgeben im Leerlauf oder den Motor unnötig laufen zu lassen. "Das zielt auf die Tuning-Szene", so Stahlhut. Das überrascht, sind solche Probleme in Althengstett bisher weitgehend unbekannt. Vorsicht ist besser als Nachsicht, scheint das Motto der Verwaltung.

Ratten-Paragrafen fallen weg

In öffentlichen Anlagen darf ebenfalls kein Müll abgelegt werden, außer in dafür vorgesehen Behältern. Übrigens zählen hierzu auch Zigaretten. Die Kippe nach dem Rauchen lässig auf den Boden schnippen ist also nur auf privatem Gelände gestattet. In öffentlichen Anlagen müssen zudem Hunde stets angeleint sein. Auf Liegewiesen oder Spielplätzen sind Hunde sogar verboten. Die Geräte auf Spielplätzen sind übrigens auch nicht für alle da. Diese "dürfen nur von den im Einzelfall angegebenen Altersgruppen benützt werden", heißt es in Paragraf 18 dazu.

Es gibt aber nicht nur neue Regeln. Manche wurden sogar abgeschafft – und zwar ganze acht Paragrafen. In der alten Verordnung widmeten sich diese dem Thema Ratten. Jetzt könnte man meinen, dass die Verwaltung gemerkt hat, dass dieses Thema nicht den Stellenwert hat, um ihm gut ein Viertel aller Paragrafen einer Verordnung zu widmen. Der Grund für den Wegfall liegt aber woanders – nämlich im Infektionsschutzgesetz. Die Rattenbekämpfung ist jetzt hier geregelt.

Ab dem 1. Januar gültig

Aber es gibt ja noch die Klassiker: Seine "Notdurft" zu verrichten oder Betäubungsmittel zu konsumieren ist und bleibt in öffentlichen Anlagen weiterhin untersagt. Letzteres könnte sich aber vielleicht bald ändern. Denn die Ampel-Koalition hat sich vorgenommen, den Cannabiskonsum zu legalisieren. Dann dürfte wohl keine Strafe mehr drohen – solange der fertiggerauchte Joint fachgerecht in einem Aschenbecher entsorgt wird.

Und was kostet den Bürger ein Verstoß gegen eine Verordnung aus den jetzt 20 Paragrafen? Diese Antwort findet sich im 21. Paragrafen. Die Bußgelder reichen von fünf bis 5000 Euro. Laut dem Bundesgesetz über Ordnungswidrigkeiten ist bei der Höhe die "Bedeutung der Ordnungswidrigkeit" ausschlaggebend. 5000 Euro für einen Zigarettenstummel sind also unwahrscheinlich.

Der Gemeinderat entschied sich einstimmig für die neue Fassung der Polizeiverordnung. Sie gilt ab dem 1. Januar. Das steht übrigens wiederum in einem eigenen Paragrafen – dem 22. und letzten der Verordnung.