Rundstrickmaschinen verkaufen sich seit Herbst wieder deutlich besser als Anfang 2020. Foto: Patrick Dürholt/Mayer & Cie.

Achterbahn ist Mayer & Cie., Technologieführer in der Produktion von Rundstrickmaschinen, seit 2018 gefahren. Nach dem Tiefpunkt im Juli geht es seit September 2020 steil aufwärts – und die Geschäftsführer stellen die Weichen auf Zukunft.

Albstadt-Tailfingen - Flexibilität ist das, was Mayer & Cie, größter Arbeitgeber in Tailfingen mit aktuell rund 320 Mitarbeitern am Stammsitz, derzeit am nötigsten braucht. Die Geschäftsführer Benjamin, Sebastian und Marcus Mayer verhandeln deshalb zurzeit mit Betriebsrat und IG Metall über einen Haustarifvertrag, zusätzlich zum Flächentarifvertrag, der ihnen die Möglichkeit bietet, die Arbeitszeit unentgeltlich um drei auf 38 Stunden pro Woche zu erhöhen. Die Gründe haben sie bei der virtuellen Bilanz-Pressekonferenz am Freitag erläutert.

Nachfrage eingebrochen

Schon 2018 hatte sich der Handelskrieg zwischen China und den USA deutlich auf die Branche ausgewirkt, so Benjamin Mayer. Mit der Rezession der Weltwirtschaft sei die Nachfrage nach Rundstrick- und Flechtmaschinen eingebrochen, "und 2019 wussten wir, dass wir eine lange Durststrecke vor uns haben". Die Entscheidung zum Personalabbau – 380 Mitarbeiter waren es 2018 in Tailfingen, 320 sind es aktuell – habe sich im Nachhinein als notwendig und richtig erwiesen.

Die Nachfrage ging komplett in die Knie

Mit "recht ordentlicher Nachfrage" sei das Familienunternehmen ins Jahr 2020 gestartet, "doch die ging im ersten Lockdown komplett in die Knie", so Benjamin Mayer. Nicht nur keine Bestellungen – gar Stornierungen musste der Technologieführer verkraften, "auch Panikstornierungen". Kurzarbeit war die Konsequenz.

Im Herbst 2020 dann die Überraschung: Mayer spricht von "schlagartig spürbarer Marktbelebung", deren Gründe gar nicht genau zu verfolgen seien. Fest stand für ihn, seinen Bruder Sebastian und seinen Cousin Marcus aber schon Ende 2019, "dass unser Unternehmen nicht in der Lage ist, auf solch extreme Schwankungen zu regieren.

Zusammen mit den Führungskräften haben die Geschäftsführer daher eine Strategie auf drei Säulen entwickelt: Die Zahl der Leiharbeiter soll von aktuell 30 auf bis zu 50 Ende 2021 steigen. Aufgestockt werden könne die Zahl nur "scheibchenweise" – wegen der Einlernzeiten von einem bis zwei Monaten.

Arbeitszeit sol steigen

Vor allem in der Entwicklung und zwar auf jenen Gebieten, für die "kein tiefes Know-How im Bereich Strick- und Flechttechnik nötig ist", sollen mehr externe Dienstleister eingesetzt werden, und schließlich soll die Arbeitszeit um drei Stunden pro Woche steigen – hier hoffen die Geschäftsführer auf gute Kooperation mit Betriebsrat und Gewerkschaft, denn im Flächentarif wollen sie bleiben, brauchen aber Möglichkeiten, Schwankungen abzufangen.

Die Möglichkeit der Arbeitszeitkonten mit bis zu 300 Stunden im Plus und bis zu 100 Stunden im Minus soll bestehen bleiben: "Das ist ein tolles Instrument zum Atmen", sagt Benjamin Mayer.

