Volles Haus: Bei "Politik und Pizza" im Jugendhaus war das Interesse weitaus größer als erwartet. Foto: Fotos: Ungureanu

Bundestagswahl: Jugendliche diskutieren mit Bundestagskandidaten über Corona, Klima und Nachhaltigkeit

Was hat Bundespolitik mit Pizza zu tun? Nichts, könnte man meinen. Dass immerhin rund 70 junge Menschen ab 16 Jahren zu "Politik und Pizza", einer Kennenlern-Veranstaltung mit den Bundestagskandidaten, ins neue Jugendhaus gekommen sind, beweist: Es interessiert die jungen Menschen sehr wohl, wer die Geschicke ihres Landes in Zukunft leiten wird.

Balingen. Mit der Resonanz hatten, wie am Rande zu erfahren war, auch die beiden Organisatorinnen Mireille Schroth und Katrin Blocher nicht gerechnet. Vor allem darum nicht, weil niemand direkt eingeladen worden war.

Nicht alle Kandidaten waren gekommen, aber immerhin sieben. Mit Robin Mesarosch (SPD), Johannes Kretschmann (Grüne), Stephan Link (FDP), Christine Koch-Kuhring (ÖDP), Renate Schmidt (MLPD), Dominik Ochs (Die Partei) und Volker Beil (dieBasis) wurde an einzelnen Stationen jeweils zehn Minuten lang über Klimaschutz und Nachhaltigkeit, Wahlrecht ab 16, Wohnen und Miete, Digitalisierung und Internet sowie die Coronapolitik diskutiert.

Es zeigte sich rasch, dass die jungen Menschen genau wissen, was ihnen wichtig ist. Impfzwang? Den werde es nicht geben, sagte Robin Mesarosch. Das würde bedeuten, dass Ungeimpfte von der Polizei abgeholt und zum Impfen gebracht würden. Oder hohe Geldstrafen aufgebrummt bekämen, und bei Nichtbezahllen gar im Gefängnis landen könnten. Aber seiner Ansicht nach müssten die, die sich impfen lassen, Vorteile haben. Zu einer Spaltung der Gesellschaft, sagte Johannes Kretschmann, dürfe es nicht kommen. Die Impfung, war von Renate Schmidt zu hören, die zur Unterstützung einen Arzt mitgebracht hatte, "hilft tatsächlich".

Klimaschutz? Von CO2-Zertifikaten, von Angebot und Nachfrage, wodurch die Klimaziele erreicht werden könnten, sprach Stephan Link. In der Vergangenheit, sagte Robin Mesarosch, habe sich seine Partei für die Arbeiter in den Kohlebergwerken eingesetzt, "das war für den Klimaschutz nicht gut". Klimaschutz, sagte Johannes Kretschmann, müsse als Wertschöpfung gesehen werden. es gebe viel zu tun – nicht nur in Deutschland, sondern in Europa: "In Rumänien werden ganze Wälder abgeholzt", weiß der studierte Rumänist.

Grundtenor der Veranstaltung: am kommenden Sonntag unbedingt wählen gehen. Denn tue man das nicht, bleibe alles beim Alten. Wen genau? Bei Wahlen, sagte Robin Mesarosch, gehe es immer darum, irgendwelchen Leuten zu vertrauen. Zuweilen gebe es da Enttäuschungen. "Es gibt Abgeordnete, die haben noch nicht so viel getan, aber sie haben viel darüber geredet."

Wahlrecht ab 16? Die jungen Menschen – etwa die Hälfte der Anwesenden waren Erstwähler – wünschen sich das. Wen aber wählen? "Eine Partei innerhalb des demokratischen Spektrums", sagte Stephan Link in der abschließenden Fragerunde. "Da kann man nichts falsch machen." Eine Reform des BAföG? Unbedingt, meinte Johannes Kretschmann. Schließlich dürften die Bildungschancen nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig gemacht werden. Allerdings, schränkte er ein, sei die Bildungspolitik Sache der Länder, nicht des Bundes.

Legalisierung von Cannabis? Er sei dafür, sagte Dominik Ochs. Als Barkeeper habe er schon unzählige Betrunkene gesehen, die in Prügeleien verwickelt gewesen seien – aber noch nie habe er Kiffer gesehen, die sich geprügelt hätten. "Und vielleicht hilft’s ja auch gegen Corona." Ganz anders Renate Schmidt: Sie sei gegen die Legalisierung. Jugendliche müssten einen klaren kopf bewahren, um für ein besseres Leben kämpfen zu können.

Eine Verbesserung des Schulsystems? Die sei nötig, sagte Christine Koch-Kuhring (ÖDP). Jedem Kind müsse die Möglichkeit geschaffen werden, seine Stärken zu entwickeln und sich für die Gesellschaft einzusetzen.

Führungen durchs neue Jugendhaus mit Stadtjugendpfleger Jochen Brendle gab es nach dem offiziellen Teil. Und selbstverständlich Pizza und Erfrischungsgetränke.