Das DFB-Pokalfinale wird der Björn Steiger Stiftung als große Bühne dienen. Foto: Björn Staiger Stiftung/dpa

Die Kampagne „Herzsicher“ soll in Kooperation mit dem DFB-Pokalfinale dafür sorgen, dass Reanimationen positiv enden. Wir haben mit der Börn-Steiger-Stiftung darüber gesprochen.

Ende April hatte es ein Kreisliga-Spiel in die Schlagzeilen geschafft, allerdings nicht aus sportlichen Gründen. Beim Kellerduell zwischen der SGM I Sulz/Sigmarswangen/Holzhausen und der SGM Dettlingen-Bittelbronn/Schopfloch/Dießen war in Sigmarswangen im Kreis Rottweil ein Gästespieler auf dem Rasen zusammengebrochen, er musste wiederbelebt werden. Dies gelang einer Ersthelferin dank eines Defibrillators.

 

Die Krankenschwester Rebecca Kerner war eigentlich nur als Zuschauerin vor Ort. An Nachmittag des 27. April 2025 wurde sie aber zur Heldin, weil sie blitzschnell reagierte und den Kicker der SGM Dettlingen-Bittelbronn/Schopfloch/Dießen zurück ins Leben holte.

Mit einer Herzdruckmassage und dem Einsatz eines Defibrillators konnte das Leben des 26-Jährigen gerettet werden. Fast wäre es aber gar nicht zur Lebensrettung gekommen, da es im Sportheim der heimischen SGM I Sulz/Sigmarswangen/Holzhausen keinen Defibrillator gab und das nächste Gerät ein paar Minuten vom Sportplatz entfernt war.

Die Rettungsaktion von Kerner ging zwar gut aus, doch mit knapp 348.000 Todesfällen war die Herz-Kreislauf-Erkrankungen laut dem statistischen Bundesamt im Jahr 2024 die häufigste Todesursache in Deutschland – noch vor Krebserkrankungen (circa 230.000 Todesfälle).

Was beutetet es, „herzsicher“ zu sein?

Doch nicht jeder hat eine medizinische Ausbildung und weiß, wie man sich in so einer Situation richtig zu verhalten hat. Daher die berechtigte Frage: Wie wird ein Defibrillator richtig benutzt und was ist zu beachten? Hier kommt der Deutsche-Fußballbund ins Spiel.

Das Finale des diesjährigen DFB-Pokals zwischen dem VfB Stuttgart und Arminia Bielefeld (24. März, 20 Uhr) dient als Plattform, um die Kampagne „Herzsicher“ zwischen dem DFB, der Deutschen Herzstiftung und der Björn-Steiger-Stiftung vorzustellen. Deshalb werden die Schiedsrichter auch mit aufgedruckten Herzen auf ihrer Arbeitskleidung zu sehen sein.

Die Deutsche Herzstiftung komplettiert das Stiftungs-Trio. Foto: dpa/Jörg Carstensen

Bei der Björn-Steiger-Stiftung kann sich jeder anmelden, um an der Kooperation teilzunehmen. Ziel der drei Parteien ist es, durch kostenlose Reanimations-Trainings lebensrettende Fähigkeiten in der Gesellschaft zu verankern.In den meisten Ländern Europas sei das Wissen der Bevölkerung über Maßnahmen zur Herzdruckmassage viel höher als bei uns in Deutschland, bemängelt Präsident Pierre-Enric Steiger, der Bruder des 1969 bei einem Unfall verstorbenen Björn Steiger. Damit ist gemeint, dass in weniger als vier von zehn Fällen eine lebensrettende Reanimation durch Laien durchgeführt wird, obwohl Beteiligte vor Ort sind.

Der Präsident der Björn-Steiger-Stiftung beschreibt den Zustand des deutschen Rettungsdienstes zudem als mangelhaft und frustrierend: „Bis zur Jahrtausendwende wurde Deutschland weltweit für unseren Rettungsdienst und die Arbeit meiner Eltern bewundert. Mittlerweile sind wir insbesondere den Skandinaviern weit hinterher und im internationalen Vergleich agieren wir von der Struktur auf Augenhöhe mit dem Kongo. Auf internationalen Kongressen werde ich regelmäßig gefragt, wann und wo Deutschland falsch abgebogen ist“.

Anleitung für Defibrillatoren

Liegt bei einem Menschen ein Herz-Kreislauf-Stillstand vor, kann ein Defibrillator das Leben des Betroffenen retten. Das Gerät bringt mit Elektroschlägen das Herz der betroffenen Person in den richtigen Rhythmus. Zunächst einmal muss der Notarzt alarmiert und die Kleidung des Patienten vom Brustkorb entfernt werden. Zudem muss die Brust getrocknet werden.

Danach kommt der Defibrillator zum Einsatz. Öffnet man das Gerät und schaltet es ein, spricht es sofort und leitet den Laien durch alle Schritte und prüft diese. Man findet dort zwei Elektroden-Pads. Eines davon muss beim Patienten im oberen Bereich des Schlüsselbeines der rechten Brusthälfte angebracht werden, das andere Pad sollte auf der linken Seite am unteren Ende des Herzens . Im Anschluss wird der Knopf des „Defis“ bedient – aber nur dann, wenn kein anderer Mensch Körperkontakt zum Erkrankten hat.

