Sitzen, wo einst Claus Schenk Graf von Stauffenberg gesessen hat: Ewald Schneider (links), der die Erbengemeinschaft Didra vertritt, und Hausherr Manfred Stingel, der die wertvollen Stücke für den Schwäbischen Albverein gekauft hat, sind zufrieden. Foto: Ungureanu Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Albverein hat für das Haus der Volkskunst komplettes Stauffenberg-Zimmer erworben

Ob der Sekretär aus massiver Eiche ein Geheimfach hat? Manfred Stingel konnte bisher keins entdecken. Und ob Graf Stauffenberg von diesem Telefon aus konspirative Gespräche geführt hat? Möglich wär’s. Tatsache ist, dass das Haus der Volkskunst jetzt ein "Stauffenberg-Zimmer" hat.

Balingen-Dürrwangen. Damit ist das Möbelmuseum in Dürrwangen, das bereits über viele Einzelteile und komplette Einrichtungen verfügt, um ein paar wertvolle Stücke reicher geworden: eine Zimmereinrichtung, die früher mal im Stauffenbergschloss gestanden und danach 50 Jahre lang im Haus der Familie Didra in Streichen geschlummert hat.

Für die Erbengemeinschaft der Familie Didra waren es wertvolle Erbstücke, aber keiner hatte Verwendung dafür: Er habe das Schloss Ludwigsburg und vier weitere Schlösser angeschrieben und die massiven Eichenholz-Möbel zum Kauf angeboten, sagt Ewald Schneider, der die Erbengemeinschaft vertritt.

Auch der Familie Stauffenberg selbst habe er die Stücke angeboten. Aber er habe bis zum heutigen Tag keine Rückmeldung bekommen. Zufällig habe er Manfred Stingel im Café getroffen und ihm davon erzählt: "Zwei Tage später waren die Möbel im Haus der Volkskunst." Der Albverein habe die Möbel erworben, man habe sich auf einen "akzeptablen Preis" geeinigt.

Die Stücke seien "zu 99,9 Prozent echt", versichert Ewald Schneider. Er weiß genau, wie sie in den Besitz der Familie Didra gelangt sind: Helmut Beck, der "Uhren-Hannes" aus Streichen, der seine Uhren an junge Paare verkaufte, die bald heiraten wollten, hatte die Nachricht verbreitet. Seine Frau Vroni war Hausangestellte bei der Familie von Stauffenberg in Lautlingen. Sie hatte erfahren, dass ein Zimmer im Schloss geräumt werden sollte. Das erzählte der "Uhren-Hannes" in der "Sonne" in Zillhausen und im "Löwen" in Streichen. Der damalige Schultes von Streichen, Hetzel, wollte die Möbel erwerben. Aber den Zuschlag bekam Rudolf Didra, der Onkel von Ewald Schneider. Das war 1959.

Bei Familie Didra in Streichen wurde ein "Schlosszimmer" eingerichtet, mit Parkettboden, passenden Vorhängen und allem, was dazu gehörte. Aber keiner durfte hinein. Manchmal, wenn Besuch kam, wurde das Zimmer aufgeschlossen und "stolz präsentiert", erinnert sich Ewald Schneider. Aber ins Zimmer hinein durfte keiner: "Der Raum wurde gleich wieder abgeschlossen, der Schlüssel zweimal umgedreht."

So erklärt sich, dass die kunstvoll geschnitzten Möbel in perfektem Zustand sind. Für sie hat Manfred Stingel auch gleich einen passenden Platz gefunden: Im zweiten Stock des Jetter-Hauses, oberhalb der Holzwerkstatt, wo das Möbelmuseum ist, gab es einen ungenutzten Platz. Dort stand, wie Manfred Stingel erzählt, bisher nur Gerümpel. Jetzt hat sich der obere Treppenabsatz in ein herrschaftliches und geschichtsträchtiges Zimmer verwandelt – mit massiven, gepolsterten Sitzmöbeln aus Eiche, kunstvoll geschnitzten Schränken, Sekretär, Kommode, Telefon und Original-Kronleuchter.