Auch das Kaiser-Wilhelm-Denkmal in Porta Westfalica passiert der Schiltacher auf seiner Tour. Foto: Haller

Das eigene Land kennenlernen – dieses Ziel hat sich Albrecht Thomas Haller gesetzt. Und vor Kurzem in weiten Teilen erreicht: Er ist von der Nordsee mit dem Fahrrad zurück in die Heimat nach Schiltach gefahren.

Schiltach - Spannende Tage liegen hinter Albrecht Thomas Haller, der seit etwas mehr als drei Jahren im Flößerstädtle lebt. Gut drei Wochen war er unterwegs, um mit dem Fahrrad quer durch Deutschland zu radeln – von Nord nach Süd.

Seit mehr als 20 Jahren autofrei

"Die Idee dazu gab es schon eine ganze Zeit", erklärt Haller. Seit mehr als 20 Jahren lebt er der Umwelt zuliebe freiwillig autofrei. Zunächst in Stuttgart, jetzt auch in Schiltach. Seither nutzt er die öffentlichen Verkehrsmittel, Carsharing-Angebote, leiht sich mal den Wagen von Freunden und erledigt viele Strecken zu Fuß oder mit dem E-Bike. "Da liegt es nahe, das Rad nicht nur für Alltagstouren zu nutzen", sagt er zu den Hintergründen seiner besonderen Reise. Außerdem sei es ihm ein Anliegen gewesen, das eigene Land kennenzulernen. "Wir kutschieren in der Weltgeschichte rum, haben vom eigenen Land aber oftmals nicht viel gesehen", nimmt er sich nicht aus. Hatten ihn frühere Reisen nach Brasilien, Ecuador, die USA oder das europäische Ausland geführt, stand 2022 also Deutschland auf dem Reiseplan des 69-Jährigen.

Route zwei Jahre lang ausgearbeitet

Zwei Jahre lang hat Haller sich informiert, immer wieder mal recherchiert und mögliche Routen entwickelt. Seine Wahl fiel schließlich auf den D9-Fernradweg, der von Cuxhaven bis nach Füssen im Allgäu führt. "In Donauwörth bin ich allerdings nach Südwesten abgebogen und über Ulm, Tuttlingen und die Baar zurück nach Schiltach gefahren", sagt Haller zu seiner Route.

1500 Kilometer im Sattel

Knapp 1500 Kilometer legte er in seinem Urlaub zurück – die längste Tagesetappe brachte es auf rund 90 Kilometer. Rund fünf Stunden saß er dafür täglich im Sattel seines E-Bikes. Zeit, die er genossen und genutzt hat: Um in der Landschaft anzukommen und auch ein Stück weit bei sich selbst. "Radfahren hat etwas Meditatives", sagt er. Seine Reise sei eine ganzheitliche gewesen – für den Körper und die Seele gleichermaßen.

Gesehen hat der begeisterte Radfahrer viel: wechselndes Wetter und wechselnde Landschaften. "Ich bin in unberührter Natur unterwegs gewesen, aber genauso in potthässlichen Industriezonen", erinnert er sich. Was ihn beeindruckt habe: "Viele Dörfer sind tipptopp aufgeräumt, aber wie ausgestorben." Es herrsche oftmals eine "aufgeräumte Stille" in den Ortschaften.

Radfahren als "Thema meiner Generation"

Dreimal hat er sich unterwegs eine Pause gegönnt – etwa in Dinkelsbühl, wo es für den Mitteltalterfan viel zu bestaunen gab. Übernachtet hat Haller in Hotels und Gasthöfen, "die Jugendherbergen waren überall voll", sagt er. Unterwegs hat er viele andere Radfahrer getroffen, "auch in meinem Alter. Radfahren scheint ein Thema meiner Generation zu sein", sagt er und lacht.

Intensive Vorbereitung nicht nötig

Intensiv vorbereiten musste sich Haller auf die gut dreiwöchige Tour nicht. Durch sein regelmäßiges Radfahren habe er "eine gewisse Grundkondition". Eine Testfahrt mit Gepäck hat er aber unternommen: Zum Bahnhof nach Hausach, von wo aus er dann eine Woche später auch mit dem Zug nach Cuxhaven in seine Reise gestartet ist. "Ich wollte schauen, wie sich das Rad verhält, wenn es gepackt ist", schildert Haller. Schließlich hatte er gut 20 Kilo Gepäck dabei – unter anderem einen Ersatzakku fürs Rad sowie Schlafsack und Biwak, "falls ich mal keine Unterkunft gefunden hätte".

Nächstes Ziel schon vor Augen

Mit vielen Eindrücken kam er nach Schiltach zurück und dankbar darüber, dass er von Pannen und Unfällen verschont blieb. Nicht mal Muskelkater hat den 69-Jährigen geplagt. Gefallen hat es ihm indes so gut, dass er sich vorstellen kann, im kommenden Jahr die Fernradweg-Ost-Route in Angriff zu nehmen – "je nachdem, wie sich die politische Lage entwickelt".