Ein Handschuh aus Wolle aus dem Mittelalter ist bei der Präsentation bedeutender Textilfunde aus dem 16. und 17. Jahrhundert zu sehen. Foto: dpa/Alicia Windzio

Bauarbeiter entdeckten in Bremen vor Jahren einen mittelalterlichen Graben. Nun ist klar: Er ist eine echte Fundgrube.

Stricksocken, Handschuhe und Borten: Archäologen haben in Bremen 7000 Textilfragmente aus dem 16. und 17. Jahrhundert entdeckt. „Das ist etwas ganz Besonderes, weil Archäologen sonst kaum Stoffe finden“, sagt Dieter Bischop von der Landesarchäologie Bremen. Die Funde seien bundesweit einmalig und europaweit von Bedeutung.

 

Alter Graben erweist sich als Fundgrube

Bauarbeiter stießen bei Grabungen im Jahr 2007 auf einen mittelalterlichen Stadtgraben. Die Wehranlagen seien im Zuge des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) umgebaut und der alte Graben zugeschüttet worden, erklärt Bischop.

Die Bremer entsorgten dort damals alles, was sie nach der Pest loswerden wollten. Archäologen bargen neben Schmuck, Münzen und Waffen auch Kleidung, Schnittmuster, eine Schere und Nadeln.

Schere und Nadeln aus dem Mittelalter. Foto: dpa/Sina Schuldt
Bauarbeiter stießen bei Grabungen 2007 auf rund 7000 Textilfragmente in einem mittelalterlichen Stadtgraben. Die Funde legen nahe, dass sich dort im Mittelalter eine Schneiderei befand. Foto: dpa/Sina Schuldt
Kindersocke aus dem Mittelalter. Foto: dpa/Sina Schuldt
Textilfragment aus Seide. Foto: dpa/Sina Schuldt
Instrumente der mittelalterlichen Textilindustrie. Foto: dpa/Alicia Windzio

Die Funde legen nach Angaben der Experten nahe, dass sich dort im Mittelalter auch eine Schneiderei befand. Das Bürgertum brachte um 1600 seine Kleidung zum Flicken und Ändern in die Werkstatt.

„Textilien hatten einen hohen Wert. Sie waren kostbar, wurden gepflegt und repariert“, betont Annette Schieck, Leiterin des Deutschen Textilmuseums in Krefeld. Die Stoffe stammen zum Teil aus Bremen, aber auch aus den Niederlanden und Großbritannien.

Bremer Tiphoiken

Die Archäologen entdeckten auch eine Besonderheit aus Bremen – ein sogenanntes Tiphoiken.

Ein sogenanntes Tiphoiken, eine Bremer Besonderheit, ist bei der Präsentation bedeutender Textilfunde aus dem 16. und 17. Jahrhundert zu sehen. Das Horn aus dunklem Stoff war wie eine Kapuze an einem Umhang für Frauen angebracht. Foto: dpa/Sina Schuldt

Das Horn aus dunklem Stoff war wie eine Kapuze an einem Umhang für Frauen angebracht. Es diente nach Angaben der Forscher als Gegengewicht, damit der schwere Umhang nicht von den Schultern rutschte. Möglicherweise konnten Frauen über das Horn auch ein Stück Stoff legen, um sich damit vor Regen zu schützen.