Auch die Geschäftsstelle des Schwarzwälder Boten in Rottweil war von einer Plakataktion betroffen. Foto: Bier

Rechtsextreme Gruppierung beklebt und beschmiert Häuser. Staatsschutz ermittelt wegen Hausfriedensbruchs.

Berlin/Rottweil - Mutmaßlich Mitglieder der rechtsextremen "Identitären Bewegung" (IB) haben am Montag bundesweit Redaktionsgebäude von Zeitungen und Sendern sowie Parteibüros von SPD, Grünen und Linken mit einer Protestaktion überzogen. In Berlin wurden das Redaktionsgebäude der "tageszeitung"(taz), die SPD-Bundeszentrale und das ARD-Hauptstadtstudio mit Plakaten gegen linke Gewalt beklebt.

In Hessen verhinderten Polizisten eine Plakataktion der "Identitären Bewegung" am Redaktionsgebäude der "Frankfurter Rundschau". In Rottweil war die Geschäftsstelle des Schwarzwälder Boten mit "Linke Gewalt"-Plakaten beklebt worden.

Nach Angaben der Berliner Polizei ermittelt der Polizeiliche Staatsschutz gegen unbekannt wegen Hausfriedensbruchs. Man gehe von einer konzertierten, politisch motivierten Aktion aus. Die Berliner Polizei ermittelte drei Verdächtige: Bei den zwei Männern und einer Frau im Alter von 24, 27 und 31 Jahren handele es sich um Aktivisten einer "bekannten Bewegung", teilte sie mit.

Auch die Ulmer SPD-Bundestagsabgeordnete Hilde Mattheis wurde offenbar Opfer einer Schmier-Attacke. Bislang unbekannte Täter hätten das Schaufenster ihres Bürgerbüros in Ulm mit Farbe beschmiert und mit rechtspopulistischen Parolen und Flugblättern beklebt, teilte sie am Montag mit. Mattheis, die zum linken Parteiflügel der SPD zählt, macht dafür ebenfalls die "Identitäre Bewegung" verantwortlich. Die aufgeklebten Blätter seien mit deren Logpo versehen.

Auf einem Twitterkanal der Identitären Bewegung heißt es, es habe eine bundesweiten Aktion "gegen linke Gewalt vor sämtlichen Parteibüros und Medienhäusern" gegeben. Demnach wurde auch das Wahlkreisbüro der Grünen-Politikerin Claudia Roth in Augsburg und ein Parteibüro der Linken in Lüneburg attackiert. Zudem werden Duisburg, Köln und Dortmund als Aktionsstätten genannt.

Politiker und Medienvertreter verurteilten die Aktionen am Montag. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) sprach von einem Angriff auf die grundlegenden Werte. Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) erklärte, der konzertierte Angriff zeige, für die Pressefreiheit in Deutschland gelte mindestens Alarmstufe Gelb.

Laut "taz" war am Montagmorgen eine sechsköpfige schwarz gekleidete Gruppe vor dem Redaktionsgebäude in der Berliner Friedrichstraße vorgefahren. Sie hätten Plakate dabei gehabt und Pflastersteine vor dem Haus drapiert. Eine Mitarbeiterin habe sie gehindert, ein großes Plakat, das den verletzten Bremer AfD-Landeschef Frank Magnitz zeigt, aufzuhängen. Daraufhin kam es offenbar zu Handgreiflichkeiten.

  Proteste

Die "Identitären" protestieren gegen die Flüchtlingspolitik der Regierung und behaupten, die Politiker wollten die Bevölkerung durch die Masseneinwanderung austauschen. Mit schätzungsweise 500 Mitgliedern ist es eine verhältnismäßig kleine Gruppierung. Sie wird vom Verfassungsschutz beobachtet.

  Ableger

Entstanden ist die "Identitäre Bewegung" in Deutschland 2012 auf Facebook. Die "Identitären" in Deutschland sind ein Ableger der französischen Bewegung "Génération Identitaire", die dort seit 2003 gegen Zuwanderung protestiert. Eine Mitarbeit im demokratischen System lehnen die "Identitären" ab.