Ein neuer Begleiter

Nach dem Elektroschock geht es mit der Herz-Druck-Massage weiter. Während des ganzes Prozess gibt eine Stimme aus der Defibrillator die richtigen Anweisungen, um als Helfer in der Extremsituation trotzdem einen Leitfaden zu haben.

Der Defibrillator ist für viele Menschen jedoch nicht das einzige Gerät, auf das ihr Herz nach einer Herzattacke angewiesen sein wird. Viele Betroffene leben im Nachgang mit einen Herzschrittmacher in der Brust weiter. In Deutschland tragen etwa 26.000 Menschen einen implantierten Herz-Defibrillator im Körper. Das Gerät hat die Größe einer Streichholzschachtel und erkennt lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen, welche es mit einem Stromschlag beenden kann.

Eine neue Veränderung dank Familie Steiger?

Vater Siegfried (1929 – 2022 †) war Gründer der Björn Steiger Stiftung und gemeinsam mit seiner Frau Ute hauptverantwortlich dafür, dass es heute den Notruf 110/112 gibt. Im Jahr 1969 starb Björn Steiger, das älteste Kind der Familie, auf dem Heimweg von einem Schwimmbad-Besuch: Der achtjährige Björn war in Winnenden (Rems-Murr-Kreis) von einem Auto angefahren worden.

Der Rettungsdienst nämlich traf erst nach mehreren Kontaktversuchen nach über einer Stunde ein. Die tragische Konsequenz: Björn starb auf dem Weg ins Krankenhaus - nicht aufgrund der Unfallverletzungen, sondern infolge eines Schocks.

2016: Pierre-Enric (links) und Siegfried Steiger (rechts). Foto: picture alliance / dpa

Der heutige Präsident, zum Zeitpunkt des Unfalles übrigens noch nicht geboren, appelliert daran, bei einer Reanimation nicht zu zögern: „Bei einer Herz-Druck-Massage muss man sich auf das wichtigste fokussieren und sich nicht fragen, ob man später angezeigt wird, wenn man der anderen Person eine Rippe bricht. Ein Rippenbruch ist bei der Reanimation nichts seltenes.“ Außerdem führt er fort: „Man muss schnell feststellen, was die andere Person hat. Bei einem Herzproblem oder Schlaganfall muss schnell reagiert werden.“

Gleichsetzung mit Feuerlöschern?

Früher hat ein Defibrillator bis zu 15.000 Deutsche Mark gekostet aber mittlerweile gibt es „Defis“ für 600 Euro. Wenn es so viele Defibrillatoren wie Feuerlöscher gäbe, meint Steiger, würde jeder „Defi“ ähnlich viel wie ein Feuerlöscher kosten. „Mein Vater hat gefordert, dass es gesetzliche Vorgaben für Defibrillatoren geben sollte, entsprechende Gesetzesvorlagen wurden bislang vom Parlament aber nicht beschlossen.“

Außerdem sieht er den Rettungsdienst als Opfer des Systems: „Es macht einfach keinen Sinn, dass der Rettungsdienst nur pro Einsatz und nicht für seine medizinische Leistung bezahlt wird. Die Abrechnung macht keinen Unterschied, ob sie einen verunglückten Motorradfahrer oder jemanden mit einem harmlosen Splitter abholen“, wobei zumindest in Baden-Württemberg mittlerweile auch die reine medizinische Leistung eine Rolle bei der Vergütung spielt – das entscheidet jedes Bundesland selbst.

Ein weiteres Problem aus Sicht von Steiger ist die Tatsache, dass Deutschland mit 248 Leitstellen mehr als die EU und Großbritannien zusammen haben. Sein Tipp: Der Rettungsdienst muss umstrukturiert werden. „Wir brauchen weniger, aber dafür größere Leitstellenstrukturen mit mehr Personal“.

Um seine Ideen durchzusetzen, haben Steiger und seine Tochter Noemi-Victoria bereits eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe abgesetzt. „Die politischen Rahmenbedingen machen es uns schwer, aber wir bleiben dran. In anderen Ländern ist es verpflichtend, dass Beamte wie Polizisten, Feuerwehrleute und sogar Mitarbeiter aus dem Ordnungsamt korrekt ausgebildet werden, um im Notfall von der Leitstelle alarmiert zu werden, erste Hilfe zu leisten.“

Sigmarswangen ein Paradebeispiel

Der Vorfall aus Sigmarswangen erinnert auch an den Zusammenbruch von Christian Eriksen bei der Fußball-EM 2021. Zwar kehrte der Däne nach einer achtmonatigen Spielpause zurück auf den Rasen, doch seither ist er mit einem Schrittmacher in der Brust ausgestattet. Ein unschöneres Ende nahm wiederum der Herztod von Davide Astori im Jahr 2018. Kurz vor einem Auswärtsspiel starb der 31-jährige Italiener im Mannschaftshotel des AC Florenz.

Eriksen brach gegen Finnland zusammen. Foto: dpa/Martin Meissner

Im April 2024 starb der 36-jährige Torhüter der Spvgg Aldingen im Training an einem Herzinfarkt. Einige Monate später erlitt ein Akteur des TSV Trillfingen eine Herzattacke im TSV-Sportheim, auch wenn er im Anschluss an eine doppelte Herzoperation überlebte.

Der jüngste Fall in Sigmarswangen hat gezeigt, dass durch das richtige Wissen einem Menschen das Leben gerettet werden kann.