Mit diesem Schnauzer will Wolfgang Schneider am Samstag Weltmeister werden. Foto: Leif Piechowski

„Warum nur gut aussehen, wenn man fantastisch ausschauen kann?“, fragt Wolfgang Schneider mit einem Augenzwinkern. Seit er 19 war, trägt und pflegt er seinen Schnurrbart. Jetzt hofft der mehrfache Meister auf den Sieg bei der Bart-WM in Leinfelden.

Leinfelden-Echterdingen - Es ist schon ein skurriles Völkchen, das sich da vor der Filderhalle zum Pressetermin zusammengefunden hat. Die Männer, alle im besten Alter, sind es gewohnt, dass sich jeder nach ihnen umdreht. Dann ernten sie ein Schmunzeln oder Grinsen, und manchmal wird getuschelt. Schuld daran ist ihre Gesichtsbehaarung, die auffälliger nicht sein könnte. Sie alle sind Mitglied im Club Belle Moustache für Bart und Kultur mit Sitz in Leinfelden-Echterdingen. An diesem Samstag richtet ebendieser Club die Bartweltmeisterschaft 2013 aus – ein Knaller, wie auch OB Roland Klenk findet: „Für diese ungeheuer pfiffige Geschichte werden weltweit die Blicke auf unsere Stadt gerichtet.“

Kaum erwarten kann den Termin Wolfgang Schneider. Der 57-Jährige aus Oppenweiler (Rems-Murr-Kreis) sagt selbstbewusst: „Ich möchte meinen Titel erfolgreich verteidigen.“ Schließlich ist er bereits dreifacher Weltmeister, mehrfacher Europa- und deutscher Meister sowie Olympia-Sieger. All die Titel und Pokale hat er mit seinem Schnauzer errungen, den er in verschiedener Façon trägt, zurzeit „naturale“. Das bedeutet, der Bart muss ganz ohne Hilfsmittel sitzen – ohne Spray, Haarlack und Bartwichse.

Der Schauspieler Tom Selleck alias Magnum war vor 38 Jahren Schneiders Vorbild und Auslöser, dass er sich einen Schnurrbart stehen ließ. Dafür wurde das bis dahin lange Haupthaar radikal gekürzt. An einem Contest nahm Schneider allerdings erst 1998 teil. Bei dem Jedermann-Wettbewerb in Endersbach sicherte er sich auf Anhieb den Titel. Das spornte ihn ungeheuer an. „Vom Bärtle zum Meisterbart“, sagt er rückblickend über den Werdegang seines Schnauzers.

„Der mittlere Bereich über der Oberlippe wird zur Seite gekämmt und nicht abgeschnitten“

Die Klassifizierung der Bärte bei den Wettbewerben ist eine Wissenschaft für sich. Beim Schnurrbart naturale darf der Bart nur eineinhalb Zentimeter am Ende der Oberlippe angewachsen sein. „Sonst wär’s ein Backenbart“, sagt Schneider. Aha. Er weiß inzwischen, wie das Prachtstück zu mehr Volumen gelangt: „Der mittlere Bereich über der Oberlippe wird zur Seite gekämmt und nicht abgeschnitten.“ Das hat aus seiner Sicht noch einen weiteren Vorteil: „Beim Küssen stupfen nur geschnittene Spitzen.“ Deshalb sei der trendige Drei-Tage-Bart viel kratziger. „Ich bin überrascht, dass der sich so lange halten kann. . .“, sagt er mit Blick auf die Frauen.

Die Vorliebe zu ellenlangen Vollbärten vor allem bei ganz jungen Amerikanern quittiert Schneider mit Humor: „Dein Bart ist älter als du“, sagt er den Trägern schon einmal. Vollbärte liegen auch in Österreich und der Schweiz im Trend. In Ungarn dagegen haben Schnurrbärte noch immer eine gesellschaftliche Bedeutung. Schneider lässt auch keinen Zweifel daran, dass es Gesichter gibt, die auf diesen Schmuck besser verzichten: „Zum Bart überreden sollte man niemanden.“

Inzwischen überwiegt bei Wolfgang Schneider der kommunikative Aspekt, den sein Bart auslöst, gegenüber den Pokalen. „Ich habe an Titeln alles erreicht, was man erreichen kann. Jetzt freut es mich einfach, wenn mein Bart den Menschen ein Lächeln ins Gesicht zaubern kann“, sagt der IT-Ingenieur. Die Reaktion der Menschen sei dabei überall gleich – von Hongkong bis Las Vegas. Und oft kommt er mit Menschen ins Gespräch. In vielen Metropolen war er schon – wegen irgendwelcher Events in Sachen Bart.

Auch Damen mit Bart angekündigt

Doch in der Szene der Bart-Fetischisten schwappt auch Skurriles über den Großen Teich hierher: Auch Damen mit Bart werden in der Filderhalle mit von der Partie sein, kündigt Jürgen Burkhardt an, der Präsident von Belle Moustache. In den USA ist das bei Meisterschaften keine Seltenheit mehr. Der Fantasie der Teilnehmerinnen sind keine Grenzen gesetzt, ob sie sich nun einen Bart ankleben oder ein Stück Häkelspitze oder ein Plastikteil . . . Diese Kunstbärte jedenfalls werden mit fast ebenso viel Liebe gepflegt wie die echten der Meister.

Als prominenter Gast wird am Samstag TV-Starkoch Johann Lafer erwartet, dessen Schnauzer von Belle Moustache zum „Bart des Jahres 2013“ gewählt wurde. Die gemeldeten Teilnehmer kommen derweil bis aus Neuseeland: 222 – so viele wie noch nie – aus 21 Nationen sind bisher eingetragen. Das Medienecho ist ebenfalls enorm und reicht vom ZDF bis zu einem Fernsehteam aus Brasilien.

Die Bart-WM in Leinfelden

Eröffnung: An diesem Samstag wird die Bart-Weltmeisterschaft 2013 um 12 Uhr in der Filderhalle in Leinfelden eröffnet. Gegen 11.30 Uhr steigt der Einmarsch der Bartclubs und der Nationen. Der Eintritt ist frei.

Wettbewerbe: Die WM ist in vier Kategorien unterteilt und diese jeweils in Unterkategorien. 12.30 Uhr: WM der Schnauzbärte (kaiserlicher Schnauzbart sowie Schnauzbart naturale, englisch, Dalí, ungarisch und Freistil). 14.45 Uhr: WM der Kinn- und Backenbärte (Kinnbart naturale, chinesisch, Musketier und Freistil sowie kaiserlicher Backenbart und Backenbart Freistil). 16.45 Uhr: WM der Trendbärte (keine Unterkategorien). 17 Uhr: WM der Vollbärte: naturale, naturale mit gestyltem Oberlippenbart, Garibaldi, Verdi und Freistil.

Siegerehrung: Um 20 Uhr beginnt das Abendprogramm mit den Siegerehrungen.