Der Politikwissenschaftler und Kommunalberater Erik Flügge diskutiert mit den Schülern der Klasse 8b des Balinger Gymnasiums, welche Ideen und Wünsche sie für das geplante Jugendhaus haben. Foto: Schnurr

Kommunalberater diskutiert mit Balinger Schülern deren Wünsche. Hunderte Ideen für drei Entwürfe.

Balingen - Der Gemeinderat will im Dezember entscheiden, wo ein neues Jugendhaus errichtet werden soll. Was junge Balinger sich für diesen Neubau wünschen, wird vorab im Rahmen eines Jugendbeteiligungsprozesses erarbeitet.

Deshalb haben am Montag Mitarbeiter eines Kölner Kommunalberatungsunternehmens als erstes mit Schülern des Gymnasiums gesprochen.

Wie soll es drinnen aussehen? Was soll man machen können? Wie soll das Gelände gestaltet sein? Und vor allem: Wo soll das Gebäude stehen? Aus den Mädchen und Jungen der Klasse 8b sprudeln die Vorschläge nur so heraus.

Vielfältig sind etwa die Ideen zur Ausstattung: WLAN, Sitznischen am Fenster, Kuschelecke mit Sofas, Billard und Tischkicker, Fernseher und Spielkonsole, eigenverantwortlich geführte Bar, Küche zum Selbstkochen, Tischtennisplatte und Fitnessraum – und auf jeden Fall ein Trampolin, am besten im Innern des Gebäudes.

Auch zur Bauform gibt es konkrete Vorschläge: Halbkugelförmig wie ein Iglu, aber bitte mit einer Dachterrasse nebst Liegestühlen und Hängematten zum Chillen! Außerdem wäre eine große Rutsche aus dem Obergeschoss toll.

Gebäude "ganz anders"

Bunt soll das Gebäude gestaltet werden, vielleicht mit Graffiti, "aber nicht zuviel", "auf jeden Fall nicht weiß", aber auch nicht komplett vollgesprüht. Die Vorstellungen sind vielfältig, haben aber einen Konsens: Das Jugendhaus soll "ganz anders" aussehen, wenn es fertig ist.

Und der Außenbereich? Einem Schüler ist wichtig, "dass man sich sicher fühlt, wenn man abends übers Gelände läuft, und nicht an jeder Ecke dumm angemacht wird". Wie könnte man das baulich sicherstellen? Vielleicht dadurch, dass es nicht überall Ecken gibt, wo sich verschiedene Grüppchen breitmachen und stressen.

Dabei gehen die Meinungen auseinander: Vielleicht wäre es besser, das Gebäude in zwei oder mehr komplett getrennte Bereiche aufzuteilen, überlegt ein Achtklässler. Gegen diesen Vorschlag spricht sich eine Mitschülerin aus: Das führe ja auch zur Zersplitterung der Jugendhausbesucher in viele Gruppen.

Eine Aufsicht sollte da sein, findet ein Schüler. "Aber man sollte auch was machen dürfen", fügt ein anderer hinzu – beispielsweise die Musik laut aufdrehen. Das Jugendhaus müsste also etwas Abstand zur Wohnbebauung haben. Regeln sind wichtig – beispielsweise was das Unterbinden des Alkoholkonsums Minderjähriger betrifft –, aber gegen Überwachung, womöglich sogar mit Videokameras, sprechen sich die Achtklässler nachdrücklich aus.

Während der studierte Politikwissenschaftler Erik Flügge mit den Jugendlichen über deren Wünsche und Vorstellungen für das neue Jugendhaus diskutiert, visualisiert und "protokolliert" der Grafiker Michael Geiß-Hein deren Ideen auf einer großformatigen Tafel. Die Zeichnungen sollen vor allem Gemeinderäten und Architekten verstehen helfen, was die Jugendlichen sich vorstellen.

Daraus könne man nicht nur Inspirationen gewinnen, sagt Flügge, sondern auch die Erfordernisse an infrage kommende Grundstücke identifizieren – denn um eine Entscheidung über den Bauplatz geht es im Balinger Gemeinderat ja als Erstes.

26 Klassen gefragt

Im Lauf dieser Woche werden Flügge und sein Team mit insgesamt 26 Klassen in Balingen sprechen. Das Ziel sei es, die Bedürfnisse der Jugendlichen hinter den geäußerten Wünschen zu identifizieren, sagt der Kommunalberater.

Die hunderten Ideen, die so zusammenkommen, sollen in die Architektenentwürfe einfließen. Aus diesen wiederum werden Verwaltung und Gemeinderat drei Favoriten auswählen – und dann die Balinger Schüler noch einmal um deren Meinung bittet: In einer eigenen WhatsApp-Gruppe sollen sie ab Februar oder März über die drei Entwürfe beraten.

Warum die jungen Balinger erst ab der achten Klasse befragt werden? Weil ab der Pubertät die Jugendlichen nicht nur Defizite benennen, sondern auch konkrete Lösungen vorschlagen würden, führt Flügge aus.

 Für den Neubau hat die Stadt im März finanzielle Unterstützung in Höhe von 526 000 Euro aus dem Förderprogramm Soziale Integration im Quartier zugesagt bekommen. Voraussetzung ist, dass das Vorhaben in einem Gebiet der städtebaulichen Erneuerung liegt. Insgesamt sollen für das Jugendhaus 1,7 Millionen Euro bereitstehen.