Grillen im Nudelteig? Beneto macht's möglich. Foto: Beneto Foods

Das Start-up Beneto aus Albstadt mischt Grillenmehl in seine Nudeln, was aber bisher noch zu schmecken ist. Die Zukunft der noch sehr kleinen Branche liegt aber in Produkten, wo sie für den Endverbraucher nicht zu merken sind – etwa als Tierfutter.

Insekten sind in den vergangenen Jahren für Start-ups durchaus ein Trendthema gewesen. Faszinierend genug, dass beispielsweise das Start-up Beneto aus Albstadt es mit seinen Insektennudeln im vergangenen Jahr in die Fernsehsendung „Höhle der Löwen“ schaffte und sich den Ex-Rennfahrer Nico Rosberg als Investor angelte. Inspiriert wurde die Gründerin und Chefin Lara Schuhwerk ursprünglich in in China, wo sie nach ihrem Studium eine Zeit lang arbeitete. Dort seien Insekten ein ganz normaler Teil des Speiseplans, sagt sie.

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Der Gedanke, eine Geschäftsidee für europäische Verhältnisse zu finden, ließ sie nicht mehr los, auch aus ökologischen Gründen: „Insekten bringen den Klimaschutz auf den Teller“, sagt sie. Mit Insekten lassen sich Nährstoffe wie Proteine energiesparender herstellen als in jeder anderen Tierproduktion. Aber trotz aller Schlagzeilen steckt im Gegensatz zu Ländern wie den Niederlanden und Frankreich die Nahrungsmittelproduktion mit Krabbeltieren und Würmern in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Zwar gibt es immer wieder Start-ups, die sich an der Vermarktung versuchen und auch immer wieder daran scheitern, doch bei der Frage, wie viele Insektenfarmen es in Deutschland gibt, landet man seit Jahren bei der Angabe „eine Handvoll“.

Mutprobe beim Junggesellenabschied

„Natürlich bringt heute schon einmal einer beim Junggesellenabschied ein paar Grillenchips zum Snacken mit – aber als Mutprobe,“ sagt sie. Dass man in einem Supermarkt gezielt ins Regal nach einem Insektensnack greife, sei aber aus kulturellen Gründen in Deutschland immer noch unrealistisch. Beneto hat jedenfalls mit dem Lebensmitteleinzelhandel nichts am Hut, sondern verkauft seine Produkte ausschließlich online – als Pasta mit besonders hohem Proteingehalt. In den Lebensmitteleinzelhandel haben es auch solche Produkte bisher nicht systematisch geschafft.

Insekten unauffällig machen

Das Start-up steht noch für einen Trend: Insekten gar nicht unbedingt als Ganzes zu vermarkten, sondern als möglichst unauffälligen Baustein für die Nahrungsmittelversorgung. Und so landen die Grillen aus der Zucht als Bestandteil in Nudeln. Ganz verstecken lässt sich das aber nicht. „Das hat einen gewissen Eigengeschmack“, sagt Schuhwerk. „Ein bisschen wie bei einer Vollkornnudel.“

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Aber es gibt noch ein Problem: Solche Nudeln kauft nicht das Massenpublikum im Supermarkt, das auf weiße Teigwaren pocht, sondern der Kunde im Bioladen. „Es gibt aber wiederum keine Bioinsekten“, sagt die Beneto-Chefin. In der EU gibt es schlicht noch keine Regularien dafür. Die Insekten müssten beispielsweise mit Biofutter gefüttert werden.

Bio ist ein Problem

Rein theoretisch könnte man das Grillenmehl bis zu einer geringen Grenze dennoch Bioprodukten beimischen. „Aber das halten wir für keine ehrliche Strategie. Wir sind da lieber ganz transparent.“ Und so entwickelt Beneto durch gezielte Zucht die Grillen so weiter, dass sie bei der Verwertung weniger und weniger Eigengeschmack haben. Immerhin sind in den vergangenen Jahren einige Hürden für die Verwendung von Insekten in Lebensmitteln gefallen. Die von Beneto verwendete Hausgrille erhielt im Februar die EU-Zulassung als Lebensmittel. Zuvor waren bereits Mehlwurm und Wanderheuschrecke entsprechend genehmigt worden.

Insekten brauchen besseres Image

Doch nach einer gewissen Euphorie in den vergangenen Jahren wird immer klarer, dass vor dem Geschäft mit Insekten in Deutschland noch ganz grundlegende Hausaufgaben stehen. „Ich glaube, dass es die Unternehmen aus eigener Kraft nicht schaffen werden, das Image von Insekten als Nahrungsmittel zu etablieren“, sagt Schuhwerk. Wenn man mit dem Klimaschutz bei der Nahrungsmittelproduktion durch verstärkten Einsatz von Insekten ernst machen wolle, dann müsse der Staat auch die nötige Kampagne fahren. Schulen, Kindergärten und Kindertagesstätten seien dafür das beste Einfallstor: „Wenn sie Kindern erst gar nicht anerziehen, dass Insekten eklig sind, dann werden die selbstverständliche Normalität.“

Noch fehlen Grundlagen

Doch letztlich wird die Nahrungsmittelrevolution erst vorankommen, wenn entscheidende Grundlagen gelegt sind. Noch ist die Produktion von Produkten aus Insekten vergleichsweise teuer. Beneto hat deshalb einen Ableger namens Beneto Farm gegründet, der ökonomischere Zuchtboxen für Insekten entwickeln soll. Heute werden Insekten meist in kleinen Kästen gezüchtet, oft nicht größer als 70 Liter. Doch 2000 in eine Fabrikhalle zu stellen, um auf die nötigen Produktionsmengen zu kommen, ist unwirtschaftlich, weil darin auch sehr viel Handarbeit steckt. Das Konzept von Beneto sieht vor, eine automatisierte Grillenfarm in Größe eines Seefrachtcontainers zu entwickeln.

Weitere Start-ups im Land

Allein zwei weitere Start-ups aus Baden-Württemberg widmen sich ebenfalls der Frage, wie die Zucht effizienter und wirtschaftlicher werden kann. Das Unternehmen Larvest aus dem benachbarten Balingen ist beispielsweise aus der Tech Start-up School am selben Ort hervorgegangen. Hier entwickelt man Technologien zur gezielten Überwachung bei der Aufzucht von Mehlwürmern und spezielle Fütterungstechnologien, die es erlauben sollen, bei den Tieren genau die Zusammensetzung zu erreichen, etwa den Proteingehalt, der am Ende für das Produkt gewünscht wird.

Das Karlsruher Start-up Alpha-Protein arbeitet an der Automatisierung des Zuchtprozesses im Ganzen. Hier soll im November an einem noch nicht genannten Standort in Baden-Württemberg eine Großanlage zur Zucht von Mehlwürmern an den Start gehen.