Seit knapp einem Jahr liegt die Seepark-Baustelle still. Nun soll es Kaufangebote geben.
Stuttgart - Seit knapp einem Jahr liegt Stuttgarts größte Wohnungsbaustelle still. Nun besteht Hoffnung, dass es mit der Betonruine am Probstsee in Möhringen weitergeht, die der Stuttgarter Investor Rudi Häussler nach der Insolvenz hinterlassen hat. Denn es sollen akzeptable Kaufangebote vorliegen.
Die Szenerie kennen die meisten Stuttgarter von Urlauben in südlichen Ländern: Rund 200 Meter zieht sich hinter einem Bauzaun eine Betonruine an der Vaihinger Straße lang. Eine leere Schubkarre steht verloren neben Schuttcontainern rum. Die Baustelle ist ausgestorben.
Die Branche spricht von 30 Millionen-Angebot
Mehr als 500 Wohnungen sollten unter der vielversprechenden Bezeichnung "Seepark" für insgesamt knapp 200 Millionen Euro in Möhringen entstehen. Doch seit Monaten zeigt sich kein Arbeiter mehr auf dem riesigen Areal. Während die vorderen Gebäude mit Fenstern oder Spanplatten dichtgemacht wurden, sind die hinteren Trakte offen. Das Projekt ist nach der Insolvenz der Häussler Holding und der Sparten Baumanagement und der fürs Seeparkprojekt zuständigen Firma im vergangenen Herbst in der Rohbauphase stecken geblieben.
Zwar ist noch immer unklar, wann es mit dem Bauen weiter geht. Doch soll die NordLB als die einzige die Siedlung finanzierende Bank kurz vor der Entscheidung stehen, das Wohnungsbauprojekt entweder selbst fertigzustellen oder aber den unvollendeten Komplex an einen Investor zu verkaufen. Die Bank selbst gibt sich bedeckt, bestätigt aber, dass von Investorenseite mittlerweile Angebote vorliegen, über die man zumindest reden könne.
Interessenten gab es laut dem Stuttgarter Insolvenzverwalter Michael Pluta auch in der Vergangenheit. Bisher noch nicht verkauft wurde, weil "die Preisvorstellungen zehn bis 20 Millionen Euro unter einem akzeptablen Angebot" gelegen hätten. "Allmählich geht es tatsächlich in verhandelbare Bereiche", bestätigt Pluta die Verlautbarung der Bank. Wie hoch die "inakzeptablen Angebote" waren, mochte Pluta nicht sagen. Die Branche spricht von etwa 30 Millionen Euro. Auch über die möglichen Käufer gibt es seitens der Bank und des Insolvenzverwalters keine Auskunft. Im Gespräch war die Züblin AG. Eine Firmensprecherin dementierte dies. Das Dementi gilt allerdings nicht für das Bauunternehmen Strabag, zu dem Züblin gehört.
Unzufriedenheit über den unvollendeten Koloss
In Möhringen wächst derweil die Unzufriedenheit über den unvollendeten Koloss. "Bürger beklagen sich bereits per gelber Karte", sagt Bezirksvorsteher Jürgen Lohmann. Er fürchtet außerdem um die vorhandene Bausubstanz, wenn die Baustelle noch länger Wind und Wetter ausgesetzt ist. Und die FDP-Stadträte wollen von der Stadtverwaltung wissen, was sie unternimmt, um den "Schandfleck" zu beseitigen. "Mit dem Wohnbauprojekt waren große Hoffnungen verbunden. Städtebaulich muss dort umgehend etwas passieren", sagt Stadtrat Bernd Klingler (FDP). Die CDU hofft laut Stadträtin Helga Vetter auf Weiterentwicklung der Siedlung, damit die auf dem Areal eingeplante Kindertagesstätte, die auch für Kinder aus der Nachbarschaft offen sein sollte, gebaut wird. Die Grünen im Gemeinderat stellen ebenfalls fest, dass die Kita dringend gebraucht wird. Stadtrat Peter Pätzold (Grüne) fürchtet, dass die Baustelle keinen zweiten Winter verkraftet.
Den Einfluss der Stadt auf Fortführung der Projekts schätzt Rainer Wißler, stellvertretender Leiter des Stadtplanungsamts, gering ein. "Wie sollen wir denn ein Privatprojekt vorantreiben?", fragt er.
Wann die Gläubiger Geld sehen, ist ungewiss
Dass vor allem der vergangene Winter dem rund einem Dutzend bislang erstellten Rohbauten nicht gutgetan hat, bestätigt ein Bauexperte, der nicht genannt sein möchte. Den bisher entstandenen Schaden schätzt er auf "ein paar 100.000 Euro". Vor allem den Gebäuden, in denen bereits Kabel und Estrich verlegt seien, schade der Baustopp. "Ein zweiter Winter wäre nicht ideal", stellt er fest und hält es für notwendig, die offenen Gebäude mit Fenstern und Türen dichtzumachen. Der Beton verkraftet seiner Meinung nach weitere Winter.
Insolvenzverwalter Pluta erklärt, dass die Baustelle gut abgesichert sei. "Ins Grundwasser können keine schädlichen Substanzen sickern, außerdem seien die Gebäude winterfest gemacht. Er räumt allerdings ein, dass man die fehlenden Fenster hätte einbauen können. Denn die seien schon gefertigt. Doch die Bank habe die Kosten von rund zwei Millionen Euro gescheut. Deren Gesamtforderung plus die Außenstände von Planern und etwa 15 bis 20 Handwerksbetrieben sollen zwischen 50 und 60 Millionen Euro liegen - wobei der größte Brocken zulasten der NordLB gehe.
Wann die Gläubiger Geld sehen, ist ungewiss. Erst vor einer Woche habe er die Nachricht bekommen, dass das Insolvenzverfahren nicht weitergeht, sagt Oliver Bernecker. Das Büro des Diplomingenieurs verzeichnet 10.000 Euro an Ausständen und rechnet nicht mehr mit Erstattung. "Die mit den kleinen Beträgen müssen bis zuletzt warten - und dann ist nichts mehr da", fürchtet Bernecker.
Eröffnet wird das Insolvenzverfahren laut Pluta erst dann, wenn klar ist, wie es mit dem Projekt Seepark weitergeht.