Karola Berberich erfüllt es mit Glück und Dankbarkeit, wenn sie sieht, wie es ihren Kursteilnehmern besser geht. Foto: Heinig

Beim Turnverein Villingen (TVV) boomt derzeit besonders die Sparte "Reha-Sport". Immer mehr Menschen suchen bei körperlichen und auch psychischen Problemen ihr Heil in der Bewegung. Und das völlig zu Recht, wie die medizinische Sporttherapeutin Karola Berberich findet.

VS-Marbach/Villingen - Die 44-Jährige, die in Marbach wohnt, erlebt die heilsame Wirkung einer gesunden Lebensweise mit Bewegung, Ernährung und seelischer Ausgeglichenheit jeden Tag. In ihre Kurse, die sie als hauptamtliche Mitarbeiterin des TVV gibt, kommen nicht nur Menschen nach schweren Krankheiten oder Operationen, sondern auch jene, die unter Schmerzen leiden, deren Ursache kein Arzt findet. Dabei steht in der Hitliste der schmerzenden Körperpartien der Rücken in seiner ganzen Länge an erster Stelle und hat nach den Lockdowns mit Homeoffice und fehlenden Sportangeboten seine Führungsposition gerade zementiert. Die Menschen haben das offensichtlich erkannt und entwickeln ein Bewusstsein dafür, dass sie ihren Stuhl, "die Erfindung des Teufels", sagt Karola Berberich, so häufig wie möglich verlassen und sich bewegen müssen. Darauf lassen zumindest die Anmeldezahlen bei den Reha-Sport-Gruppen des TVV sowie beim Kursangebot für Rückenschule und Pilates schließen.

 

Sie stammt aus Konstanz

Karola Berberich stammt aus Konstanz und ist auf der Insel Reichenau aufgewachsen. Sie lernte sowohl den Beruf der Groß- und Einzelhandelskauffrau als auch der Automobilverkäuferin und war in ihrer Freizeit immer sportlich aktiv. Zunächst als Kunstturnerin und Kunstradfahrerin, später als Besucherin von Fitness-Studios. "Ich habe deren Aufschwung miterlebt", erzählt sie. In den 1980ern noch als "Muckibuden" verschrien, erfuhren die Einrichtungen eine Dekade später mit dem Aufkommen der Aerobic-Welle große Zuläufe, besonders weibliche.

Sportstudio für Frauen

Mittendrin die damals 16-jährige Karola Berberich, die an der schwungvollen Bewegung zu Musik so viel Spaß hatte, dass sie bald gleich mehrere Trainerausbildungen absolvierte und dann als Kursleiterin auch anderen die Freude an Bewegung vermittelte. Sie lernte ihren zukünftigen Mann in einem Sportstudio in Singen kennen und lieben und folgte ihm 2006 nach Villingen-Schwenningen. Zuerst unterstützte sie den Trainer und Betreiber einer hiesigen Sportschule für die israelische Selbstverteidigungsart Krav Maga im Büro, übernahm 2018 dann ein Sportstudio für Frauen – "Miss Fitness" in der Hammerhalde – und wurde selbst wieder aktiv. Schon im ersten Lockdown schloss sie den Treff allerdings wieder – "aus einem Bauchgefühl heraus". Das bereut sie zwar nicht, vermisst aber die Kontakte von damals. "Ich bin ein extrovertierter Mensch und gerne mit anderen zusammen", sagt sie.

Bewegung und Ernährung gehören zusammen

Nachdem sie festgestellt hatte, "dass fast jeder irgendein Wehwehchen hat", entschloss sie sich in der Folge zu der umfangreichen Ausbildung zur medizinischen Sporttherapeutin. Das Wissen um den Menschen und seinen Körper, um die biologischen Zusammenhänge, fasziniert sie bis heute. Zusätzlich ließ sie sich zur Ernährungsberaterin ausbilden. Denn auch das steht für sie fest: Bewegung und gesunde Ernährung gehören zu Gunsten der Gesundheit des Menschen zusammen. Sie selbst trinkt seit zwei Jahren keinen Alkohol mehr, dafür viel Tee, gönnt sich zwar ab und an einen "Burger mit Pommes und Mayo", achtet ansonsten aber auf abwechslungsreiche, zusatzstoffarme und unverarbeitete Kost mit eiweißreichem Mittagessen und Kohlenhydraten erst nach 18 Uhr. "Die setzen nämlich das schlaffördernde Melatonin frei", weiß sie. Und guter Schlaf gehört "zu einem guten Lebensgefühl ebenso wie positive Gedanken". Auf die wiederum kommt sie nach allmorgendlicher Meditation, bei der Acrylmalerei, beim Puzzeln und bei Ausflügen mit ihrem elfjährigen Sohn Ben. Denn auch der Kopf muss entspannen. Ein Burnout ist derzeit laut offizieller Statistik die häufigste Ursache für Berufsunfähigkeit. Auch wenn es nicht soweit kommen muss: Reizdarm und Sodbrennen können auch Auswirkungen von zu viel Stress sein, weiß Karola Berberich.

Jetzt auch Long-Covid-Patienten im Kurs

"Es erfüllt mich mit Glück und Dankbarkeit, wenn ich sehe, wie es meinen Teilnehmern von Woche zu Woche besser geht", sagt sie und nennt die Dame als Beispiel, die es vor einer Bandscheibenoperation erst noch einmal mit Sport versuchen möchte und nach einem halben Jahr auf die OP verzichten kann. Ganz neu hinzugekommen sind bei ihren Kursteilnehmern jene, die unter Long-Covid leiden, was sich hauptsächlich durch Konzentrations- und Konditionsschwächen äußert.

Am eigenen Leib erfahren

Sie sei sich zwar bewusst, dass sie "keine magischen Hände" hat, sagt die Sporttherapeutin, gleichwohl gibt ihr die Erfahrung aus ihren Reha-Sportkursen und dem privaten Unterricht als Personaltrainerin Recht, dass Bewegung "ein Allheilmittel ist". Das hat sie am eigenen Leib erfahren. Schon als Kind begann bei ihr der kreisrunde Haarausfall, eine Autoimmunerkrankung mit dem medizinischen Namen Alopezia, unter dem statistisch festgestellte zwei Prozent der Bevölkerung leiden, Tendenz steigend. Mittlerweile ist sie völlig kahl, trägt hier und da Base-Caps oder Perücken, steht ansonsten aber zu ihrem Erscheinungsbild. Den Mut zur Glatze und zum Ende des Versteckspiels habe sie sich hart erarbeitet, gibt sie zu – auch der Sport hat ihr dabei geholfen. "Meine Kursteilnehmer kennen mich nur so", sagt sie.