"Manche Wahlkampfrituale brauche ich nicht mehr": Manne Lucha, Gründungsmitglied der Grünen und baden-württembergischer Sozialminister, bei seinem Vortrag zur ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum. Foto: Ungureanu Foto: Schwarzwälder-Bote

Wahlkampf: Manne Lucha (Grüne) spricht im Zollernschloss

Balingen. Unterstützung im Wahlkampf bekam Bundestagskandidat Erwin Feucht von einem Gründungsmitglied der Grünen: Manne Lucha, seines Zeichens baden-württembergischer Sozialminister, sprach am Freitagabend im Zollernschloss über ein Thema, das im Zollernalbkreis vielen auf den Nägeln brennt: die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum. Um so erstaunlicher war, dass kaum zwei Dutzend Zuhörer gekommen waren.

Lucha holte weit aus: Jeder Dritte lebe in Baden-Württemberg im ländlichen Raum, und der, der ländliche Raum, stehe europaweit gut da – praktisch "auf Augenhöhe mit den Ballungszentren". Mit einigen Abstrichen: "Einzelne Praxen können nicht adäquat nachbesetzt werden." Denn erstens ziehe es jüngere Ärzte in die Ballungszentren, zweitens gebe es weniger Ärzte als notwendig, drittens seien die niedergelassenen Allgemeinmediziner alt, viele von ihnen würden in den kommenden paar Jahren aufhören, und viertens sei das unternehmerische Risiko, eine Einzelpraxis auf dem Land zu übernehmen, nicht zu unterschätzen.

Was ist zu tun? Künftig werde es weniger kleine, dafür mehr größere Praxen in den Kerngemeinden geben. Die brächten auch Vorteile, längere Öffnungszeiten, ein breiteres Behandlungsspektrum. Die Versorgung werde dadurch nicht schlechter, im Gegenteil.

Anreize seien geschaffen worden, 30 000 Euro bekomme ein Mediziner, der sich im ländlichen Raum niederlasse, bisher seien bereits 1,8 Millionen in das Programm geflossen, das auf jeden Fall fortgeführt werden solle. Und: "Die Kommunen haben die Möglichkeit, medizinische Versorgungszentren zu schaffen." Alles in allem sollten die Menschen wissen, "dass wir die Hilfe, die sie benötigen, auch bereitstellen am richtigen Ort". Die Versorgung müsse "sektorenübergreifend" sein, "der Notarztwagen wird in Zukunft zur rollenden Intensivstation, für Helikoptereinsätze brauchen wir Nachtfluglizenzen, auch in den Grenzregionen". Auch und für die stationäre Versorgung werde gemeinsam mit dem Bund Geld in die Hand genommen. Was fehle, sei ein Gesetz über Krankenhausplanungskriterien. Ziel sei es, "das zu vergüten, was ein Klinikum qualitativ leistet".

Der Initiative "Ja zum kinderärztlichen Notdienst in Albstadt" sagte Lucha seine Unterstützung verbindlich zu – noch vor der Evaluation Ende 2018: "Wir bekommen diese Lösung miteinander hin."