Bei diesem Vor-Ort-Termin gingen die Göllsdorfer Ortschaftsräte noch davon aus, dass das Vergabeverfahren nach Pfingsten startet. Foto: Schmidt

Diese Entwicklung sorgte am Mittwochabend nicht nur für überraschte Mienen bei der Stadtverwaltung, sondern wird auch zahlreiche Bauwillige, die quasi in den Startlöchern stehen, in Verzweiflung stürzen: Der geänderte Katalog der Vergabekriterien für das Stadtgebiet, der am Montag in großer Runde von allen Ortschaftsräten vorberaten und abgesegnet wurde, ging am Mittwochabend im Gemeinderat nicht durch.

Rottweil - Dabei hätte nach Pfingsten auf der Grundlage dieses Katalogs die Vergabe der Bauplätze im Gebiet Brunnenäcker III in Göllsdorf starten sollen. Daraus wird nun nichts.

Ein Bürokratiemonster

Der Grund: Im Gemeinderat entwickelte sich eine Grundsatzdiskussion über den Kriterienkatalog, der sich als "Bürokratiemonster" entpuppe, wie es Günter Posselt (CDU) formulierte. Die Überarbeitung des umfassenden Katalogs, in dem Punkte für viele Kriterien wie Kinderzahl, Arbeitsplatz in Rottweil, ehrenamtliche Tätigkeit und weiteres vergeben werden, war nötig geworden, weil rechtliche Unschärfen nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts behoben werden mussten. In der Sitzung der Ortschaftsräte am Montag waren weitere Anregungen eingearbeitet worden, unter anderem was die "Sperre" betrifft, wenn man schon einen Bauplatz bekommen hat.

Das nun vorliegende "Bürokratiemonster" dürfte den Stadträten allerdings im Vorfeld nicht unbekannt gewesen sein, denn die Entwicklung des Katalogs ist ein seit langem vom Gemeinderat begleiteter Prozess, in dem alle relevanten Vergabeposten schon mehrfach diskutiert wurden.

Arved Sassnick (SPD+FFR) befand denn auch, dass man wohl an jedem Punkt noch "rumdoktern" könnte, das Gesamtpaket aber so in Ordnung sei. Seine Fraktionskollegin Elke Reichenbach bemängelte, das die Teilortskriterien zu einem Nachteil für die Kernstadtbewohner führen würden.

Zum Generalschlag holte CDU-Stadtrat Günter Posselt aus: Der Katalog sei das Gegenteil von dem, was man eigentlich wolle, nämlich Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Immer neue Punkte machten es nicht besser. Und während Bürgermeister Christian Ruf eingangs von guten Erfahrungen bei der Vergabe auf der Spitalhöhe sprach, lief diese für Posselt "nicht optimal".

Problem nach Studium

Konkret kritisierte er den schon beim Zugang zum Bewerbungsverfahren nötigen Finanzierungsnachweis, der jeden Bankenregelungen widerspreche. Der "Wisch", der hier wenn überhaupt von Hausbanken ausgestellt werde, wenn die Grundstückszuteilung noch gar nicht erfolgt ist, habe keinerlei Aussagekraft. Zudem monierte er, dass junge Akademiker, die lange auswärts studiert haben und auch am Studienort den ersten Wohnsitz anmelden müssen, keine Chance in dem Verfahren hätten.

Peter Schellenberg (FWV) sieht das Problem darin, dass in Rottweil einfach viel zu wenig Bauplätze angeboten werden könnten. Und einfachere Lösungen, die aber dennoch rechtssicher sein müssten, könnten oft gerechter sein.

Ein Pulverfass

FDP-Stadtrat Daniel Karrais stellte gleich drei Änderungsanträge: Der Punkt Arbeitsplatz in Rottweil sei kaum von Belang und solle gestrichen werden, ebenso soll die Finanzierungsbestätigung zu einem so frühen Zeitpunkt und ein Bonus für Ärzte entfallen. Rechtlich befinde man sich auf einen "Pulverfass".

Jürgen Mehl (SPD+FFR) beantragte zudem, die ortsteilbezogenen Kriterien zu streichen, Rasmus Reinhardt (CDU) forderte, dass studierende und in Ausbildung befindliche Kinder unabhängig vom Wohnort berücksichtigt werden, Reimond Hoffmann (AfD) wollte die Ehe und hohe Kinderzahlen gestärkt sehen.

Ingeborg Gekle-Maier (Grüne) erinnerte daran, dass in das vorliegende Papier alle in der Bauplatzkommission vorgebrachten Änderung eingearbeitet worden seien. Solch ein Regelwerk sei bei der Vergabe unabdingbar und dies seien die bestmöglichen Regeln. Peter Hauser von der Verwaltung ergänzte, dass die EU-Regeln dieses Bürokratiemonster fordern. Es sei alles austariert und zulässig.

Oberbürgermeister Ralf Broß zeigte sich überrascht, dass der Gemeinderat "bei voller Fahrt die Notbremse zieht". Für diese Entwicklung habe es im Vorfeld keine Signale gegeben. Rasmus Reinhardt (CDU) bemängelte, dass die Verwaltung eine "Drohkulisse" aufbaue, nicht zuletzt, weil gleich als nächster Punkt das Vergabeverfahren in Göllsdorf auf der Tagesordnung stehe.

Deutliche Verzögerung

Die Grünen machten sich dafür stark, jetzt erst einmal die vorliegende Fassung zu beschließen, damit es in Göllsdorf weitergehen kann, und Änderungen irgendwann später vorzunehmen. Aber daraus wurde nichts. Nach einer Sitzungspause wurden die Anträge zu Änderungen bei Finanzierungsbestätigung, Arbeitsplatzbonus sowie studierenden Kindern und Kindern in Ausbildung angenommen. Damit muss die Punktevergabe komplett neu austariert werden, bedauerte Peter Hauser.

Bürgermeister Christian Ruf hofft nun, dass es gelingt, zwischen Pfingsten und den Sommerferien einen verlässlichen Zeitplan für die sehnlichst wartenden Bauwilligen auszuarbeiten. Es ist davon auszugehen, dass es mit Vergabeverfahren in Göllsdorf nun erst nach den Sommerferien losgehen kann. Dort gibt es 378 Interessenten für 36 Bauplätze.