Susanne Fröhlich rät von zu hochgeschraubten Erwartungen bei der Partnersuche ab. Foto: dpa/Gräfe und Unzer/Gaby Gerster

Durchhalten mit dem langjährigen Partner, Single bleiben, eine neue Liebe suchen? Susanne Fröhlich und Constanze Kleis sind zwei Frauen, die sich auskennen und mit guten Tipps nicht sparen.

Ein halbes Jahrhundert, das klingt lang. Aber vielleicht braucht es so viele Jahre, um zu begreifen, wie großartig sie sind: Frauen über 50. Noch Anfang des 20. Jahrhunderts waren sie meist ergraut, wurden reduziert auf Haushaltsführung, taugten nicht mehr als Sexsymbol, und nicht selten wurden sie sitzengelassen für eine Jüngere.

Gut, Letzteres ist auch heute oft noch so, aber ansonsten stehen sie in der Blüte ihres Lebens und starten vielleicht noch einmal richtig durch. Sie stellen andere Ansprüche, an sich selbst und den Partner.

Nicht immer zur Begeisterung der Gatten, aber wann, wenn nicht jetzt, ist die richtige Zeit für die Erfüllung eigener Träume und die Befriedigung eigener Bedürfnisse? Das lohnt auch, denn schließlich haben sie ja fast noch ein halbes Jahrhundert vor sich.

Ein Mann? Muss nicht sein

Susanne Fröhlich und Constanze Kleis haben die 50er-Marke bereits überschritten und sich sowohl privat als auch beruflich mit dem Thema Liebe beschäftigt. Kleis ist seit 30 Jahren liiert, Fröhlich war lange Zeit Single und hat sich mit Mitte 50 neu verliebt.

Ihr gemeinsames Buch mit dem Titel „Liebe machen“ ermutigt: zum Durchhalten in langen Partnerschaften, zum Aufbrechen in neue Beziehungen und zur Gelassenheit, auch Single bleiben zu können, denn, so sagt Fröhlich im Gespräch: „Es ist nicht allein selig machend, einen Mann zu haben.“

„Und es hat durchaus viel Schönes, wenn der Partner mal allein das Haus verlässt“, fügt Kleis hinzu. „Stets aufeinander zu glucken ist dem Glück nicht immer zuträglich.“

In einer Langzeitbeziehung ist die Liebe schlicht nicht mehr das alles bestimmende Thema. Man sieht nicht mehr ständig Herzchen und Zeichen. Die Schmetterlinge flattern zwar noch, aber lange nicht mehr so chaotisch durcheinander. Man weiß, wie man sich begehrt, einen Streit gekonnt ausficht oder sich aus dem Wege geht.

„Man sollte nicht ständig das Haar in der Suppe suchen, auch wenn da manchmal unübersehbar viele Haare sind“, weiß Kleis. „Es braucht ein wenig Hang zur Zufriedenheit.“

Susanne Fröhlich hat vor drei Jahren ihren neuen Partner im wirklichen Leben kennengelernt, war aber zuvor auch im Internet auf der Suche. Aus gutem Grund: Vielen Frauen fehlt es an Gelegenheiten, Zeit oder einem passenden Gegenüber, bei dem die verbliebenen Hormone in Wallung geraten.

Dating: Es gibt keine zweite Chance

Man loggt sich gemütlich von zu Hause in sein Dating-Profil ein und entdeckt unzählige Suchende, die wie im Quartett Größe, Körperfülle, Unverträglichkeiten, Impfbereitschaft und Vorlieben angeben und so für schnelle Begeisterung oder Ablehnung sorgen. Was auf den ersten Blick praktisch erscheint, verbaut aber leider so manche Chance auf die große Liebe.

