Der Referatsleiter des RP Tübingen, Rainer Vogelweide, zuständig für Lehrereinstellungen, Schulamtsleiter Gernot Schultheiß und Regierungspräsident Klaus Tappeser (von links) haben Einblick gegeben in das weite Arbeitsfeld der Schulen. Foto: Grimm

Auch im Schuljahr 2022/23 gibt es im Bereich des Schulamts Albstadt zu wenige Bewerber als Lehrer an Grundschulen und Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungsstellen. Dennoch sind die Schulen bereit für das neue Schuljahr.

Zollernalbkreis - 90 neue Lehrkräfte sind im Zollernalbkreis und im Landkreis Sigmaringen eingestellt worden. Doch ebenso viele Stellen blieben unbesetzt. Das berichteten Gernot Schultheiß, Leiter des Staatlichen Schulamts Albstadt, und Regierungspräsident Klaus Tappeser bei einem Pressegespräch.

"Die Lehrerversorgung und die Einrichtung von Vorbereitungsklassen zur Sprachförderung fordern uns diesmal besonders heraus", betonten sie. Der Bedarf an Lehrkräften sei groß und das Bemühen um geeignetes Personal auch.

Mit 724 Deputaten sei der Umfang der Neueinstellungen im Bezirk Tübingen auf ähnlichem Niveau wie in den Vorjahren, so Tapppeser. "Es sind sogar über 100 Deputaten mehr als im Jahr 2021". "Und wir suchen händeringend nach Lehrkräfte für ukrainische Schüler", meldete sich Rainer Vogelweide, Referatsleiter für Lehreranstellung, zu Wort.

"Wir werden alle aufnehmen"

Die drei rechnen mit noch mehr Flüchtenden aus der Ukraine, "obwohl wir jetzt schon mehr Flüchtlinge haben als 2015. Aber", sagte Schultheiß mit Nachdruck, "wir werden alle aufnehmen." Wenn auch nicht immer auf der Wunschschule der Eltern, sondern dort, wo sie untergebracht werden können.

Mit der Pandemie und den Flüchtlingswellen habe man umzugehen lernen müssen. Die Coronakrise habe zu Fernunterricht gezwungen und Folgen gehabt. Der Krieg in der Ulraine zwinge dazu, neue Wege in Sachen Vorbereitungsklassen und Sprachunterricht zu finden. "Wir wissen nicht, was der Herbst bringt", sagte Tappeser, "aber die Krisen haben gezeigt, dass Schule mehr ist als Wissensvermittlung."

Die vergebenen Deputate betreffen mit 190 Stellen die öffentlichen Grundschulen und Primarstufen, an den Gemeinschaftsschulen, auf Haupt- und Werkrealschulen sowie die Sekundarstufen der GMS entfallen 146 Deputate, an Realschulen gehen 55, an SBBZ 93, an Gymnasien 64 und an Berufliche Schulen 176 Deputate.

Wenig Interesse am Zollernalbkreis

Tappeser berichtete, dass die Landkreise Bodensee, Ravensburg und Tübingen gut versorgt seien. Diese Bereiche seien bei Berufseinsteigern beliebt, wogegen es bei den Kreisen Zollernalb, Alb-Donau und Reutlingen problematisch sei, die Schulen mit Lehrkräften zu versorgen. Im Vergleich zum Zollernalbkreis habe der Kreis Sigmaringen einen Vorteil, weil er näher an der Bodenseeregion liege. "Wer dort keine Stelle findet, geht dann eher in den näher liegenden Kreis Sigmaringen", sagte Schultheiß.

Auch Quereinsteiger eingestellt

Um die Unterrichtsversorgung zu verbessern und Ausfälle wegen Schwangerschaft, Mutterschutz und Elternzeit ausgleichen zu können, sei in den Landkreisen mit unbesetzten Stellen auf Personen ohne grundständige Lehrerausbildung zurückgegriffen worden, so Schultheiß. In ganz Baden-Württemberg seien 890 Lehrerstellen unbesetzt geblieben, was sich auch in den Kreisen Zollernalb und Sigmaringen bemerkbar macht.

Deshalb sei auf Pädagogen anderer Fachrichtungen wie Erzieherinnen, Logopädinnen, Heilpädagogen, Musik- und Kunsterzieher zurückgegriffen worden. Auch seien rund 3000 pensionierte Lehrerinnen und Lehrer dem, so Schultheiß, "viel gescholtenen" Aufruf des Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann gefolgt, sich der Lehrtätigkeit wieder zur Verfügung zu stellen.

"Es darf nichts weiter passieren"

Insgesamt sehen Schultheiß und Tappeser die Lage "vorsichtig optimistisch". Der Unterricht kann nach ihren Angaben wie vorgesehen stattfinden, doch die Personaldecke ist äußerst dünn.

"Es darf nichts weiter passieren", so der Regierungspräsident, "keine Grippewelle oder sonstiges, was zusätzliche Ausfälle verursachen würde". Um gegen Ausfälle alltäglicher Art, wie Schwangerschaft oder Krankheit gewappnet zu sein, würden derzeit aber noch 20 weitere Stellen benötigt: "Es muss Ziel sein, Schulen auf Dauer so zu versorgen, dass Ausfälle nicht zu Unterrichtsausfall führen."

Auf Ursachenforschung in Bezug auf Studienabbrecher in den pädagogischen Bereichen soll ein Schwerpunkt gesetzt werden. Tappeser und Schultheiß wollen der hohen Abbrecherquote auf den Grund gehen, um Gegenmaßnahmen ergreifen zu können.

Der Schulamtsleiter gab einen Überblick über die Schülerzahlen des aktuellen Jahres und die Wahl des bevorzugten Schultyps. Damit zeichnete sich ab, dass sich sämtliche Schularten voll etabliert haben.

Das bestätigte auch Schultheiß: "Wir müssen keine Schulstrukturdiskussionen mehr führen." Zur genauen Anzahl der ukrainischen Schüler könne erst nach Unterrichtsbeginn etwas gesagt werden, so die Verantwortlichen. Denn die vom Krieg in der Ukraine Geflohenen könnten ihren Aufenthalt in Deutschland frei bestimmen, wobei die ländlichen Gebiete von den Betreffenden nicht favorisiert würden.

Info: Schülerzahlen

1618 ABC-Schützen beginnen in den nächsten Tagen ihre schulische Laufbahn an den Grundschulen im Kreis. Ihre Zahl ist im Vergleich zum Vorjahr um 5,8 Prozent oder 88 Kinder gestiegen. Damit zeigt die Entwicklung der Schülerzahlen im Zollernalbkreis weiter eine Tendenz nach oben. Das Staatliche Schulamt geht davon aus, dass sich die Einschulungszahlen durch weiter moderat steigende Geburtenzahlen sowie durch Zuwanderung weiter stabilisieren oder leicht erhöhen werden. Derzeit besuchen 13 601 Schülerinnen und Schüler die öffentlichen und privaten Schulen des Zollernalbkreises.