Bei Führungen durch den Schlachthof konnte man auch die Ketten sehen, deren Gerassel den Tieren Angst einjagt. Foto: Baum

Bei einer Infoveranstaltung konnten sich die Rottenburger Bürger ein Bild vom Schlachthof machen. Diese haben es schließlich in der Hand: Am 22. Januar entscheiden sie über den Fortbestand.

Rottenburg - Die Aussichten für den Hof sind nicht rosig – eine direkte Konkurrenz könnte viel mehr bieten, auch für das Tierwohl. Acht Stunden lang hatten die Bürger die Möglichkeit, sich am Infotag des Schlachthofes über diesen zu informieren und sich vor Ort ein Bild zu machen. Es gab Führungen mit dem Schlachthofbetreiber Marco Helle, der viele Gruppen durch die Anlage führte und die Schweine- und Rinderschlachtanlagen detailliert erklärte.

In einem Zelt auf dem Schlachthofgelände hatten die Stadt sowie das Kommunikationsbüro Ulmer Infostände mit Infotafeln zu den Themenbereichen und Aspekten des Pro und Kontra zum Schlachthof Rottenburg aufgebaut, mit einer wichtigen Bedeutung: Schließlich treffen am 22. Januar die Bürger die Entscheidung, ob es mit der Einrichtung als regionale Schlachtstätte weitergeht – oder nicht.

Marco Helle als Metzger und Schlachthofbetreiber erläuterte in den Führungen, wie der Rottenburger Schlachthof funktioniert und zeigte etwa das Betäubungsgerät und die Tötungspistole für die Rinder – der Bolzen ist zwölf Zentimeter lang. Zudem wurden die Schlachtbänke gezeigt.

Rottenburger Landwirte: "Es funktioniert"

Die Vertreter der Initiative zum Erhalt des Schlachthofs Rottenburg und die Metzger und Landwirte, die derzeit an der Rottenburger Schlachtstätte ihre Tiere schlachten, hoffen auf einen Erhalt des Rottenburger Schlachthofes. Die Ergenzinger Landwirtin Christa Richter, Ehefrau des Landwirtes Peter Richter spricht sich für den Erhalt der Anlage in der Tübinger Straße aus. Fair und regional müsse gehandelt werden: "Der Rottenburger Standort funktioniert, wir hatten keine Tierwohlskandale, wie dies in Gärtringen früher der Fall war", so Richter.

Dieser ist geschlossen, und Rottenburg sei zwar klein, aber "für uns gemacht und passend", ist sich die Landwirtin sicher. Bis vor einem Vierteljahr hätten die Tiere in Rottenburg eine Wartezeit gehabt, heute aber keine mehr, so Richter. Die Tiere gehen ruhiger und entspannter zur Schlachtung: "Wir kommen morgens, just in time geht es zur Schlachtung", so die Landwirtin.

Gärtringer Schlachthof, die bessere Alternative?

Für Richter und die anderen am Rottenburger Schlachthof beteiligten Vertreter steht also einiges auf dem Spiel – zumal der Schlachthof in Gärtringen sich um einiges von dem in Rottenburg abheben soll. In einer Stellungnahme des Landratsamtes Tübingen heißt es, dass am Standort Rottenburg "der aktuelle Zustand noch den umwelt- und veterinärrechtlichen Mindestanforderungen genügt", darüber hinausgehende Fördervoraussetzungen der Verwaltungsvorschrift Tierwohl des Ministeriums für Ländlichen Raum seien aber nicht erfüllt.

Ohne gute Ställe, zu großer Stress für die Tiere

Als Mängel des Schlachthofes Rottenburg nennt die Stadt mehrere Punkte, die in Gärtringen erfüllt wären. Sicherheitsmaßnahmen gegen Entlaufen der Tiere sind mangelhaft. Es gibt keine dreiseitig geschlossene Abladerampe, ein überdachter Entladebereich ist nicht vorhanden und es fehlt ein Witterungsschutz. Eine Rampe für ebenerdiges Entladen mit Sichtschutz gibt es auch keine, als auch keine ausreichenden Unterbringungsbereiche, wofür zwei Quadratmeter pro Rind vorgesehen wäre.

