Das Wetter hielt und die Radler aus dem Ruhrpott freuten sich über den Empfang durch die Famile Vees und die Bürgermeister Klaus Mack (ganz links) und Armin Jöchle (daneben). Foto: Morlok

Ein Fahrrad-Team aus Nordrhein-Westfalen (NRW), alle mit landwirtschaftlichem Background, radelt derzeit von Bayern über Baden-Württemberg zurück in ihre Heimat und besucht auf dieser "querFELDein-Tour" ein breites Spektrum landwirtschaftlicher Betriebe. Nun machten sie Halt auf dem Energiehof Weitenau der Familie Vees.

Eutingen-Weitingen - 20 recht unterschiedliche Höfe, mit ihren ganz spezifischen Besonderheiten, stehen auf dieser rund 1000 Kilometer langen Tour auf dem Plan und nun machten die acht Radler der Stammgruppe um Organisator Thomas Fabry einen Zwischenstopp auf dem Energiehof Weitenau der Familie Vees, im Eutinger Ortsteil Weitingen.

Bei jeder Tagesetappe gibt es die Möglichkeit, dass Menschen aus der Region ein Stück mitfahren und sich über die Landwirtschaft in ihrer Gegend informieren.

Wer jedoch glaubt, dass ein paar Alt-Landwirte aus dem Flachland eine E-Bike-Tour ganz nach dem Slogan von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, die empfahl: "Einfach auf’s Rad setzen und los geht’s. Die Landwirtschaft in Deutschland mit eigener Muskelkraft kennenlernen" machen, der irrt.

Tagesetappen von 90 Kilometern sind Standard und selbst 130 Kilometer am Tag, bei denen sie bis zu 2300 Höhenmeter überwinden müssen, stehen auf dem Streckenplan. Geschlafen wird nachts auf den Wiesen, oder in Ausnahmefällen in den Scheunen der landwirtschaftlichen Anwesen, die sie an diesem Tag besuchen. Und das immer im Zelt. "Wir haben einfache Wurfzelte dabei" erklärte Elisabeth Große-Kock, die normalerweise mit ihrem Mann und dem jüngsten ihrer vier Söhne einen Sauenbetrieb im geschlossenen System in Dorsten-Lembeck betreibt. Die 62-jährige verzichtet wie all ihre Mitradler auf Komfort und den ansonsten so selbstverständlichen Luxus, der sie normalerweise umgibt. Sie freut sich, wenn es dort, wo sie ihr Zelt "hinwirft", wenigsten eine Dusche oder eine andere Waschgelegenheit gibt, sagte sie. "Wir alle haben uns auf ein Abenteuer eingelassen, bei dem wir zwar viel in der Theorie, aber wenig in der Praxis wussten."

Gemeinsam mit der studierten Landwirtin Regina Böckenhoff, deren Schwager Martin Böckenhoff, dem Experten für Forstwirtschaft und Bienenzucht im Team, sowie den zwei Nachwuchs-Bauern Marcel Hortmann (24) und Johannes Booke (27) die beide die neue Generation der Landwirte präsentieren und dem Rentner-Ehepaar Hubert und Brigitte Krampe, die seit 43 Jahren ihren Weg gemeinsam gehen und ihren Hof jetzt an die jüngere Generation weitergeben haben sind sie außer als "querFELDein-Tour-Radler" auch als Scouts bei der "Tour de Buur" ehrenamtlich engagiert.

"Die Gegend bei uns in NRW ist flach und eignet sich sehr gut zum Radfahren", erklärte Krampe. "Für die Touristen wurde das Rad zum Ferienvehikel Nummer Eins, mit dem sie prima und ganz schnell an unseren Höfen vorbeifahren konnten. Das wollten wir ändern und die Leute auf unsere regionale Produktvielfalt hinweisen. Wir haben sie deshalb auf unsere Höfe eingeladen", erklärte der Senior der Truppe.

Aus dieser nicht ganz uneigennützigen Aktion – Stichwort Selbstvermarktung – wurde in NRW die "Tour de Buur" und nun auch die "querFELDein-Tour", die den Landwirten aus dem Ruhrpott und ihren Begleit-Radlern den Horizont ein großes Stück weit öffnet.

"Ich habe zum ersten Mal die schneebedeckten Schweizer Berge vom Bodensee aus gesehen, die Schönheit des Allgäus erlebt und bereits Teile von Baden-Württemberg kennengelernt. Für mich ist klar, dass ich meinen nächsten Urlaub hier in der Gegend verbringen werde" sagte der 71-jährige Hubert Krampe am Ende einer kurzen Vorstellungsrunde, die im ehemaligen Kuhstall, dem heutigen Seminarraum, auf dem Hof Weitenau stattfand.

Für die beiden Bürgermeister Klaus Mack (Bad Wildbad), der als Bundestagsabgeordneter den Platz von Hans-Joachim Fuchtel in Berlin einnehmen möchte, und für seinen CDU-Parteifreund Armin Jöchle (Eutingen) war diese Aussage Wasser auf die kommunal betriebene Werbemühle.

Mack und Jöchle brachen beide im Rahmen ihrer Grußworte eine Lanze für die Regionalität von Lebensmitteln und landwirtschaftlich erzeugten Produkten, die jedoch nur dann erhältlich sind, wenn sich Menschen die Mühe machen, diesem oft nicht einfachen Handwerk nachzugehen. "Auch wenn Baden-Württemberg mehr ein Industriestandort ist, kann man von einer Maschine nicht abbeißen, von einer Brezel dagegen schon", betonte Jöchle und wies so darauf hin, dass man erst Getreide anbauen muss, um Mehl zu gewinnen und Brot daraus backen zu können. Für Mack ist klar, dass eine Tomate aus der Gegend allemal besser ist als eine "Bio-Tomate" aus Tunesien. Beide Kommunalpolitiker gingen noch auf einige regionale Besonderheiten ein, bevor Hausherrin Juliane Vees zum Rundgang über den Hof einlud.

Für die Gäste aus NRW gab es einige interessante und innovative Erkenntnisse zur energetischen Stromgewinnung, bei der die gefürchteten Monokulturen durch Biodiversität aufgrund unterschiedlicher Pflanzarten ersetzt wurde. Nach einer Mittagspause machten die Radler, die an diesem Morgen vom Fuße der Burg Hohenzollern, wo sie in Harthausen bei der Familie Dietz zu Gast waren, hergefahren sind, noch eine Radtour entlang des Weitinger Energielehrpfades. Unter anderem besuchten sie die Photovoltaik-Anlage "Hirtenhaus", die zu gleichen Teilen der Gemeinde als auch der Familie Vees gehört.

Auch in Weitingen fanden sie wieder die Gastfreundschaft vor, die sie bereits in den letzten Tagen recht intensiv erleben durften und über die sie sich besonders freuten.

"Ich hab auch meine ganzen Landfrauen eingespannt", verriet Juliane Vees. Organisator Fabry ergänzte auf Nachfrage, wie man den die Tour insgesamt geplant habe, dass irgendjemand immer irgendwo irgendjemanden kennt und man so, in längerer Planung, die einzelnen Etappen entsprechend aneinanderreihen konnte, dass es Sinn macht und man ohne unnütze Umwege zu machen, viele Themenbereiche abdecken kann.