Wenn sie draußen hängen, läuft der „Wohnungsbau-Turbo“: Im Kreis Calw soll es schon bald mehr Baustellenschilder geben, fordert die IG BAU Nordbaden. Foto: IG BAU | Florian Göricke

Die Baugewerkschaft IG Bau fordert, den Wohnungsbau zu beschleunigen. Als Stellschraube sieht sie vor allem die Baukosten und nennt Vorschläge, wo gespart werden könnte.

Mehr baggern – mehr bauen: Der „Wohnungsbau-Turbo“, den sich die neue Bundesregierung vorgenommen hat, muss schnell auch im Landkreis Calw ankommen. Das fordert die IG Bau Nordbaden. Für die Bau-Gewerkschaft ist klar: „Es muss jetzt einen ‚Aufschwung Wohnen‘ geben. Und davon müssen auch der Kreis Calw und Baden-Württemberg profitieren“, sagt der Vorsitzende der IG Bau Nordbaden, Wolfgang Kreis. Notwendig seien vor allem Sozialwohnungen und bezahlbare Wohnungen.

 

Im Landkreis Calw sind im vergangenen Jahr nach Angaben der Gewerkschaft 528 Wohnungen neu gebaut worden – 194 davon in Ein- und Zweifamilienhäusern. Insgesamt lagen die veranschlagten Bauwerkskosten für alle Wohngebäude, die 2024 im Landkreis Calw neu entstanden sind, bei rund 102,2 Millionen Euro, so die IG Bau.

Die Gewerkschaft beruft sich dabei auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes (Destatis). „Jede Wohnung mehr zählt. Es gibt aber auf jeden Fall ‚Luft nach oben‘: Auch der Kreis Calw braucht eine Neubau-Offensive. Ebenso mehr Sanierungen. Vor allem fürs seniorengerechte Wohnen“, so Wolfgang Kreis.

Er macht deutlich, dass dazu allerdings bei den Kosten „viel passieren“ müsse: „Es wird nur dann mehr gebaut, wenn einfacher und damit günstiger gebaut wird“, sagt Kreis. Immerhin sei es machbar, die reinen Baukosten um ein Viertel bis zu einem Drittel zu senken. Das sei das Ergebnis einer aktuellen Wohnungsbau-Studie vom staatlichen Bauforschungsinstitut ARGE (Kiel), erläutert die IG Bau Nordbaden.

Neubau muss schlanker und günstiger werden

Der Bau habe eine Entbürokratisierung dringend nötig. Ziel müsse es sein, den Neubau schlanker und damit günstiger zu machen: „Runter mit überzogenen Standards und kostentreibenden DIN-Normen – und dadurch rauf mit den Neubau-Zahlen. Denn weniger Bau-Hürden bedeuten mehr neue Wohnungen“, so Wolfgang Kreis. Wer die Kosten ins Visier nehme, müsse auf den „Gebäude-Typ E“ setzen. Das „E“ stehe dabei für einfaches, erleichtertes und effizientes Bauen.

Konkret bedeute das: geringere Stärken bei Decken und Außenwänden. „Damit lässt sich schon Geld sparen. Aber auch Baustoffe und damit Energie, Ressourcen und CO2. Entscheidender Kostentreiber sei allerdings die Technik – also Heizung, Lüftung, Sanitär und Elektronik. Von der Haustechnik bis zur Einbauküche gelte: weniger High-End-Produkte. Das macht das Wohnen am Ende wesentlich günstiger“, sagt Kreis.

Außerdem ließen sich durch weniger Auto-Stellplätze und erst recht durch den Verzicht auf Tiefgaragenplätze enorm Kosten sparen. Die ARGE-Studie warne bei der Analyse der Neubaukosten auch davor, beim Lärm- und Klimaschutz zu überziehen: „Ein Beispiel sind dreifach verglaste Fenster. Die müssen nicht sein“, meint Kreis.

Es sei höchste Zeit, das Label „gut und günstig“ an den Wohnungsbau zu kleben. Es sei heute möglich, in guter Qualität deutlich preiswerter zu bauen. „Genau darin liegt die Chance, jetzt wieder mehr zu bauen – auch im Kreis Calw“, sagt Kreis. Schließlich sei es immer noch besser, einfacher zu bauen als gar nicht zu bauen.

Außerdem spare auch der Staat Geld, wenn er die Bauvorschriften herunterfahre: „Sinken die Baukosten, dann sinkt auch die Förderung, die der Staat aufbringen muss, damit überhaupt gebaut wird. So lassen sich unterm Strich mehr Sozialwohnungen und mehr bezahlbare Wohnungen fördern und damit neu bauen“, sagt der Vorsitzende der IG Bau Nordbaden.

Für bundesweit 100.000 Sozialwohnungen, deren Neubau pro Jahr dringend notwendig sei, müssten Bund und Länder mindestens elf Milliarden Euro an Fördermitteln bereitstellen. Um 60.000 bezahlbare Wohnungen neu zu bauen, seien mindestens vier Milliarden Euro pro Jahr an Subventionen erforderlich.

Mehr zur Wohnungsbau-Studie, zum „Gebäude-Typ E“ und zu dem, was jetzt beim Wohnungsbau dringend passieren muss, gibt es im Internet auf der Website vom Verbändebündnis Wohnungsbau, dem auch die IG BAU angehört.