Sie sind für die Betreuung im "Sattlerhaus" zuständig: Johannes Armbruster (oben von links), Laura Sonnenberg, Tobias Milles und Vanessa Bächle. Foto: Philipp Heitzmann

Im ehemaligen Raumausstattergeschäft Baumann in der Gutacher Hauptstraße tut sich was. Hier entstehen drei Wohngemeinschaften für seelisch- und suchtkranke Menschen. Unsere Redaktion hat sich dort umgesehen.

Gutach - In der Einrichtung, für die der Name "Sattlerhaus" gewählt wurde, werden nur Menschen mit diagnostizierten seelischen Erkrankungen aus dem Ortenaukreis aufgenommen, die älter als 18 Jahre sind. Die Betroffenen kommen beispielsweise direkt aus Krankenhäusern oder der Obdachlosigkeit. Sie werden der Einrichtung vom Sozialamt oder gesetzlichen Betreuern zugewiesen, berichtet Tobias Milles, Fachbereichsleiter für Leistungen zur Sozialen Teilhabe.

 

Ziel ist die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben

Die Betroffenen müssen einen Antrag beim Sozialamt stellen, informiert Milles. Ziel der Unterbringung in einer WG sei, dass die Menschen wieder am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Dazu werden bei einem vorhergehenden Gespräch die persönlichen Teilhabeziele festgelegt. Sie betreffen beispielsweise das gemeinschaftliche Leben mit Freizeitgestaltung, die Haushaltsführung oder den Umgang mit Suchtmitteln. "Unser hohes Ziel ist die persönliche Lebensplanung", so Milles. Dazu sei es wichtig, dass es eine Tagesstruktur gibt.

Träger des Projekts ist die Burchard-Führer-Gruppe, die in ganz Deutschland 43 Häuser für betreutes Wohnen unterhält. In Baden-Württemberg betreibt die Gruppe bereits Häuser in Baden-Baden, Forbach und Alpirsbach.

Johannes Armbruster ist der Ansprechpartner vor Ort, auch für die Gutacher. "Es ist perfekt, dass das ›Sattlerhaus‹ hier in Gutach ein Laden direkt an der Hauptstraße ist. Man sieht mich in meinem Büro und die Tür bleibt für die Gutacher offen", sagt er. Man könne immer für ein Gespräch vorbeischauen, es sei wichtig, dass nichts hinter verschlossenen Türen geschehe: "Wir wollen kein Fremdkörper in der Gemeinde sein".

Die Arbeit in den WGs sei ein Wohntraining mit "Aufforderungscharakter". Unter anderem gibt es einen Wochenplan, eine Kochgruppe oder Einkaufsbegleitung.

Bereits vier Häuser in Baden-Württemberg

Armbruster hat bereits das Haus in Alpirsbach mitaufgebaut und berichtet von seinen Erfahrungen dort. In Alpirsbach pflegen die Bewohner des "Hauses am Aischbach" beispielsweise einen Wanderweg oder helfen im Tierheim. Eine Bewohnerin des Hauses in Alpirsbach hat auch dort begonnen, als Zeitungsausträgerin zu arbeiten. Inklusionsfördernde Kontakte werden von den Betreuern unterstützt.

Die Nachfrage nach Plätzen im Betreuten Wohnen ist laut Milles sehr gestiegen, es gebe immer mehr Menschen die unter seelischen Erkrankungen wie Panik- oder Angstattacken, Depressionen oder affektiven Störungen leiden. Das habe durch Corona zugenommen, aber auch die zunehmende Digitalisierung und der Stress bei der Arbeit seien oft ein Grund.

Einige Räume sind bereits möbliert

Es seien immer wieder Anfragen aus dem Ortenaukreis an die Burchard-Führer-Gruppe gekommen. Daher habe sich das Unternehmen an das Landratsamt Ortenau, genauer das Sozialamt, gewandt und dort ein detailliertes Konzept für eine Einrichtung vorlegt. Nach eingehender Prüfung durch eine Sozialplanerin, die sich die Einrichtung in Baden-Baden angesehen hat, wurde eine Genehmigung erteilt. Die Entscheidung fiel auf Gutach, weil die Immobilie gepasst habe, informiert Johannes Armbruster, der in Hausach wohnt und aus Mühlenbach stammt.

In Gutach sind zwei WGs für jeweils vier Personen geplant, eine WG wird etwas kleiner. Insgesamt ist Platz für zehn Bewohner. Die meisten Räume dafür sind bereits renoviert, in einigen Räumen stehen schon Möbel.

Die Bewohner einer WG werden sich jeweils ein Badezimmer und eine Küche teilen. Diese sind schon fast fertig eingerichtet. Es ist aber noch viel zu tun. Auch die ehemalige Werkstatt der Sattlerei soll genutzt werden. Hier entsteht ein Kreativraum. Die Eröffnung des "Sattlerhauses" ist für Februar geplant.

Gemeinderat

Das Konzept des "Sattlerhauses" wird voraussichtlich in der öffentlichen Gemeinderatssitzung am Mittwoch, 8. Februar, Thema. Dann werden Tobias Milles und Johannes Armbruster es vorstellen.