Manuela Feuchter fährt in Friesenheim mit den E-Scooter zu Pflegebedürftigen. Foto: Köhler/

Manuela Feuchter aus Oberweier fährt ihre Tour mit dem E-Scooter. Die 32-Jährige hat keinen Führerschein und kann so trotzdem ihrem Job beim Pflegewerk Ortenau in Friesenheim nachgehen. Bei Wind und Wetter ist sie an der frischen Luft unterwegs.

 
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Regen oder Schnee machen ihr nichts aus. Wenn Manuela Feuchter mit ihren E-Scooter ihre Pflegerunde dreht, freut sie sich, an der frischen Luft zu sein. Nachteile gegenüber ihren Kollegen, die mit den Firmenautos unterwegs sind, erkennt sie kaum welche. Im Gegenteil: „Ich bin schneller“, sagt Feuchter. Denn sie spart sich vor allem eine lästige Parkplatzsuche.

Feuchter hat im September 2022 beim ambulanten Pflegedienst „Pflegewerk Ortenau“ in Friesenheim angefangen. Zuvor hatte sie unter anderem in Kehl zwei Wirtschaften betrieben. Diese musste sie aufgrund der Corona-Krise schließen, erzählt sie im Gespräch mit unserer Redaktion. Mit dem Pflegebereich habe sie praktisch nichts zu tun gehabt, durch Bekannte und Verwandte habe sie jedoch Interesse an dem Beruf entwickelt. Nach dem Umzug nach Oberweier habe sie sich bei verschiedenen Pflegediensten beworben, beim Pflegewerk Ortenau schließlich mit Erfolg.

Nicht so anstrengend wie zunächst befürchtet

„Ich habe direkt im ersten Gespräch gesagt, dass ich keinen Führerschein habe“, berichtet Feuchter. Die Leiterin des Pflegewerks, Nicole Wolff, habe dann nachgehakt, wie Feuchter sich die Arbeit als Pflegerin vorstelle. „Ich mache das mit dem E-Scooter“, antwortete Feuchter, was überzeugte. Sie bestellte sich den Roller und konnte loslegen.

„Der erste Tag war sehr aufregend“, berichtet Feuchter weiter. Erfahrung mit dem Elektroroller habe sie noch keine gehabt. Entsprechend wusste sie auch gar nicht, ob der Akku die Tour überhaupt durchhält. Doch letztlich habe alles geklappt. „Ich habe es mir anstrengender vorgestellt“, sagt die 32-Jährige.

Zu Beginn der Tour schnallt sie sich ihren Rucksack um. Dann macht sie sich auf den Weg. Kunden in Friesenheim, Oberweier und Heiligenzell könne sie direkt mit dem E-Scooter erreichen. Sie erlebe dabei einige Vorteile im Vergleich zum Auto. „Die Parkplatzsuche fällt weg, ich komme besser durch Seitenstraßen und muss nicht so sehr auf den Gegenverkehr achten“, zählt die Pflegerin auf. Auch das Ein- und Aussteigen koste ihre Kollegen und Kolleginnen Zeit, die Manuela Feuchter anders nutzen kann. „Ich kann mir für die Kunden Zeit nehmen“, freut sie sich.

Die Senioren würden erst einmal staunen, wenn die junge Frau mit ihren E-Scooter ankommt. „Der Gesichtsausdruck sagt eigentlich schon alles“, erzählt Feuchter lachend. Doch nach der ersten Überraschung begrüßten die Senioren sie freundlich. „Manche Männer fragen mich, ob sie auch einmal den Roller fahren dürfen“, sagt die 32.Jährige. Doch diesen Wünschen müsse sie eine Absage erteilen – aus Versicherungsgründen.

Die rasende Pflegerin werde in Friesenheim öfters wiedererkannt und könne vom E-Scooter viel leichter grüßen als vom Auto aus. „Viele sprechen mich an und sind hellauf begeistert“, sagt Feuchter. Es gebe jedoch auch Nachteile: „Ich bin nicht so flexibel wie mit dem Auto“. Denn weiter entfernte Einsatzorte seien mit dem Roller allein nicht zu erreichen. Für beispielsweise Zunsweier ließ sich eine Lösung finden. „Ich klappe meinen E-Scooter zusammen, packe ihn ins Auto und meine Kollegin nimmt mich mit“, berichtet die 32-Jährige. Nach ihrer Tour werde sie wieder zurück nach Friesenheim genommen.

Neuer Versuch für den Führerschein geplant

Auch wenn alles bislang gut klappt, möchte Manuela Feuchter den Führerschein wieder in Angriff nehmen. Die ersten Versuche habe sie abgebrochen, nachdem sie als Beifahrerin mehrere Unfälle erlebte. „Das hat mich traumatisiert“, erklärt sie. Nun wolle sie einen neuen Versuch wagen. Wenn sie dann den Führerschein hat, will sie auf den E-Scooter jedoch nicht verzichten. Stattdessen könne sie sich vorstellen, selbst mit dem Auto in andere Einsatzgebiete zu fahren, dieses dort abzustellen und dann die Tour wie gewohnt mit dem Scooter zu erledigen.

„Es ist schön, an der frischen Luft zu sein, wenn man vorher in einem stickigen Badezimmer war“, erläutert die Pflegerin ihre Motivation dafür. Außerdem freue sie sich schon auf den Sommer, wenn es wärmer wird. „Ich stelle mir das richtig schön vor, dann den Sonnenaufgang zu erleben“, sagt Feuchter. Das entschädigt dann für so manche Fahrt durch strömenden Regen.

Weitere Touren möglich

Nicole Wolff, Leiterin des Pflegewerks Ortenau, das sie im April 2021 ins Leben gerufen hat, erzählt, dass sie sich durchaus vorstellen könnte, weitere Touren mit dem E-Scooter zu organisieren. Auch über einen firmeneigenen E-Scooter denke sie nach. „Ich hatte schon viele Bewerber ohne Führerschein. Ich bin früher selbst nicht auf die Idee gekommen, wie das funktionieren könnte“, sagt sie.