Zudem fehlt ein blickdichter, umzäunter Unterbringungsbereich für die Tiere, und auch getrennte Ställe für Schweine und Rinder sind nicht vorhanden, sowie Ställe mit Vermeidung von Licht- und Lärmeinflüssen – ein erheblicher Stressfaktor für die Tiere, weiß Daniel Burgmayer und Josef Hecht vom Gärtringer Schlachthof. "Alleine schon das Kettenrasseln verängstigt die Tiere", so die beiden.

In Gärtringen wird es einen Strohstall geben

In Gärtringen etwa wird es einen Strohstall geben – in Rottenburg hingegen gibt es keine Ställe mit rutschfestem Bodenbelag. Ebenso gibt es keine Fahrzeugwaschhalle für die anliefernden Fahrzeuge: "Tiere sollen nicht den Tod riechen", so Burgmayer und Hecht.

Der neue Gärtringer Schlachthof wäre mit einer neuen Luftführung und Technik ausgestattet, sodass keine Gerüche aus der Schlachthalle in die Stallungen eindringen können. Zudem gibt es eine integrierte Temple-Grandine-Verve – eine Kurve die ermöglicht, dass die Tiere stressfrei laufen können und sich nicht andauernd umdrehen und zurücklaufen, ein Geradeausgang der Tiere heiße für sie: Stopp und Stress.

Kunststoff überall sorge für Ruhe, und es gäbe kein Kettenrasseln. Zudem wird später in Gärtringen der gesamte Schlachtprozess auf Video aufgezeichnet, sodass es keine Verstöße gegen das Tierwohl geben kann. Auch wird es eine Anlieferung für Tiere geben, die auf der Weide geschossen wurden, dies sei die "sanfteste Tötungsmethode". Zudem wird der Gärtringer Schlachthof mit einer neuen Abwassertechnik arbeiten – über eine eigene ferngesteuerte Hauskläranlage.

Rottenburg beteiligt sich an Gärtringen

Sollte der Rottenburger Schlachthof geschlossen werden, wird sich die Stadt am Schlachthofprojekt Gärtringen mit 300.000 Euro beteiligen, weitere 700.000 Euro würde der Landkreis zuschießen – man hätte also mit einem Fixbetrag von 300.000 Euro einen modernen Schlachthof in der Nähe, der höchste Tierwohlanforderungen erfüllen würde, so Hochbauamtsleiter der Stadt Rottenburg, Markus Gärtner, sowie Josef Hecht und Daniel Burgmayer.

Die eingetragene Genossenschaft forciert derzeit einen Neubau und eine Sanierung des Schlachthofes in Gärtringen zum Preis von 9,6 Millionen Euro. Geschlachtet werden könnte dort nach hochmodernen internationalen Standards, die nach Meinung auch der Stadt Rottenburg am Standort Rottenburg nicht erfüllt werden können. Nach einer Kostenschätzung der Stadt und des beauftragten Büros Falkenstein würden in Rottenburg die Kosten für eine Sanierung bei 7,1 Millionen Euro liegen.

In Hand des Bürgers

Alles liegt also in der Hand der Bürger – die Stadt Rottenburg warb eindringlich für einen Neubau in Gärtringen, stellte die Finanzierung dort dar und in der Gegenüberstellung auch die Sanierung des Schlachthofes Rottenburg, wenn die Bürger dies so entscheiden würden. Sollte sich Rottenburg und der Landkreis nicht am Gärtringer Schlachthof beteiligen, "dann wird der Gärtringer Schlachthof dennoch gebaut, aber anders", sagen Daniel Burgmayer und Josef Hecht von der eingetragenen Genossenschaft Schlachthof Gärtringen. Im ersten oder zweiten Quartal 2024 werde der Schlachthof Gärtringen so oder so fertig sein. Es gibt konkrete Pläne, und im Dezember 2022 wird die Baugenehmigung eingereicht. 10 bis 10,5 Millionen wird der Schlachthof Gärtringen round about kosten, schätzt Josef Hecht.