Der Bau brummt, doch vor allem Material wird teurer. (Symbolfoto) Foto: Anspach/dpa

Das Handwerk in der Region kommt wieder besser in Fahrt. Vor allem der Bau brummt. Für Häuslebauer wird vor allem Material teurer. Außerdem brauchen sie Geduld, weil die Betriebe ausgelastet sind.

Kreis Freudenstadt - "Das Schlussquartal hat die optimistischen Erwartungen weitgehend erfüllt", fasst Harald Herrmann die Ergebnisse Konjunkturumfrage zusammen. Hermann ist Präsident der Handwerkskammer Reutlingen, die auch für den Kreis Freudenstadt zuständig ist. Das Stimmungsbild hat die Kammer Mitte Januar erhoben.

Allerdings verlaufe die konjunkturelle Erholung der einzelnen Gewerke derzeit auf vollkommen unterschiedlichen Niveaus. "Die Stimmung in den Bau- und Ausbaubetrieben ist unverändert gut. Auch für die gewerblichen Zulieferer lief es zuletzt deutlich besser." In den Branchen, die von den Corona-Maßnahmen betroffen gewesen seien und seien, sehe es anders aus. Dazu zählten vor allem Friseur- und Kosmetikbetrieben. "Sie sind noch ein gutes Stück vom Normalbetrieb entfernt. Insofern handelt es sich um einen Aufwärtstrend in zwei Geschwindigkeiten", so Herrmann.

70 Prozent sind zufrieden

Rund 70 Prozent der befragten Betriebe im Kammerbezirk bewerteten die Geschäftslage mit der Note "gut". Die Zahl derer, die sich unzufrieden äußerten, halbierte sich im Vergleich zum Vorjahr von 17,3 Prozent auf aktuell 8,8 Prozent. Entsprechend zuversichtlicher fallen die Erwartungen der Betriebe aus. Knapp 87 Prozent rechnen mit einer unverändert stabilen Geschäftslage in den kommenden Wochen. Vor zwölf Monaten lag dieser Anteil noch bei 62 Prozent.

Stimmung steigt

Der Konjunkturindikator der Handwerkskammer, der Lagebeurteilungen und Erwartungen zusammenfasst, liege mit plus 29,5 Punkten deutlich über dem Vorjahreswert (plus 6,7 Punkte). Die Auftragslage der Betriebe habe sich verbessert. Mehr Bestellungen meldeten 28,9 Prozent der Firmen. Aktuell verfügen die Betriebe über einen mittleren Bestand von 11,6 Wochen, vier Wochen mehr als im Vorjahresquartal. Über dem Branchendurchschnitt liegen das Bauhauptgewerbe (17,6 Wochen), die Ausbaubetriebe (14,8 Wochen) und die gewerblichen Zulieferer (12,0 Wochen). In der Folge erhöhte sich die Auslastung der Betriebe merklich. Zwei Drittel konnten ihre Kapazitäten zu mindestens 80 Prozent auslasten. Jeder fünfte Betrieb meldete Überstunden.

Dienstleister leiden noch

Wie hoch die Spreizung zwischen den Branchen derzeit ist, zeigt ein Blick auf die Dienstleistungsbranche, der die Friseure, Kosmetiker und Schneider angehören. Jeder dritte dieser Betriebe liegt aktuell unter der 50-Prozent-Marke. "Auch wenn der harte Lockdown schon eine Weile zurückliegt, sind diese Betriebe noch nicht über den Berg. Für einige geht es nach wie vor um die Existenz", betont Herrmann. Die jüngst beschlossene Verlängerung der Wirtschaftshilfen von Bund und Land bis Ende März sei daher dringend notwendig gewesen. Der Kostendruck habe quer durch alle Gewerke zugenommen.

Material wird teurer

84,3 Prozent der Betriebe mussten für Material, Vorprodukte und Energie mehr bezahlen. Teilweise sprunghaft angestiegen seien die Preise für Beton, Stahl, Dämmstoffe, Kunststoffteile und Abdichtungen. Hinzu kämen Lieferengpässe bei elektronischen Bauteilen und deutlich höhere Kosten für Energie. Drei Viertel der Befragten rechnen mit weiter steigenden Einkaufspreisen, die in den nächsten Wochen beim Endverbraucher ankommen dürften. Knapp zwei Drittel der Betriebe gaben an, die Preise erhöhen zu müssen.

Zum Jahresende sei die Zuversicht wieder zurückgekehrt. "Wir hoffen natürlich, dass die günstigen Prognosen über den weiteren Pandemieverlauf eintreffen und Einschränkungen bald gelockert werden", sagt Herrmann. Die Betriebe seien auf verlässliche Rahmenbedingungen angewiesen. Dies gelte für die Corona-Maßnahmen wie auch für andere politische Entscheidungen. "Kurzfristige Änderungen wie zuletzt bei der KfW-Förderung führen zu einem Vertrauensverlust und nehmen Betrieben die Basis, auf der sie planen können."

Zehn Milliarden Umsatz

Die 13 500 Handwerksbetriebe im Bezirk der Handwerkskammer Reutlingen in den Landkreisen Freudenstadt, Reutlingen, Sigmaringen, Tübingen und Zollernalb erwirtschaften einen Umsatz von 10,3 Milliarden Euro, beschäftigen mehr als 80 000 Mitarbeiter und bilden mehr als 4500 junge Menschen aus.