Die Rettung ist ganz nahe. Foto: Müller

Dieser Freitagmorgen war ein guter: für einen Bösinger Jäger, einen Bösinger Landwirt, für einen Helfer und für vier Rehkitze.

Um 6 Uhr ging es auf mehrere Wiesen im Bereich Kasperleshof. Zwei Stunden haben die Männer Zeit für das Projekt Rehkitzrettung. Mit Drohne und Wärmebildkamera wird das Gebiet, das ab 8 Uhr gemäht werden soll, abgesucht.

 

In den etwas kühleren Morgenstunden besteht eine gute Chance, mit der Wärmebildkamera Rehkitze zu finden, die ihre Mütter ins hohe Gras abgelegt haben.

Kontakt mit Revierinhaber

Kitze, die durch das hohe Gras ja eigentlich geschützt sind. Geschützt vor den Räubern des Waldes und der Flur wie dem Fuchs. Aber auch vor der „Luftwaffe“, vor Milan, Elster, Rabe, vor den Angriffen von oben.

Doch gegen die modernen Waffen der Landwirtschaft sind die blutjungen Tiere chancenlos. Vor den Maschinen mit einer Spannweite von acht Metern auf einer Spur. Damit die Mahd sehr schnell über die Bühne gehen kann.

Drohne mit Wärmebildkamera im Einsatz. Foto: Müller

Um das Leben der Kitze zu retten in diesen Wochen im Mai und im Juni, hat es sich seit etwa vier Jahren bewährt, dass Landwirte, bevor sie zur Tat schreiten, mit den Jägern, mit den jeweiligen Revierinhabern sprechen. In dem besagten Fall mit Helmut Müller vom Jagdbogen Nord.

Bisher 20 Kitze gerettet

Im Zusammenspiel mit einem Drohnenpiloten werden die Wiesen überflogen, damit die Kitze, die gerade einmal einige Tage alt sind, gefunden und gerettet werden können. Vier Tiere sind es an diesem Morgen – insgesamt in diesem Jahre 20, lautet Helmut Müllers Bilanz.

Helmut Müller (links) und Rolf Wetter, Leiter der Gruppe Kitzrettung Aichhalden, am Freitagmorgen mit „Bambi“. Foto: Müller

Die Kitze werden mit Handschuhe und etwas Gras in eine Kiste gepackt. Gleich nach der Mahd werden sie in der direkten Umgebung, am besten ein, zwei Meter in ein Rapsfeld oder am Waldrand, sofort wieder ausgesetzt, damit die Mutter sie finden kann. Schließlich haben die Kleinen etwa alle zwei bis drei Stunden Hunger.

In eine Kiste mit Gras gebettet. Foto: Müller

Wie bekannt, sollen die Kitze nicht mit der bloßen Hand angefasst werden. Denn dann nehmen sie den menschlichen Geruch an und werden von der Mutter verstoßen. Die Kleinen sind geruchslos, bis sie schließlich laufen können.

Positive Gefühle

Bei Helmut Müller löst diese Lebensrettung wunderbare positive Gefühle aus: Freude, Genugtuung, große Zufriedenheit. Besonders, wenn er noch beobachten kann, wie die Geiß direkt nach der Mahd ihr Kind sucht und findet.

Das Jammern der Mutter klingt herzzerreißend: die Wiese ist gemäht, das Kind verschwunden. Das Kleine fiept, piepst. Dieses Fiepen, für das menschliche Ohr kaum wahrnehmbar, hört Mama Bambi sehr wohl. Die Wiedersehensfreude ist dann sehr groß.

Vor den Drohnen war Tierrettung sehr umständlich und nicht so erfolgreich, berichtet Helmut Müller. Da seien Gleichgesinnte und er fünf Stunden durch Wiesen gelaufen und haben Tage vor der Mahd die Umgebung während der Abenddämmerung beobachtet.

Es geht um die Sache

Der Jäger freut sich sehr, dass das Zusammenspiel in Sachen Kitzrettung mit relativ vielen der nicht mehr so zahlreichen Bauern in Bösingen sehr gut funktioniere. Und er hofft, dass sich die wenigen anderen dem anschließen. Schließlich gehe es um die Sache.

Kadaver nicht gut für Futter

Jenseits der Tierrettung vor einem grausamen Tod leidet die Futterqualität durch Tierkadaver. Im ungünstigsten Fall könnten somit Kühe an Botulismus erkranken, informierte unlängst Landwirt Lorenz Maier.

Info

Kitzrettung Aichhalden
E-Mail an kitzrettung-aichhalden@gmx.de