Die Bauherren (von links): Adalbert, Harald und Daniel Walter. Sie sind stolz auf ihr innovatives Projekt, das gleichzeitig das Ortsbild pflegt. Foto: Fotos: Rademacher

Bauprojekt: Alter Heuboden wird zum Wohnhaus / Familie baut altes Bauernhof-Gebäude um

Ein Haus hängt in der Luft. Diesen Eindruck bekommt man, wenn man in Mistelbrunn durch die Bubenbacher Straße fährt. Hier wird der Ökonomieteil eines alten Bauernhauses in Wohnfläche umgebaut. Der schwere Dachstuhl mit der Photovoltaik-Anlage wird mit dicken Baumstämmen abgestützt.

Bräunlingen-Mistelbrunn. Der Hof mit dem Hausnamen "s'Peters" oberhalb der Mistelbrunner Markus-Kapelle ist im Jahr 1907 erbaut worden, nachdem das Vorgänger-Gebäude durch einen Kaminbrand bis auf die Grundmauern niedergebrannt war. Damals war der Hof im Besitz der Familie Dorer, bevor Josef Walter, der Vater des jetzigen Besitzers Adalbert Walter, in die Familie einheiratete.

Bis 1970 wurde auf dem Hof eine Landwirtschaft betrieben. Im Ökonomiegebäude war der Stall für die Kühe untergebracht, oben wurde das Heu gelagert. Das erste Stockwerk konnte über eine Schrägauffahrt durch ein Tor im Westen befahren werden.

Im Erdgeschoss entsteht eine Doppelgarage

Ende 2019 beschlossen die beiden Söhne der Familie Walter, Daniel und Harald Walter, den nicht mehr genutzten Ökonomieteil ihres Elternhauses in Wohnungen umzubauen. Im Erdgeschoss werden eine Doppelgarage und Kellerräume entstehen, im Obergeschoss zwei Wohnungen, die über ein gemeinsames Treppenhaus und separate Eingänge erreichbar sind. Die Eltern werden weiterhin den bisherigen Wohntrakt bewohnen.

Der komplette Dachstuhl mit der Solaranlage bleibt erhalten. Diese soll später durch einen Energiespeicher ergänzt werden. Die alte Ölheizung wird im Gebäude durch eine moderne Pellet-Heizung ersetzt, sodass später das gesamte Gebäude inklusive des alten Wohnhauses damit versorgt werden kann. Das Bauvorhaben wird durch Mittel aus dem ELR-Programm gefördert.

Entgegen kam den Brüdern, dass die alten Pläne noch vollständig erhalten waren. So hatte der Architekt Christian Huber schon einmal eine Grundlage. Man wollte möglichst viel alte Bausubstanz erhalten, sagt Huber, der zwei Häuser unterhalb aufgewachsen ist und das Objekt gut kennt. "Alles belassen, was man nicht unbedingt ändern muss", darin sieht er auch die Zukunft des Bauens auf dem Land.

Dachstuhl mit den Solarmodulen wird abgestützt

Um den Dachstuhl mit den Solarmodulen zu erhalten, musste dieser abgestützt werden. Hierfür wurde das gesamte Gebäude durch einen Statiker vermessen, um die Punkte zu ermitteln, an denen später das Dach abgestützt wurde. An diesen Stellen wurde die bisherige Holzfassade geöffnet und ein Zimmermann setzte dort massive, geschälte Baumstämme als Stützen ein.

Stalldecke im Ökonomieteil niedriger als im Wohnbereich

Die Baumaßnahmen begannen im Juni dieses Jahres. Die Stalldecke im Ökonomiebereich war niedriger als im Wohnteil des alten Bauernhofs. Später soll es die Option geben, die alte mit den neuen Wohnungen zu verbinden. So musste die gesamte Decke mittels Stützen angehoben werden. Als Auflage für die Decke wurde in das alte Mauerwerk ein Eisenträger eingesetzt und an der Front über dem künftigen großen Garagentor ein freitragender Sturz eingesetzt. Nicht gerechnet hatte man damit, dass doch eine stattliche Anzahl an Deckenbalken ersetzt werden musste, weil sie faul waren. Auf den ersten Blick habe das anders ausgesehen.

