Bill Ramsey hat beides mit gleicher Sorgfalt und mit Humor betrieben, Schlager und Jazz. Foto: dpa

Ausgerechnet ein Amerikaner war in den sechziger Jahren einer der großen Stars des deutschen Schlagers. Nun ist der Sänger und Entertainer Bill Ramsey 90-jährig gestorben.

Stuttgart - Sie hießen „Big Fat Mama“, „Zuckerpuppe (aus der Bauchtanztruppe)“, „Schöne Mädchen haben’s gerne“ oder „Otto ist auf Frauen scharf“ – und diese Titel seiner Singles zeigen deutlich, dass Bill Ramsey in den postfeministischen Zeiten der Metoo-Debatte vermutlich einen schweren Stand gehabt hätte. Diese Erfolge des Sängers liegen schon sehr lange zurück, sie stammen aus den Endfünfzigern und den frühen sechziger Jahren, als niemand an derartigen Schlüpfrigkeiten Anstoß nahm.

 

Es waren ja auch nicht seine größten Hits. Die hießen nämlich „Souvenirs“, „Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett“ sowie „Pigalle (Die große Mausefalle)“ – und sie kennt, bald sechzig Jahre nach ihrem Entstehen, noch immer jeder. Was wiederum für die zeitlose Güte dieser Schlager spricht.

AFN gibt ihm die Chance

Gesungen wurden sie auf deutsch, ihr 1931 geborener Interpret William McCreery Ramsey jedoch stammte aus Cincinnati. Der Sohn eines Managers und einer Lehrerin studierte zunächst in Yale Soziologie und Wirtschaftswissenschaften, ehe er während des Koreakriegs eingezogen und zur Air Force nach Deutschland versetzt wurde. Auch dort trat der leidenschaftliche Jazz- und Bluessänger nebenher in Clubs auf und wurde prompt von der Bühne des Frankfurter Jazzkellers weg vom Soldatensender AFN engagiert. Alsbald arbeitete Bill Ramsey als Chefproduzent in der GI-Betreuung und hatte plötzlich auch viel Zeit für seine eigenen Auftritte. 1958 bekam er einen Plattenvertrag, gemeinsam mit Gus Backus, Hazy Osterwald und Bert Kaempfert zählte er zu den Stars bei Polydor.

Bill Ramsey war musikalisch vielseitig interessiert, englischsprachige Songs beschäftigten ihn ebenso wie Operetten- und Musicaltitel, Kinderlieder nahm er ebenso auf wie Jazzstandards. Und Filme waren seine Leidenschaft, in zwei guten Dutzend hat er mitgewirkt, von „La Paloma“ über „Old Shatterhand“ bis „Liebesgrüße aus Tirol“. Dem Fernsehpublikum wird er wohl am ehesten durch den vom Südwestfunk produzierten „Talentschuppen“ erinnerlich bleiben, quasi der Mutter aller Castingshows. Sie bot dem Nachwuchs erstmals eine große Bühne, brachte unter anderem Ute Lemper, Bernd Clüver, Reinhard Mey, Joy Fleming und Hape Kerkeling hervor. Bis 2019 moderierte Ramsey, der seit 1984 deutscher Staatsbürger war, beim Hessischen Rundfunk die Sendung „Swingtime“, die er so geprägt hat, dass man sie ohne ihn nicht fortsetzte. Im Alter von 90 Jahren ist Bill Ramsey nun in Hamburg gestorben.