Wegen der Frequenzumstellung bleibt nicht nur in Stuttgart oft der Bildschirm erst einmal schwarz. Viele Verbraucher suchen in den Elektronikmärkten Rat. Doch was tun?
Kurz nach Mitternacht hat sich am Mittwoch ein Stuttgarter Fernsehzuschauer in den sozialen Medien als einer der Ersten Luft verschafft. „Da kommt man von einem stressigen Arbeitstag nach Hause und möchte noch vorm Fernseher entspannen und dann? Totalausfall (. . .) bei Vodafone. Ach wie liebe ich es.“
Vodafone löst derzeit vor allem in Stuttgart Ärger in den Haushalten aus. Der Kabelbetreiber hat hier über Nacht seine TV-Frequenzen umgestellt, Tausende Bildschirme blieben erst einmal schwarz. Denn Kunden, die nicht mit einem Empfangsgerät von Vodafone oder Sky ausgestattet sind, müssen erst einmal einen Sendersuchlauf starten, um die etwa 350 TV- und Radiosender sehen zu können. Dazu müssen sie erst einmal zu den Grundeinstellungen von TV oder Receiver vorstoßen – und die Suchlauf-Variante wählen, die der Kabelbetreiber unterstützt. Und wer nicht will, dass Regionalprogramme wie RBB, HR und NDR oder Verkaufs- und Astrosender weit vorne erscheinen, muss viel Zeit investieren, um sich seine Wunschbelegung mühsam zu rekonstruieren.
Selbst Technikexperten sind davon genervt. Viele ältere Bürgerinnen und Bürger aber überfordert die Umstellung offensichtlich. Auch weil die Kundenhotline von Vodafone an diesem Mittwoch nichts für ungeduldige Zeitgenossen ist, schlägt in Stuttgart die Stunde der Elektronikhändler. Sie berichten teils von einem „Ansturm“ bei den Anfragen. „Mehr als 100 sind bereits auf der Warteliste“, heißt es leicht genervt in einem Media@home-Geschäft.
Harmonie hier – Disharmonie dort
Bei Vodafone bedauert man die Unannehmlichkeiten, die im Schnitt mehr als jeden dritten Kunden betreffen. „Der Sendersuchlauf ist oft verschachtelt und nicht so leicht im Menü zu finden“, räumt ein Sprecher ein, betont aber den höheren Zweck: Die Umstellung erfolge, „um das Frequenzspektrum zu harmonisieren“. Bundesweit sollen – anders als bislang – alle Sender auf den gleichen Frequenzen liegen. Man könne dadurch das Kabelnetz stabilisieren, Platz für neue Sender schaffen und die Voraussetzungen für ein schnelleres Internet schaffen. Man habe vorab alle betroffenen Kunden informiert. Zudem sei die letzte Umstellung vor einigen Jahren gewesen, als Vodafone vollständig auf digitalen Empfang umstellte.
Dass Kunden teils eher in Elektronikmärkten nach Beratung suchten als bei Vodafone, hält der Sprecher für kein schlechtes Zeichen. „Die Kunden haben ja die Möglichkeit, sich bei uns zu melden.“
Manchmal melden sich die Kunden aber auch ganz zum Schluss, wie ein Fall aus Böblingen zeigt. Hier hatte Vodafone im Oktober die TV-Frequenzen umgestellt. Das Unternehmen arbeitet bei der Frequenz-Harmonisierung die Kreise ab; ebenso mussten die Bürgerinnen und Bürger in Ludwigsburg, Mannheim und Reutlingen das vor Kurzem manchmal auch leidvoll erfahren. Der Bildschirm von Erna Schöningers TV etwa war nicht schwarz, sondern verziert von Pixeln und Wellenlinien, nur drei Programme konnte sie nach der Umstellung noch empfangen, wie sie betont.
Auch technisch kundige Menschen haben Probleme
Schöninger zählt trotz ihrer 71 Jahre nicht zu der meist etwas älteren Klientel, der laut Vodafone die Technik Probleme bereitet. Die beiden letzten Jahre ihres Berufslebens hatte sie es auch mit IT zu tun, unter anderem als Technikerin bei einer Zeitung. Ihr habe nicht die Technik, sondern Vodafone selbst zu schaffen gemacht, sagt sie.
Schöninger arbeitete die Empfehlungen Vodafones aus dem Anschreiben ab. Doch der Sendersuchlauf habe nicht funktioniert. Selbst das Rücksetzen auf die Werkseinstellungen, eine Notvariante, schlug fehl. Schöninger trennte den Fernseher vom Netz – auch das habe nicht geholfen. „Ich habe fast den ganzen Vormittag damit verbracht“, klagt sie. Am nächsten Tag suchte sie bei dem über die Stadtgrenzen hinaus bekannten Elektrofachmarkt Euronics XXL Elsässer Rat. Mehr als ein Dutzend Menschen habe die Schlange gezählt, alle mit den gleichen Fragen. Es könne am Kabel liegen, habe ein Servicemitarbeiter erklärt.
„Mich ärgert, dass es von Vodafone keine Entschuldigung gab“
Tags darauf, nach knapp 20 Euro und einem nicht zielführenden Tipp, versuchte es Schöninger bei der Vodafone-Hotline. Sie habe geduldig in der Warteschleife gewartet, um dann wieder hinausgeworfen zu werden, sagt sie. Etwas später kontaktierte sie den Hausverwalter, der einen Vodafone-Techniker kommen ließ, danach waren Schöningers TV-Probleme und die der anderen Bewohner in dem Haus behoben. Ihr Ärger ist inzwischen verflogen. „Mich ärgert nur, dass es von Vodafone keine Entschuldigung gab.“
Der Techniker habe den Verstärker tauschen müssen, klärt die Hausverwaltung auf – offensichtlich war dieser der Umstellung nicht gewachsen. „Das war Pech“, heißt es. Bei anderen Objekten sei kein anderer Fall wie dieser bekannt. Auch bei Vodafone spricht man von einem „Einzelfall“, der nur in größeren Wohnanlagen vorkomme. In anderen Fällen empfiehlt der Sprecher neben der Hotline auch die Hilfe von Familie und Nachbarn. „Aber lassen Sie niemand Fremdes ins Haus.“
Was Vodafone-Kunden nach der Frequenzumstellung tun sollen
Idealfall
Die aktuelle Frequenzumstellung, die in der Nacht auf Mittwoch stattfand, betrifft Vodafone-Kunden in Stuttgart. Im Idealfall merken sie nichts, falls sie Vodafone-Geräte nutzen.
Realfall
Rund jeder dritte Kunde nutzt aber andere TV-Geräte oder Receiver. Hier müssen die Verbraucher einen Sendersuchlauf starten, der sich meist in den Grundeinstellungen findet. In der Regel muss danach eine selbst eingestellte Senderreihenfolge oder Favoritenliste neu erstellt werden – das dauert.
Härtefall
Funktioniert der Suchlauf nicht, empfiehlt Vodafone, den TV-Receiver in den Systemeinstellungen auf die Werkseinstellungen zurückzusetzen. Infos gibt es auch unter der Nummer 08 00/1 07 08 30 oder im Internet: www.vodafone.de/frequenzbelegung.