Petrus sorgt für den bewölkten Himmel über der Hochbrücken-Baustelle, die Firma Porr für den Donnerschlag: Der Bau soll erst 2030 fertig werden. Sichtlich geschockt: Baureferatsleiter Michael Lumpp, Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder und Horbs OB Peter Rosenberger (CDU). Foto: Juergen Lueck

Warum die Ankündigung der Baufirma Porr beim Regierungspräsidium für Verwunderung sorgt. Was das für den Umbau der Kernstadt bedeutet. Oberbürgermeister Peter Rosenberger: „Wir dürfen jetzt nicht erpressbar werden!“

Die Schock-Nachricht von der Hochbrücken-Fertigstellung erst im Jahr 2030 – selbst aus den nüchternen Worten des Regierungspräsidiums Karlsruhe als Bauaufsicht ist schon Fassungslosigkeit herauszuhören. Die Firma Porr hat die Verdoppelung der Bauzeit verkündet. Bis heute wartet das RP als Bauüberwacher im Auftrag des Bundes (und damit des Steuerzahlers) auf eine detaillierte Erklärung von Porr.

 

Michael Lumpp, Leiter des Straßenreferats Süd im RP Karlsruhe: „Wir haben durch ein renommiertes Ingenieurbüro die Entwurfsplanung gemacht, auf der die Ausschreibung basiert. Die Firma Porr selbst hat dazu eine Ausführungsplanung gemacht, die wir ebenfalls überprüft haben. Nach zwei Jahren Ausführungsplanung und 15 Monate Bau kommt Porr zu der Meinung, dass der Überbau zu komplex und kompliziert zu bauen sei. Das ist überraschend.“

Regierungspräsidentin: „Schwierige Begründung von Porr“

Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder: „Wir haben bisher noch kein ausführliches Gespräch mit Porr gehabt. Das sich die Fertigstellung um vier Jahre allein durch die angebliche Komplexität verzögert, das halten wir für eine schwierige Begründung von Porr.“

Dezente, aber deutliche Worte. Klar ist auch für die Regierungspräsidentin: „Wir bestehen darauf, dass Porr den geschlossenen Vertrag einhält. Dort steht derzeit als Fertigstellungstermin Ende 2026 drin. Wenn es endlich zum Gesprächstermin mit der Firma Porr – wahrscheinlich hier im Baustellencontainer in Horb – kommt, dann werden wir mit einer Rechtsbegleitung kommen.“

Fakt ist, so bestätigt Felder: Für den Fall einer Verzögerung der Fertigstellung ist keine Pönale (Vertragsstrafe, d. Red.) mit der Firma Porr vereinbart.

Gab es bisher Indizien für eine Bauverzögerung?

Michael Lumpp vom RP: „Natürlich gab es das Problem mit dem Querriegel, an dem am Rosenmontag die Halteschrauben abgebrochen sind. Aufgrund dessen ergibt sich eine Bauzeitenverzögerung von vier bis fünf Monaten, wie wir jetzt sagen können. Der eigentliche bisherige Bau der Brücke ab der Nordstetter Seite hat etwas länger gedauert als eigentlich geplant.“ Regierungspräsidentin Felder: „Man geht aber davon aus, dass es beim Start des ersten Bauabschnitts etwas länger dauert. Dann hat man sich eingearbeitet und es geht in der Regel zügiger.“ Klartext: Rein vom bisherigen Ablauf war die Verzögerung nicht abzusehen.

Und auch der – bisher nur schriftlich vorliegende – „Turbo-Vorschlag“ der Baufirma Porr enthält jede Menge Zündstoff. Felder: „Die Baufirma stellt eine Fertigstellung 2027/28 in Aussicht, wenn man gleichzeitig vom Rauschbart her die Brücke herstellt mit Doppelschichten, zusätzlichen Kränen und Gerüsten. Mehr wissen wir nicht.“

Wird der bisherigen Kostenrahmen von 160 Mio. Euro gesprengt?

Wenn die Bauarbeiten vier Jahre länger dauern, dürften die Kosten allein durch die Inflation steigen. Und greift das RP auf die „Turbo-Lösung“ mit dem parallelen Bau ab dem Rauschbart Richtung Neckarbad zurück, dann drohen erhebliche Mehrkosten. Felder: „Da geht es um hohe Summen. Eine Verzögerung bedeutet Kosten für Porr, der Mehraufwand auch. Die wollen sie natürlich umlegen.“

Stoppt der klamme Bund den Weiterbau der Hochbrücke?