Eine große Herausforderung war es auch, den alten Betonboden im Stall in Eigenleistung herauszubrechen. Hierzu wurde ein Mietbagger mit einem hydraulischen Abbruchhammer besorgt, der es dann schaffte, den dicken Beton aufzubrechen.

Der jetzt in der Luft stehende Gebäudeteil wird untermauert, anschließend setzt auch hier der Zimmermann eine Zwischendecke ein – auf gleicher Höhe wie die schon fertiggestellte Decke, mit einem Dielenboden. Anschließend werden darauf ein Aufbau aus Dämm-Materialien mit einer Fußbodenheizung und ein Estrich verlegt. Danach werden Zwischenwände in Holzständerbauweise gestellt, die vorhandenen Balken werden integriert. An der Südseite muss das Fachwerk noch einmal angepasst werden, um in die Fassade Fenster einzusetzen, der Westgiebel wird komplett neu aufgebaut. Anschließend kann der weitere Innenausbau erfolgen. Im ehemaligen Stall im Erdgeschoss werden die Versorgungsleitungen verlegt, dann wird mit Kies aufgefüllt und ein neuer Betonboden gegossen.

Daniel Walterpräsentiert Pläne des Umbaus

Stolz präsentiert Daniel Walter die Pläne des Umbaus und die Ansichten, wie das Gebäude einmal aussehen soll, wenn es fertig ist. Die Grundform des alten Ökonomiegebäudes bleibt erhalten, ebenso die Auffahrt zum alten Scheunentor auf der Westseite. Das Tor selbst aber wird verschwinden. Der neue Gebäudeteil erhält wieder eine Holzfassade, moderne große Fenster sorgen für lichtdurchflutete Räume.

Alter Schopf an der Nordseite wird abgerissen

Der alte Schopf an der Nordseite, der als Holzlager diente, wird abgerissen. Dort entsteht ein großer Balkon, den beide neuen Wohnungen nutzen. Wenn man Daniel Walter fragt, ob die Pandemie den Bau beeinflusst hat, gibt er in erster Linie an, die Bearbeitung der ELR-Anträge habe länger gedauert. Das Holz sei schon einiges teurer geworden. Bei Steinen und Beton habe sich das noch in Grenzen gehalten. Und der Zimmermann habe auf die Balken warten müssen. Etwa zwei Monate habe sich der Bau bisher verzögert, schätzt Daniel Walter.

Der Innenausbau ist in Holzständerbauweise geplant, auch hier könne sich die aktuelle Krise auf den Materialpreis und deren Verfügbarkeit auswirken. Auch ist noch unklar, ob man die Handwerker passend bekommen kann. Doch anders als andere Bauherren, hat man sich kein genaues Ziel für die Fertigstellung gesetzt, ist nicht unter akutem Zugzwang. Schließlich haben die beiden Brüder ein Dach über dem Kopf. Wünschenswert wäre der Herbst 2022, meint Daniel Walter.

Ziel des Förderprogramms Entwicklung Ländlicher Raum (ELR) ist die integrierte Strukturentwicklung in ländlich geprägten Räumen Baden-Württembergs. Hier wird eine Vielzahl von Projekten gefördert, die dazu beitragen, dass Baden-Württemberg seine ausgeglichene dezentrale Struktur behält. Einer der vier Förderschwerpunkte ist "Innenentwicklung/Wohnen". Hier werden die Umwandlung von Scheunen in Wohnungen, die umfassende Modernisierung alter Häuser, die Erweiterung von Wohnraum durch Aufstockung, Anbauten oder der Umbau von leer stehenden Gebäuden wie alten Schulen zu Wohnungen gefördert. Der Antragsteller im ELR ist immer die entsprechende Gemeinde, Projektträger können Privatpersonen, Vereine, Kommunen oder Unternehmen sein.