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Andere starten schon mit 18 durch, bei Benedikt Röcker hat es fünf Jahre länger gedauert. „Die Zeit habe ich gebraucht“, sagt der Spätzünder. Beim VfB Stuttgart soll er in der Innenverteidigung die Lücke füllen, die Maza hinterlassen hat.

Belek - Wenn es einen Rekord zu brechen galt, dann hat Benedikt Röcker ihn jetzt in der Tasche: Mit 1,97 Metern ist er der längste Profi im aktuellen VfB-Kader. Na gut, er hatte auch mit den längsten Anlauf, bis seine Profilaufbahn endlich begann. Mit 23 Jahren hat er jetzt seinen ersten Vertrag (bis 2015) unterschrieben. Das ist ungewöhnlich in einer Zeit, in der die Leistungszentren ihre Talente in die Bundesliga katapultieren, noch ehe sie allein ein Auto fahren dürfen.

Benedikt Röcker, den alle Benno nennen, ist eine Ausnahme. Er ist mit 19 Jahren den traditionellen Weg gegangen, von einem kleinen Verein (FV Löchgau) zu einem größeren (2009 zur SG Sonnenhof Großaspach) und im Januar 2011 zum VfB II, wo er sich als Stammspieler etablierte. „Ich bin mit dem Hintergedanken zum VfB gekommen, dass ich den Sprung schaffen kann“, sagt er. Jetzt ist er am Ziel und rückt anstelle des Mexiko-Rückkehrers Maza ins Team, was er als „Auszeichnung“ empfindet: „Der VfB war ein Kindheitstraum von mir. Ich bin schon als Bub in der Kurve gestanden und war auch 2007 als Zuschauer beim Pokalendspiel gegen Nürnberg in Berlin.“

Fußball gehört zum Leben der Familie Röcker

Kein Wunder: Fußball gehört einfach zum Leben der Großfamilie Röcker. Benedikts Cousin Julian Schuster (27) ist Profi beim SC Freiburg, sein anderer Cousin Robin Schuster (25) spielt in Großaspach. „Julian hat mir gleich eine SMS geschickt und mir gratuliert“, sagt Röcker. Ein anderer Gratulant war Gotoku Sakai, und das war wechselseitig: Auch Röcker beglückwünschte den Rechtsverteidiger, der ebenfalls am Donnerstag seinen Vertrag beim VfB bis 2016 verlängerte.

Sakai, selbst erst 21 Jahre jung, kennt seinen Mitspieler nun schon ein paar Wochen, seit dieser erst sporadisch und dann konstant mit den Profis trainierte. Für alle anderen aber gilt: Wer ist dieser Benedikt Röcker?

Benedikt Röcker stammt aus Bietigheim und geht gern ins Kino

Als gebürtiger Bietigheimer, das ist nicht zu überhören, stärkt er das schwäbische Element im Kader. Nach seinem Realschulabschluss lernte er drei Jahre lang Bürokaufmann. Der begeisterte Kinogänger („Actionfilme und gern was zum Lachen“) bezeichnet sich als „offenen, lustigen Typen“, er hört House und Chartmusik, liebt das Familienleben und geht bevorzugt mit seinen Kumpels in Löchgau weg. „Manche können es gar nicht glauben, dass ich jetzt mit solchen Stars wie Sven Ulreich und Vedad Ibisevic zusammenspiele“, sagt er. Dass seine Kumpels ihn Löcher in den Bauch fragen, stört ihn nicht. Er genießt seine neue Welt: „Ich erzähle das gern.“

Röcker ist ein bodenständiger Mensch, er bringt etwas Urwüchsiges beim VfB ein und ist erfrischend natürlich. Dennoch zählt am Ende nur die Leistung. „In der dritten Liga habe ich meine Fehlerquote abgestellt. In der Bundesliga wird aber noch mehr Konzentration und Konstanz von mir gefordert“, sagt er. Da weiß er sich bei Serdar Tasci und Georg Niedermeier in besten Händen: „Ich versuche, von beiden viel abzuschauen. Mir kann nichts Besseres passieren, als mit ihnen zu trainieren und zu spielen.“ Letzteres war ihm zumindest mit Niedermeier schon zweimal vergönnt, wenn auch nur für ein paar Sekunden. Im Dezember feierte er gegen Molde FK sein Debüt in der Europa League und gegen Mainz seinen Einstand in der Bundesliga: „Am Ende ist alles sehr schnell gegangen. Ich habe die Winterpause genutzt, um alles rasch zu verarbeiten.“

Und wenn ihn einer auf sein spätes Profidebüt mit 23 anspricht, sagt er: „Mein Weg sollte so sein. Jetzt kann ich sagen: Ich habe alles richtig gemacht.“ Recht hat er.