Der fehlende Präsenzunterricht wirkt sich negativ auf den praktischen Teil und die Motivation einiger Schüler aus. Foto: Fritsch

Online-Unterricht startet weitgehend reibungslos. Praktischer Teil lässt sich aber nur bedingt ersetzen.

Der Auftakt zum Fernunterricht lief auch am Berufsschulzentrum in Nagold weitestgehend reibungslos. Allerdings sind Schüler an Berufsschulen durch den Online-Unterricht besonders benachteiligt.

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Nagold - Die drei Schulen sind technisch gut ausgerüstet. Alle Lehrer sind seit dem vergangenen Schuljahr mit Tablets ausgestattet. Für die Schüler gibt es bei Bedarf ebenfalls Leihgeräte. Nur die digitale Infrastruktur mache dem Heimunterricht hin und wieder einen Strich durch die Rechnung. "Engpässe sind nach wie vor instabile Internetverbindungen im ländlichen Raum", erklärt Reinhard Maier, koordinierender Schulleiter des Berufsschulzentrums. Diese sorgten vereinzelt für Aussetzer beim Online-Unterricht der Rolf-Benz-Schule. Dort kommt das Videokonferenzsystem "BigBlueButton" vom Land zum Einsatz. Technische Schwierigkeiten gab es aufgrund der Überlastung des Landessystems, aber auch wegen Verbindungsproblemen auf Seiten der Schüler.

Fortwährende Entwicklung der Unterrichtsgestaltung

Ansonsten setzt das Berufsschulzentrum auf die Plattform Nextcloud und auf die Software "Teams" von Microsoft. Letztere wird von der Kaufmännischen Schule und der Annemarie-Linder-Schule bereits seit März vergangenen Jahres genutzt und habe sich bisher bewährt, wie Maier erklärt: "Es läuft technisch einwandfrei und die Lehrkräfte haben sehr gute Erfahrungen damit gemacht."

Die Unterrichtsgestaltung wird seit dem ersten Lockdown im vergangenen Frühjahr fortlaufend weiter entwickelt. Es sei immer noch ein Lernprozess für alle Beteiligten, so Maier.

Videokonferenzen finden zu Beginn und gegen Ende des Unterrichts statt. Die Lehrer überprüfen die Anwesenheit, beantworten Fragen oder geben Lernimpulse. Das Unterrichtsmaterial finden die Schüler auf der Lernplattform, wo sie auch nach erledigter Arbeit ihre Ergebnisse hochladen. Die werden dann online während dem Unterricht besprochen oder die Schüler erhalten von ihrem Lehrer später Rückmeldung.

Da bei einigen Schüler die Internetverbindung instabil ist, gibt es keine dauerhaften Videokonferenzen. Außerdem achten die Lehrer beim Unterrichtsmaterial darauf das Datenvolumen so klein wie möglich zu halten. Lehrer, die zu Hause keine stabile Internetverbindung haben, arbeiten von der Schule aus.

Praktischer Unterricht ist eine Herausforderung

Eine große Herausforderung stellt der praktische Unterricht dar. Dieser ist an beruflichen Schulen von enormer Bedeutung, kann online aber nur begrenzt umgesetzt werden.

"Hier haben die Schüler mit jedem Tag der Schließung einen zunehmend größeren Nachteil", sagt Maier.

Ein weiteres, typisches Problem des Fernunterrichts ist die mangelnde Eigenmotivation einiger Schüler. Hier sind vor allem die Klassenlehrer gefragt, den persönlichen Kontakt per Telefon, Chat oder Videokonferenz mit den jeweiligen Schülern zu suchen. Einmal wöchentlich soll mit jedem Schüler auf diese Weise Kontakt aufgenommen werden. "Und dennoch gibt es bei lernunwilligen Schülern im Fernunterricht kaum Maßnahmen, um sie zum Lernen zu ›zwingen‹", sagt Maier.

Da das Zwischenmenschliche ebenfalls zu kurz kommt, werde Fernunterricht nie ein Ersatz für Präsenzunterricht sein können.

"Viele Facetten der sozialen Interaktionen können hier nicht erlebt werden. Und Lernen und Erziehung setzt eine Beziehung voraus", meint Maier.

Zugleich bringt Online-Unterricht auch viele Chancen für die Zukunft mit sich. So kann der Präsenzunterricht durch digitale Elemente bereichert werden, indem beispielsweise ergänzendes Lehrmaterial oder Aufgaben und Lösungen bereitgestellt werden können. Er geht davon aus, dass diese Elemente erhalten bleiben, sodass von "digital unterstützten Lernprozessen" gesprochen werden kann.

Für den Unterricht im weiteren Verlauf der Pandemie sind die Berufsschulen auf alle Szenarien vorbereitet. "Grundsätzlich werden wir konsequent auf den Infektionsschutz achten. Wenn Präsenzunterricht stattfinden soll, dann können wir uns den nur als Wechselunterricht vorstellen", sagt Maier.

Von den rund 2700 Schülern am Berufsschulzentrum sind etwa 650 in Abschlussklassen.