„Da hat der kleine, dicke Mann schon gar keine Gelegenheit mehr, bevor er mit seinem Witz und seiner Intelligenz überhaupt punkten kann“, bedauert Kleis, und Fröhlich fügt kritisch hinzu: „Selbst wenn alle Parameter stimmen, wenn beide Yoga machen, Pescetarier sind und die Grünen wählen, heißt es noch nicht, dass die Funken sprühen. Das hängt eben von Chemie ab, von Dingen, die kein Algorithmus je darstellen kann. Umgekehrt erwarten viele heute, dass gleich beim ersten Treffen die Liebe entflammt. Es gibt überhaupt keine zweite Chance mehr, bedingt durch diesen Katalogmodus.“

Eine andere Möglichkeit ist in der digitalen Welt schließlich nur einen Klick weit entfernt. Und vielleicht ist die ja besser. „Doch das ist eine Art Verarmung“, findet Kleis. „Weil wir alle in unseren Filter-Blasen unterwegs sind und keiner mehr über seine sozialen, kulturellen und auch ideologischen Grenzen geht. Und natürlich scheint einem dann der Aufwand groß, diese Unterschiede zu akzeptieren und sie vielleicht sogar als spannend zu empfinden.“ 100 Prozent Übereinstimmung und Glückseligkeit zu bekommen ist ohnehin utopisch.

Fröhlich: „Die Ansprüche mancher Frauen sind oft derart hochgeschraubt, dass keiner mehr heranreicht. Nur weil man Wagner-Opern liebt, muss der andere das nicht teilen. Wenn sonst alles stimmt, kann man alles andere auch sehr gut mit seinen Freundinnen unternehmen.“

Reife Männer gelten in ihren Ansprüchen auf der Suche nach einer neuen Liebe übrigens als einfacher: Jünger wäre gut und nicht zu anstrengend.

Küssen kann man nicht verlernen

Verlernen könne man Küssen und alles andere in dieser Richtung nicht, da sind sich die beiden einig, auch wenn Sex mit Klaus anders sein mag als Sex mit Knut. Die Aufgeregtheit vor einem Date bleibt dennoch: „Das Material wird ja im Laufe der Jahre nicht unbedingt besser“, seufzt Fröhlich.

Fröhlich: „Da muss man sich schon öfter mal in Erinnerung rufen, dass die Gegenseite ähnliche Selbstzweifel hegt, um sich ein wenig zu entspannen. Natürlich gibt es auch Dinge, die sich nie ändern. Noch mit 82 werden wir uns im Altenheim vor dem ersten Date fragen: Was für Unterwäsche ziehe ich an? Rasiere ich mir für alle Fälle die Beine?“

Ganz wichtig ist, egal ob frisch verliebt oder nach vielen Jahren im Beziehungsalltag: Nachlässigkeit oder gar Verwahrlosung sollte keinen Einzug halten. Mal in der Jogginghose auf dem Sofa abzuhängen ist völlig legitim, aber sich nur quartalsmäßig zu pflegen, das verbietet schon der Respekt vor dem Partner. Stattdessen sollte man sich auch mal schick machen, einerseits um dem anderen zu gefallen, aber ebenso sich selbst.

Womit wir beim gesundheitlichen Aspekt sind: Zwar sind Küsse und Sex anerkanntermaßen wahre Gesundbrunnen, doch die Ehe verkürzt ein Frauenleben eher, während sie das der Männer verlängert. Das meint die Wissenschaft – ebenso wie die beiden Autorinnen. Kleis: „Man ist schlanker, entspannter und wahrscheinlich auch ausgeschlafener, wenn kein Mann neben einem schnarcht.“ Männer dagegen „ernähren sich in einer Beziehung gesünder und gehen zur Vorsorge, weil ihre Frau sie damit ständig nervt“.

Doch ist das Glücklichsein an sich natürlich auch gesund. Und dafür kann man auch noch mit 50 und darüber hinaus selbst etwas tun, denn, da sind sich Susanne Fröhlich und Constanze Kleis einig: Lieben ist ein Tuwort.