Die Künstler Marc Zwingelberg (Trompete) und Julia-Laura Andrei (Klavier) mit Dina Bühler (links), Geschäftsführerin der Stiftung Eigen-Sinn, Landrat Klaus Michael Rückert und Ulrike Haist (rechts) Foto: Waltraud Günther

Ein grandioses Benefizkonzert bescherte die Stiftung Eigen-Sinn dem Publikum in der voll besetzten Taborkirche.

Freunde, Förderer, Weggefährten und Gäste waren am Sonntagabend gekommen, um mit Julia-Laura Andrei am Klavier und Marc Zwingelberg an der Trompete zwei herausragende Musiker hören und genießen zu können.

 

Beide Künstler sind in Freudenstadt keine Unbekannten: Die aus Rumänien stammende Konzertpianistin Andrei unterrichtet unter anderem an der Musik- und Kunstschule Region Freudenstadt, der in Freudenstadt geborene und aufgewachsene Zwingelberg ist Solotrompeter an der Norddeutschen Philharmonie Rostock und gastiert weltweit.

Gemeinsam boten die beiden Musiker anspruchsvolle Kammermusik der Extraklasse. Eine Klasse, die sich sowohl auf die eigene Virtuosität und das eigene Können als auch auf die sensible Wahrnehmung der Musik des jeweils anderen Künstlers gründet.

Passend zum Motto des Konzertabends „Frieden“ hatte sich Zwingelberg Kerzenlicht und den Verzicht auf lange Reden gewünscht. Deshalb hatte er auch – der sanfteren Klänge wegen – darauf verzichtet, auf einer Bachtrompete zu spielen. Seinem ehemaligen Musiklehrer Christof Ruetz oblag es, die Stücke anzukündigen und die zum Thema Frieden passenden Texte vorzutragen.

Stimmungsvoller Beginn

Stimmungsvoll eröffnet wurde der Konzertabend mit Gustav Mahlers „Urlicht“. Vom ersten Ton an überzeugte Zwingelberg dabei durch lupenreine Trompetenklänge und durch deren Klangschönheit, von dumpf und matt bis strahlend und hell. Andrei bewies sich dagegen als virtuose Klavierspielerin, die mit Dynamik, Emotion und unglaublichem Fingersatz große musikalische Gefühle vermittelte.

Mit dem mal wehklagend, mal jubilierend interpretierten „Kol Nidrei“ von Max Bruch sorgte Zwingelberg, sensibel begleitet von Andrei, anschließend für Gänsehautgefühle im Kirchenschiff. Die dargebotene Interpretation des bis heute am Versöhnungstag gesprochenen Abendgebets bewirkte atemlose Stille – und erfüllte den Klangraum bis in den letzten Winkel mit Emotionen, Wohlklang und Harmonie. Einprägsame Melodien bot demgegenüber das Stück „Wo die schönen Trompeten blasen“ aus „Des Knaben Wunderhorn“ von Gustav Mahler.

Mit dem auswendig gespielten Stück „Des Abends“ von Robert Schumann bewies Andrei auch ihre hohe technische Kompetenz als Solistin sowie große Musikalität und Ausdruckskraft. Bei allen Melodiebögen von laut zu leise, von sehr tief zu sehr hoch, von schnell zu langsam und vom Einzelton zu den Akkorden flitzten ihre Finger nur so über die Tasten.

Weitere Höhepunkte des Abends bildeten Oskar Lindbergs wunderbar interpretiertes Liebeslied „Gammal fäbodpsalm von Dalarna“ und die „Nocturne Nr. 20 in cis-Moll“ von Frederic Chopin. Unglaublich präsent bewies Zwingelberg dabei, dass er seiner Trompete – stets mit brillantem Klang – sowohl feierliche, sanfte als auch lyrisch bewegte Töne in den verschiedensten Artikulationsarten entlocken kann.

In der Welt zuhause

Er sei sehr dankbar, dass er dieses Konzert in seiner Heimatstadt für die Stiftung Eigen-Sinn habe spielen dürfen, so der 31-Jährige Zwingelberg nach dem Konzert. Dankbar zeigte sich auch Landrat Klaus-Michael Rückert, dass es sich Zwingelberg als jemand, der in der Welt zuhause und in Freudenstadt daheim sei, nicht nehmen lasse, jedes Jahr für Eigen-Sinn ein Benefizkonzert zu geben, und Andrei sich bereiterklärt habe, ihn dabei zu begleiten. Froh zeigte sich Rückert aber auch, dass mit der Kinderwerkstatt in Freudenstadt ein Ort existiert, an dem derzeit 182 Kinder und Jugendliche gefördert und in ihrem Selbstwert gestärkt werden.

Das Publikum dankte für diesen besonderen Konzertabend mit langem, stehendem Applaus – und mit Spenden am Ausgang.

Die Künstler und die Stiftung

Marc Zwingelberg
 Als Kind und Jugendlicher nahm Marc Zwingelberg über einen längeren Zeitraum an den Angeboten der Kinderwerkstatt Eigen-Sinn teil. Über viele Jahre lang erhielt er zudem in der Freudenstädter Musik- und Kunstschule Trompetenunterricht bei Christian Pöndl, dem damaligen Musikschulleiter. Zwingelberg nahm an vielen Wettbewerben teil, war Mitglied der Kepler-Big-Band und im Schulorchester bei Christof Ruetz. Nach dem Abitur am Keplergymnasiums absolvierte Zwingelberg ein Musikstudium; sein Masterstudium schloss er in Lübeck mit Bestnote ab. Heute tritt er mit renommierten Orchestern wie den Berliner Philharmonikern und als Solist international auf. Im Sommer übernimmt er eine Gastprofessur in Austin/Texas.

Julia-Laura Andrei
Die in Rumänien geborene Julia-Laura Andrei gewann bereits mit zehn Jahren ihre ersten Klavierwettbewerbe, mit zwölf Jahren gestaltete sie schon eigene Klavierabende. Andrei studierte Musik zunächst in Bukarest, später an der Hochschule für Musik in Trossingen, ihre Ausbildung absolvierte sie bis zur Konzertreife. Andrei unterrichtet an der Musik- und Kunstschule Region Freudenstadt und an der städtischen Kunstschule Nagold und kann inzwischen viele erfolgreiche Schüler vorweisen. Dazu gehört auch Zwingelberg, der bei ihr Klavierunterricht hatte. Andrei und Zwingelberg verzichteten zugunsten der Stiftung Eigen-Sinn auf jegliche Gage.

Stiftung Eigen-Sinn
Die Kinder- und Jugendwerkstatt Eigen-Sinn ist ein Ort in Freudenstadt, der Familien mit Kindern und Jugendlichen mit unterschiedlichen Bedarfslagen Unterstützung bietet. Die gemeinnützige Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, Kindern eine bessere Zukunft zu stiften. Bereits seit mehr als 20 Jahren gibt die Stiftung Kindern und Jugendlichen, bei denen das Leben bereits Spuren hinterlassen hat, Hilfestellung.