Leicht verdientes Geld klingt immer gut – gerade im Internet steckt jedoch oft Betrug dahinter. Foto: Klormann

Unverhofft an Geld kommen – wer möchte das nicht? Auch unsere Calwer Redaktion erhält regelmäßig Mails mit solchen Angeboten. Obwohl der Betrug offensichtlich ist, scheint er noch zu funktionieren. Doch wieso? Ein Versuch, die perfide Logik dahinter zu entschlüsseln.

Calw - Da fängt der Tag ja gut an: "Sie haben eine Spende in Höhe von 1.400.000 Euro. Ich habe in einer amerikanischen Lotterie im Wert von 768,4 Millionen Dollar gewonnen und ich gebe einen Teil davon an fünf glückliche Menschen", heißt es in einer der vielen Mails, die täglich ins Postfach unserer Redaktion in Calw eintrudeln. Um an das Geld zu kommen, muss nur noch der Kontakt aufgebaut werden. Mailadresse und Telefonnummer (mit der Vorwahl des US-Bundesstaates Ohio) sind praktischerweise mitgeschickt.

Die meisten Menschen dürften gar nicht bis zur Telefonnummer weiterlesen. Denn in der Regel ist schnell klar: Hier handelt es sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um einen plumpen Betrugsversuch. Wer Kontakt aufnimmt, wird um eine Bearbeitungsgebühr oder Ähnliches gebeten – natürlich nur, weil das nun mal Vorschrift ist. Und der große Gewinn gleicht das ja allemal aus. Ist das Geld überwiesen, passiert – nichts mehr. Und die Kriminellen sind um eine "Bearbeitungsgebühr" reicher.

Mit welchen Tricks arbeiten die Kriminellen?

So eindeutig die Abzock-Maschen in vielen Fällen scheinen, so verwunderlich wirkt es, dass gerade diese noch so weit verbreitet sind. Offenkundig – so der Umkehrschluss – lässt sich damit noch Beute machen. Das bestätigt auch das Polizeipräsidium Pforzheim, in dessen Zuständigkeitsbereich der Kreis Calw fällt, auf Anfrage unserer Redaktion.

"Trotz intensiver polizeilicher und damit einhergehender medialer Aufklärung fallen immer wieder Menschen auf diese Maschen herein" berichtet Sabine Maag, Sprecherin des Polizeipräsidiums. Und zwar, "weil sie oftmals emotional abgeholt werden oder sich das Angebot einfach verlockend anhört. Wer hört den Satz ›Sie haben gewonnen!‹ nicht gerne?", erklärt Maag. Darüber hinaus komme hinzu, "dass die Täter sowohl im Internet als auch dann in der Folge am Telefon sehr professionell agieren, indem sie selbstbewusst auftreten und die Geschädigten unter Vorspiegelung falscher Tatsachen zu Handlungen gebracht werden, die den oftmals im Ausland sitzenden Täter (-gruppierungen) Vermögensvorteile verschaffen (zum Beispiel Überweisungen, Einlösung von Karten etc.)", führt die Sprecherin aus.

Immerhin: Ein signifikanter Anstieg an Betrugsversuchen sei derzeit nicht zu verzeichnen.

Neben diesen mehr oder weniger klassischen Maschen verzeichnet die Polizei indes auch immer wieder Fälle des sogenannten "Romance Scammings". Bei dieser besonders hinterhältigen Methode suchen die Täter gezielt über Online-Partnerbörsen oder soziale Netzwerke nach Opfern, denen sie dann die große Liebe vorgaukeln, um an Geld zu kommen. Beispielsweise werden Notsituationen vorgeschoben, in denen dringend und natürlich oft nur leihweise finanzielle Unterstützung gebraucht wird. In diesem Bereich, so Sprecherin Maag, sei eine höhere Dunkelziffer "wahrscheinlich, da sich Geschädigte in diesen Fällen oftmals peinlich berührt fühlen und deshalb weniger zu einer Anzeigeerstattung neigen oder sich auch sonst niemandem aus ihrem Umfeld anvertrauen".

Wer sind die Opfer dieser Maschen?

Angesichts der Tatsache, dass viele Betrugsversuche seit längerer Zeit recht bekannt sind – und die Anschreiben derselben nicht selten vor Rechtschreib-, Grammatik- oder sachlichen Fehlern strotzen – könnten Laien schnell auf den Gedanken kommen, dass insbesondere sehr junge oder alte Menschen zu Opfern werden. Eine Vermutung, die die Polizei so nicht pauschal bestätigen kann. "Es kann hier grundsätzlich jeden Menschen treffen", betont Maag. Und: "Eine besonders ›anfällige‹ Personengruppe kann hierbei nicht ausgemacht werden." Präventionstipps der Polizei seien daher jedem ans Herz gelegt, der sich im Internet bewegt.

Sind vielleicht gerade die »plumpen Tricks« besonders clever?

Eine interessante Theorie hat indes ein Kolumnist der Berliner Tageszeitung Tagesspiegel vor ziemlich genau vier Jahren, Ende Oktober 2018, aufgestellt: Dass gerade die leicht durchschaubaren Maschen einer perfiden Logik folgen. Seine Argumentation: Massenhaft Mails zu versenden, sei letztlich der einfachere Teil des Betrugs. Deutlich schwieriger gestalte es sich, die möglichen Opfer nach einem ersten Kontakt auch tatsächlich davon zu überzeugen, Geld zu überweisen. Für Betrüger sei es da am effizientesten, sich nur auf jene Fälle zu konzentrieren, bei denen das auch funktionieren könne – also auf die mutmaßlich naivsten Internetnutzer. Auf jene, die selbst den bekanntesten und offensichtlichsten Betrug nicht kennen oder durchschauen. Oder zugespitzt formuliert: Je plumper die Masche, desto erfolgversprechender die Auswahl an potenziellen Opfern.