Erich Kraut (rechts) erzählt Episoden aus der Zeit des Birkenfelder Pfarrers Heinrich Christlieb. Foto: Helbig Foto: Schwarzwälder Bote

Vortrag: Kostenüberschreitungen beim Birkenfelder Kirchenbau im Jahr 1828 / Über die Frühgeschichte Birkenfeld referiert

Unter dem Titel "Krankheiten, Kälte und ein Kirchenneubau", haben Horst Gabel, Harald Roller und Erich Kraut, ein Kreis der sich um die Frühgeschichte Birkenfelds kümmert, zu einem ortsgeschichtlichen Vortrag eingeladen.

Birkenfeld. Von denselben Referenten, gab es in diesem Jahr unter anderem schon "Grenzgänger", eine Exkursion entlang der badisch-württembergischen Gemarkungsgrenze, oder auch einen Vortrag über die 1960er-Jahre in Birkenfeld.

Jetzt stand das Büchlein des Historikers Helmut Vester, "Birkenfelder Theologen während der Reformation und im 19. Jahrhundert", im Mittelpunkt. Vester, der auch selbst auch unter den Zuhörern war, hat in seiner 2017 erschienenen Schrift die Aufzeichnungen der Birkenfelder Theologen des 19. Jahrhunderts in eine heute verständliche Sprache übertragen.

Von 1823 bis 1898

Die Chronik der Gemeinde Birkenfeld wurde 1823 durch Pfarrer Heinrich Christlieb begründet, und von seinen Nachfolgern bis 1898 fortgeführt. Das Originalbuch ist ein Schmuckstück der ortsgeschichtlichen Dokumentation im historischen Rathaus Birkenfeld. Einige Episoden aus den Annalen von Pfarrer Christlieb aus heutiger Sicht erzählte Erich Kraut spannend und kommentierte diese aus Sicht des Mediziners.

Kampf gegen das Saufen

Doch zunächst stellte er den Schreiber der Annalen vor, der in Birkenfeld sehr aktiv nach dem Motto "neue Besen kehren gut", zu Werke ging. Da der Klingelbeutel außer Hosenknöpfen kaum etwas einbrachte, regte er bei der Gemeinde an, eine Subskriptionssteuer einzuführen, womit er jedoch keinen Erfolg hatte. Auf seine Initiative wurden Schulversäumnisse strenger bestraft und auch Störungen der Gottesdienste durch Betrunkene. Wirte durften ihre Lokale vormittags nicht mehr öffnen. Beim Kampf gegen das Saufen wurde er auch von Schultheiß Dittus unterstützt.

Eine Episode handelte von der gewaltigen Überschwemmung im Jahr 1824, bei dem beide Enzbrücken weggeschwemmt wurden und die Birkenfelder Mühle weggerissen wurde.

Berichtet wird auch über den seltsam skurrilen Fall eines Reisenden. Der Mann brach auf der Straße Zusammen und spuckte Blut. Der Schultes hatte ihn im Wirtshaus einquartiert, damit er dort genesen könne. Dort entwickelte der Patient einen gesunden Appetit, und konsumierte nach dem Mittagessen noch etliche Schoppen Wein auf Kosten der Gemeinde. Das kam Pfarrer Christlieb merkwürdig vor. Er zog in Brötzingen Erkundigungen über den Mann ein und entlarvte ihn als Betrüger, der mit der Krankheitsmasche herumreiste. Ein weiterer Abschnitt betrifft den Neubau der Kirche, die 1826 dreihundert Jahr alt und in einem erbärmlichen Zustand war. Darüber hinaus auch viel zu klein, denn Birkenfeld hatte damals schon 1200 Einwohner.

Grabstein in Kirchhofmauer

Der Pfarrer wollte eigentlich eine Erweiterung, doch Baumeister Müller aus Pforzheim stellte fest, dass nichts mehr zu reparieren sei. Für den Neubau errechnete Bauinspektor Dillenius aus Calw einen Betrag von 9354 Gulden. Im Jahre 1827 wurde die Kirche abgerissen. Die Toten auf dem Kirchhof wurden umgebettet und der Grabstein von Pfarrer Johannes Vetter hinter dem Altar, wurde in die Kirchhofmauer eingelassen.

Der Stein ist heute noch auf dem Birkenfelder Friedhof zu sehen. Die Grundsteinlegung erfolgte im Mai 1828 und am 2. November 1828 wurde die Kirche eingeweiht. Gekostet habe das Bauwerk schließlich 20 206 Gulden, mehr als doppelt so viel, wie veranschlagt. Kostenüberschreitungen waren also damals wie heute ein Thema. Mit dem Kirchenneubau endete der spannende Vortrag, doch Kraut versprach: "Es gibt eine Fortsetzung."