Bettwanzen-Alarm! In Frankreich haben die kleinen Stinke-Parasiten die Regierung beschäftigt. Ein Forscher aus Münster machte einen Aufruf und der zuständige Verband hat eine abgeklärte Einschätzung. Wir sagen Ihnen, was sie alles über Bettwanzen wissen müssen und warum sie nicht in Hysterie verfallen sollten.
„Experte warnt: Bettwanzen-Plage gerät außer Kontrolle – ‚Wir werden die Schlacht gegen die Schädlinge verlieren‘.“
In gewohnt reißerischer Manier hat die „Bild“-Zeitung am Sonntag (12. Mai) auf eine Spezies von kleinen Parasiten aufmerksam gemacht, deren Ruf weit schlimmer ist als ihr wirklicher Schaden. Die Rede ist von Bettwanzen (Cimex lectularius).
Als klassische Zivilisationsfolger sind die Parasiten auf die Schlafplätze endothermer – also warmblütiger – Lebewesen spezialisiert. Am wohlsten fühlen sie in den kuscheligen Betten von Menschen, wo sie sich am leckeren Blut ihrer Wirte laben. Wer gestochen wird, reagiert häufig mit den typischen Hauterscheinungen und Symptomen einer sogenannten Cimikose.
Bettwanzen beschäftigten im vergangenen Jahr in Frankreich sogar allerhöchste Kreise. Vor den Olympischen Spielen in Paris dieses Jahr machten sich selbst mächtige Minister der französischen Regierung Sorgen um die angebliche Plage nach Funden in Kinos, der Metro und der Staatsbahn.
Parasit ernährt sich von menschlichem Blut
In Deutschland bat Viktor Hartung, ein Wissenschaftler und Experte am Naturkundemuseum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe in Münster, um die tatkräftige Mithilfe der Bevölkerung in der Causa Bettwanzen. Die Menschen sollten ihm für seine Forschung Fotos schicken oder eingefrorene Exemplare in die Post packen.
„Die Fachwelt weiß sehr wenig über die aktuelle Verbreitung der Bettwanzen und ihre Ausbreitungswege“, sagt Hartung. Das Insekt ernährt sich von menschlichem Blut. „Zwar übertragen sie keine Krankheiten, können einem das Leben jedoch vermiesen. Daher ist es vollkommen verständlich, dass sich auch viele Menschen in Deutschland vor einem Befall fürchten.“
Schädlingsbekämpfer warnen vor Hysterie
Der deutsche Schädlingsbekämpfer-Verband mit Sitz im nordrhein-westfälischen Ibbenbüren spricht bei der Bettwanze nach den Vorfällen in Frankreich mancherorts von Hysterie. „Was sicherlich in Paris zu einem vermehrten Einsatz von Schädlingsbekämpfern geführt hat, hat auch in Deutschland sicherlich das Interesse der Verbraucher geweckt und den ein oder anderen aufmerksam werden lassen“, teilte der Verband mit. Dadurch seien in Deutschland öfter mal Schädlingsbekämpfer gerufen worden, wo dann „glücklicherweise kein Einsatz notwendig war“.
Früher habe es bei Wespen, Ratten, Mäusen und Bettwanzen eine Saison gegeben. Heute gingen die Aufträge in diesem Zusammenhang oftmals das ganze Jahr ein. Als Trend sehen die Schädlingsbekämpfer, dass die Verbraucher verstärkt durch die sozialen Netzwerke auf Schädlinge aufmerksam gemacht werden. Das könne ein Segen, aber auch ein Fluch sein. „Insbesondere dann, wenn Verbraucher, teils hysterisch, einen Schädlingsbefall sehen, wo dann doch keiner ist.“
Bettwanzen lieben’s kuschlig-warm
Bettwanzen verstecken sich etwa in Betten, in Möbelfugen oder Ritzen. Sie werden zum Beispiel im Gepäck an andere Orte gebracht, aber auch durch getragene Kleidung. Ihr Biss kann starken Juckreiz verursachen. Experten empfehlen, in Hotelbetten vorab nach Wanzen Ausschau zu halten und Gepäck und Kleidung bei der Rückkehr zu Hause in der Dusche auszuschütteln.
Zurück zur „Bild“-Hysterie: Es besteht keinerlei Grund zur Panik! Lassen wir die Kirche doch bitte im Dorf – und die Bettwanzen in unseren Betten!
Info: Steckbrief Bettwanzen
Aussehen
• 5 bis 6 Millimeter groß • stark abgeplatteter Körper mit sechs Beinen • flugunfähig • rot-braune Färbung • Größe nach dem Blutsaugen: bis 9 Millimeter • danach rote bis schwarze Farbe
Lebensraum
• bewohnte, geschlossene Räume • verstecken sie sich vor allem in Betten, hinter Bildern, Tapetenrändern, Scheuerleisten, Lichtschaltern, Möbelfugen, Ritzen und Spalten • oftmals sind nur einzelne Räume betroffen, so lange sich hier in regelmäßigen Abständen ein potenzieller Wirt aufhält
Verbreitung
• werden passiv durch Gegenstände (Reisegepäck, gebrauchte Möbelstücke, CD-Hüllen usw.) übertragen • Bettwanzen spielten seit 1945 als Parasiten wegen wirksamer Insektizide keine bedeutende Rolle mehr • In den vergangenen Jahren ist weltweit eine Zunahme zu verzeichnen, unabhängig von hygienischen und sozialen Bedingungen an den befallenen Standorten.
Verhalten
• nachtaktive blutsaugende Insekten, die am liebsten Menschen befallen • angelockt von Körperwärme, Kohlendioxid und Körpergeruch
Lebensdauer
• Bettwanzen leben abhängig von Temperatur und Nahrungsangebot 9 bis 18 Monate • Weibchen legen im Laufe ihres Lebens 350 bis 400 Eier ab.
Gesundheitsrisiko
• Die meisten reagieren auf die Stiche mit kleinen blutunterlaufenen Pusteln und Juckreiz • bei besonders empfindlichen Menschen allergische Reaktionen • Bettwanzen spielen als Überträger von Krankheitserregern keine Rolle • Durch Kratzen an Stichstellen kann es zu Sekundärinfektionen kommen.
Vorbeugung
• Koffer sollten auf Reisen nicht in unmittelbarer Nähe des Bettes abgestellt werden • Betten sollten auf Wanzenspuren (Kotspuren, leere oder noch gefüllte Eier, Häute etc.) hin kontrolliert werden • Wenn an Gegenständen Hinweise auf Wanzenbefall gefunden werden, müssen diese umgehend aus der Wohnung entfernt werden.
Bekämpfung
• Meistens mit hochwirksamen Insektiziden, mehrere Behandlungen notwendig, so dass eine erfolgreiche Bekämpfungsmaßnahme erst nach einigen Wochen abgeschlossen ist. • Direkt nach einer Behandlung sollte man sich einige Stunden nicht in den Räumen aufhalten. • Wanzen können auch durch hohe Temperaturen (Aufheizen der befallenen Räume mittels spezieller Öfen auf 50-60 °C) bekämpft werden. • Kleinere befallene Gegenstände wie Bilderrahmen, Bücher, CDs o. ä. können in Folie verpackt und tiefgefroren werden (drei Tage bei – 18 °C), um die Wanzen und Eier abzutöten.