2021 wird das Planziel wohl übertroffen

Die Markterholung kommt laut Mayer derzeit zu 100 Prozent aus dem Bereich Strickmaschinen – allerdings sei es möglich, Mitarbeiter aus dem Bereich Flechtmaschinen in die Produktion einzubinden, denn da herrscht Stagnation: acht Maschinen sollen 2021 ausgeliefert werden. Mit ihnen werden Ummantelungen von Hydraulikschläuchen, etwa für die Autoindustrie, angefertigt. Dieses Segment hatte die Firma vom Standort USA zurückgeholt und seit 2019 die Produktionslinie in Albstadt aufgebaut. Das Gebäude in den USA samt Grundstück ist inzwischen verkauft.

Was die anvisierte Zahl von 1200 Strickmaschinen 2021 angeht, "können wir jetzt schon sagen, dass wir das Ziel übertreffen werden, wenn nichts absolut Unvorhersehbares passiert", sagt Maier.

96 Millionen Euro Umsatz lautet das Ziel für das Jahr, in dem die Geschäftsführer die Digitalisierung stark vorantreiben wollen. Sebastian Mayer nimmt sich dessen federführend an und erklärt die Schwerpunkte: Den Internet-Shop für Ersatzteile will das Unternehmen weiter ausbauen und verbessern, um Kunden schneller und direkter versorgen zu können, und im Unternehmen selbst den Datenfluss neu strukturieren, um das Produkt-Lebenszyklus-Management und die Nutzbarkeit von Daten effizienter und schneller zu machen. Im Klartext: "Alle relevanten Informationen sollen jederzeit in gleicher Qualität überall im Unternehmen zur Verfügung stehen", sagt Sebastian Mayer und fügt hinzu: "Das ist ein Mammutprojekt, das uns qualitativ aber deutlich weiterbringen wird."

Aktuell gut aufgestellt

Daran hängt unter anderem der "Remote Support" – auf Deutsch: Mitarbeiter an einem Standort können sich auf Maschinen an anderen Standorten oder beim Kunden einschalten.

Am Stammsitz Tailfingen will Mayer & Cie. zudem in Gebäudeinfrastruktur, Maschinenpark und Digitalisierung investieren, wobei das vom Ausgang der Arbeitszeitverhandlungen abhänge, betonen die Geschäftsführer: "Investieren können wir nur, wenn wir profitabel arbeiten können."

In ihre Rolle als vierte Familiengeneration an der Spitze haben sich die drei Geschäftsführer längst gut eingefunden, auch wenn es natürlich schön wäre, von der Erfahrung Rainer Mayers – er war kurz vor seinem Tod vor sechs Jahren "Turnarounder des Jahres" auf Bundesebene – in Zeiten wie diesen profitieren zu können. "Aber wir sind aktuell gut aufgestellt", sagen seine Söhne und sein Neffe, "und werden das Unternehmen so hoffentlich die nächsten Jahrzehnte begleiten."

So hat sich Mayer & Cie. seit 2018 entwickelt:

Umsatz: Gegenüber 2019 ist der Umsatz 2020 um 23 Prozent, gegenüber 2018 gar um 32 Prozent eingebrochen. 2020 lag er bei 72 Millionen Euro.

Rundstrickmaschinen: 2018 hat die Firma 1500, 2019 noch 1057, 2020 nur noch 888 Rundstrickmaschinen produziert – ein Einbruch von 16 respektive 41 Prozent gegenüber 2018. September 2020 war dafür der auftragsstärkste Monat in den vergangenen 20 Jahren, wie Benjamin Mayer berichtet.

Flechtmaschinen: Ihre Produktion macht in Albstadt zehn bis 15 Prozent des Umsatzes aus. 2019 wurden 22, 2020 gar 25 Flechtmaschinen produziert.

Mitarbeiter: 2018 waren rund 500 Mitarbeiter in der Mayer & Cie. Gruppe, 380 am Standort Albstadt beschäftigt, wo aktuell 320 Mitarbeiter tätig sind. In der Tochterfirma im tschechischen Vsetin sind 55 Mitarbeiter beschäftigt, bei der chinesischen Tochter in Shanghai sind es 30. Über seine Vertriebspartner ist Mayer & Cie. in rund 80 Ländern vertreten.