Der Bauherr hofft auf einen schnellen Start, doch das ist nun fraglicher denn je. Foto: Dold

Die Bombe ist im nichtöffentlichen Teil des Verwaltungsausschusses geplatzt: Der Bebauungsplan Schönblick von 1999 ist zumindest problematisch – und könnte gar nichtig sein. Damit wäre das geplante Großbauprojekt in akuter Gefahr.

Schramberg-Sulgen - Der Grund: "Der Bebauungsplan von 1999 könnte aufgrund einer fehlenden Höhenfestsetzung eventuell nichtig sein", teilt Susanne Gorgs-Mager, Sprecherin der Stadtverwaltung, auf Nachfrage unserer Redaktion mit.

Bei einem fehlerhaften Bebauungsplan hätte eine Klage gegen diesen gute Aussichten. Die Bürgerinitiative Schönblick (BI) spricht von "Monsterbauten" und wehrt sich nach wie entschlossen gegen das Bauvorhaben in seiner derzeitigen Form – wie jüngst mit einer Petition. Weil auch eine Anwaltskanzlei eingeschaltet ist, wäre es für diese voraussichtlich ein Leichtes, das Vorhaben zu Fall zu bringen.

Bürgerinitiative wünscht andere Bebauung

Die BI hat indes in der Vergangenheit ihren Standpunkt mehrfach deutlich gemacht: Man sei nicht gegen eine Bebauung, wohl aber gegen die geplanten "Monsterbauten", wie es jüngst bei einer Diskussionsveranstaltung mit Stadtverwaltung und Gemeinderäten im Rathaus hieß.

Susanne Gorgs-Mager indes informiert über das Vorgehen der Stadtverwaltung: "Rechtmäßiges Handeln ist uns als Behörde sehr wichtig. Aus diesem Grund hatten wir für die Prüfung einiger für das Bauvorhaben Schönblick notwendiger Befreiungen eine Anwaltskanzlei beauftragt."

In Kontakt mit Anwalt und Bauherr

Dabei habe sich nun herausgestellt, dass der Bebauungsplan aus dem Jahr 1999 nicht korrekt sein könnte. Zu diesem Sachverhalt stehe die Verwaltung sowohl mit der Anwaltskanzlei als auch dem Bauherren, die Familie Faißt, in engem Kontakt. Die Sprecherin weiter: "Derzeit sind wir dabei, gemeinsam mit der Bauherrschaft und der Anwaltskanzlei eine gangbare Lösung zu erarbeiten." Sobald sich diese Lösung konkretisiere, könne die Verwaltung mehr sagen.

Angeboten werden sollen laut den Vertretern des Bauherren in drei Gebäuden drei Einzimmer-, neun Zweizimmer-, je sechs Drei- und Vierzimmer- und eine Fünfzimmerwohnung. Für diese sind 35 Stellplätze geplant. Die Wohnungen besitzen eine Größe von 34 bis 136 Quadratmetern. Das vorderste und hinterste Gebäude soll je sieben Wohneinheiten erhalten, das mittlere deren elf. Angesichts des Mangels an Wohnraum wäre der Stadtverwaltung des Bauprojekt willkommen.

Gegenpartei liegt Gutachten noch nicht vor

Die Anwaltskanzlei Schrade und Partner aus Freiburg, die die BI vertritt, gibt hierzu auf Anfrage folgende Stellungnahme ab: "Nachdem der Schwarzwälder Bote am Dienstag, 7. Juni, in der Kanzlei anrief und uns den Anlass des Anrufes (›angeblich fehlerhafter Bebauungsplan‹) mitteilte, haben wir uns bei der Stadtverwaltung Schramberg telefonisch nach dem Stand erkundigt. Die Stadtverwaltung bestätigte uns, dass ein von der Stadt in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten zu dem Ergebnis gekommen sei, dass der für das Bauvorhaben maßgebliche Bebauungsplan ›Bergstraße – Schönblick – Hardtstraße‹ fehlerbehaftet ist. Das entsprechende Rechtsgutachten liegt uns und unserer Mandantschaft bislang nicht vor".

Und weiter: "Wir sind vor diesem Hintergrund weiterhin der Auffassung, dass die für das Bauvorhaben beantragte Baugenehmigung nicht rechtmäßig erteilt werden kann. Dementsprechend rechnen wir mit der Ablehnung des Bauantrags oder dessen Rücknahme durch die Bauherrengemeinschaft Schönblick GbR. Sollte die Stadt Schramberg nunmehr ein neues Bebauungsplanverfahren initiieren, würde unsere Mandantschaft dies als eine Chance auf einen transparenten demokratischen Planungs- und Meinungsbildungsprozess zur Verwirklichung einer angemessenen Bebauung im Schönblick begrüßen."

Kommentar

Abspecken

Von Martin Dold

Nun hat sich der Wind gedreht: Bislang schien es eher so, dass die Bürgerinitiative Schönblick (BI) auf verlorenem Posten steht – weil Bauherren, deren Anwälte und die Stadtverwaltung das Großprojekt mit aller Macht durchdrücken wollten. Dafür gibt es gute Gründe, denn Wohnraum ist in Sulgen Mangelware. Zudem liegt seit 1999 ein Bebauungsplan vor, der ein solches Projekt ermöglichen sollte. Oder eben nicht, wie sich nun herausstellt. Die Höhenfestsetzung ist eventuell fehlerhaft. Der Anwalt der BI könnte sich hierauf stürzen und das Projekt damit ganz kippen oder zumindest für längere Zeit verzögern. Am einfachsten wäre es nun sicherlich, wenn die Bauherren ihr Projekt zumindest etwas abspecken oder die BI ein Stück weit mit ins Boot holen, um eine für beide Seiten akzeptable Lösung zu finden. Das würde die Planungskosten zwar verteuern, aber im Gegenzug könnten sich die Bauherren Anwalts- und Gerichtskosten sparen – und dann endlich loslegen.