Gewalt in den Amtsstuben nimmt zu. Foto: LoloStock – stock.adobe.com

Oberbürgermeister Jürgen Roth äußert sich. "Wie verroht muss man sein?" Mit Video

Villingen-Schwenningen - Sie werden bedroht, verhöhnt, in Fäkalsprache mit den wüstesten Schimpfwörtern belegt und müssen sich als verlängerter Arm der öffentlichen Hand oft Unaussprechliches anhören: die Mitarbeiter des Bürgeramts in Villingen-Schwenningen.

OB bricht das Schweigen

Schlimme Szenen spielen sich in den Amtsstuben mit randalierender, obszöner oder gewaltbereiter Kundschaft ab - und obgleich alles nach Gerechtigkeit schreit, dringt von alledem selten etwas nach außen.

Bis gestern - denn nun ergriff Oberbürgermeister Jürgen Roth im Internet das Wort und brach eine Lanze für seine Mitarbeiter, die zwar nur ihren Job tun, dabei aber oft unglaublichen Reaktionen ausgesetzt sind: "massiven Beleidigungen, Drohungen oder sogar tätlichen Angriffen".

Dass ein anonymer Brief mit Schimpfwörtern im städtischen Briefkasten landet, ist längst bitterer Alltag und beeindruckt die Mitarbeiter des Bürgeramts kaum mehr. Wenn in dem Schreiben aber steht, wie schnell es geht, dass man "nach Hause fährt, eine Waffe aus dem Schrank holt und den beiden Herren von der Stadt einen Besuch abstattet, den beiden eine Kugel in den Kopf schießt und locker mit dem Fahrrad weiterfährt" oder, wenn davon geschrieben wird, dass es nicht immer Politiker sein müssen, "die auf ihrer Terrasse im Garten erschossen werden", dann liegen die Dinge anders. Beim reinen "Schmähbrief", bleibt es zwischenzeitlich oft längst nicht mehr.

"Wie verroht muss man sein?"

So sei unlängst eine Mitarbeiterin des Standesamts bei einer Trauung in ihr Büro abgedrängt und in einer Ecke unter Androhung körperlicher Gewalt festgehalten worden, "weil sie auf das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung hingewiesen hatte". In einem anderen Fall seien Mitarbeiter des Bürgerservicezentrums bespuckt und als "H***" beschimpft worden – Büros seien "verwüstet und Möbel und Computer zerstört" worden und Mitarbeiter des Ordnungsamtes seien bereits aus fahrenden Autos heraus mit "vollen, heißen Kaffeebechern beworfen" worden, schildert der OB in seiner Ansprache. Endlos ließe sich die Liste fortsetzen über solche Vorfälle, die sich "so gut wie täglich in VS ereignen". All das sei jenseits dessen, was die Verwaltung hinzunehmen bereit sei. "Solches Verhalten ist eine Schande." Verhaltensweisen wie diese, so der OB klipp und klar, werden von der Verwaltung angezeigt, da geltende Grenzen massiv und immer öfter unterschritten würden. "Ich bin als Mensch extrem enttäuscht darüber, dass so ein Verhalten überhaupt möglich ist", so Roth, der sich fragte: "Wie verroht muss man sein, um andere Menschen so zu behandeln?"

Die Zuschauer des Videos forderte er auf, Zivilcourage zu zeigen und sich aktiv gegen solche Vorkommnisse zu äußern und den Tätern klar zu machen, "dass solch widerwärtiges Verhalten Widerstand erfährt".