Der Bund müsste diese Mehrkosten für die Hochbrücke Horb auch absegnen. Michael Lumpp: „Kostenüberschreitungen von mehr als 15 Prozent muss das Regierungspräsidium dem Bund zur Genehmigung vorlegen.“ Kann es sein, dass der Bund und die Politik sagt: „Kein Geld im Haushalt, der Bau der Hochbrücke wird gestoppt?“

Lumpp antwortet: „So etwas haben wir im Regierungspräsidium noch nie erlebt, dass ein laufender Brückenbau aus Geldgründen gestoppt wird.“

OB Rosenbergers Furcht: Schlechte Stimmung in der Stadt

Horbs OB Peter Rosenberger (CDU) reagiert: „Ich mache mir große Sorgen um die Stimmung in der Stadt. Nicht nur, weil sich wieder die Frage stellt, ob Deutschland in der Lage ist, Bauprojekte wie Berliner Flughafen oder Stuttgart 21 durchzuziehen. Ich befürchte, die miese Stimmung wird wieder auf uns im Rathaus abgeladen.“

Rosenberger befürchtet, dass die Baufirma Porr jetzt alle unter Druck setzen will: „Man könnte den Eindruck gewinnen, dass jetzt zwei Alternativen aufgebaut werden sollen: Hochbrücke erst 2030 fertig oder bis 2028 bei erheblichen Mehrkosten für die Allgemeinheit. Erpressbar werden darf man natürlich nicht.“

Kann Horb sich jetzt den Stadtumbau sparen?

Der teure Stadtumbau in Horb – geplant nach Fertigstellung der Hochbrücke – kostet sicherlich einen ordentlichen zweistelligen Millionenbetrag. Rosenberger: „Was bedeutet das für den Handel, die Bewohner, den FC Horb? Wir wollen den Zeitdruck aus der Neugestaltung der Ortsdurchfahrt nicht rausnehmen, wir fangen jetzt mit Wettbewerben an. Wir hatten es eigentlich so eingetaktet, dass das Sanierungsgebiet Fruchtkasten bis 2028 parallel läuft. Bekommen wir es verlängert?“ Regierungsprädentin Felder sagt: „Die Verlängerung des Sanierungsgebiet Fruchtkasten dürfte das geringste Problem sein.“

City-Manager Kreidler: „Fatales Signal“

Horbs City-Manager Thomas Kreidler ist hörbar geschockt: „Schon als ich mitbekommen habe, dass die Regierungspräsidentin persönlich nach Horb kommt, habe ich Böses geahnt. Das ist eine Katastrophe. Die Bauzeit wird damit verdoppelt. Ein fatales Signal nach außen. Wir haben unsere Aktion ‘Horb überbrückt aktiv‘ so geplant und finanziert, dass sie bis zur Fertigstellung der Hochbrücke trägt. Jetzt droht, dass der Stadtumbau in der Kernstadt erst im Jahr 2035 fertig sein könnte. Dann investiert doch niemand mehr in der Zwischenzeit in Handel oder Gastronomie in der Kernstadt von Horb.“

Das Areal rund um den Fruchtkasten, wie er laut städtebaulichem Wettbewerb 2012 vom Gewinner entworfen wurde. Horb Aktiv forert: So schnell wie möglich umbauen. Mit Poller hinter Parkhaus-Einfahrt und Mühlkanal-Brücke könnte das sogar Wochend-Fußgängerzone werden. Foto: Glück Landschaftsarchitekten.

Fruchtkasten-Areal: So schnell wie möglich umbauen

Der City-Manager befürchtet, dass der Gemeinderat aus Kostengründen das Projekt ganz auf Eis legen und auf den Sankt Nimmerleinstag verschieben könnte: „Ich stehe voll hinter der Forderung des Horb Aktiv-Vorsitzenden Bernd Gall: Die bisherige Agenda zum Stadtumbau mit der Vorstellung der Ergebnisse des städtebaulichen Wettbewerbs im Herbst muss weiter mit Vollgas durchgezogen werden. In der eigentlichen Ortsdurchfahrt kann der Bagger erst rollen, wenn die Hochbrücke fertig ist. Aber alle Seitenräume, wie rund um den Fruchtkasten, sollten zügig begonnen werden. Wir hoffen, dass die Polizei termingerecht umzieht. Die Baukosten steigen weiter. Es wird alles teurer und damit nicht einfacher. Deshalb: Am Fruchtkasten sollte so schnell wie möglich angefangen werden.“

Die Baufirma lässt RP und Stadt erst einmal „schmoren“. Regierungspräsidentin Felder: „Wir hatten gehofft, mit der Baufirma Porr das so schnell wie möglich vertieft über das Problem zu sprechen. Um heute vielleicht schon mehr Informationen zu haben. Bisher haben wir nur die schriftliche Ankündigung. Wir hatten Termine vorgeschlagen. Die wurden von Porr am Montag, 9. September, abends abgesagt.“