Christoph Wagner hält stolz sein neues Werk "Der Süden dreht auf" in Händen. Foto: Visel Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Autor Christoph Wagner dokumentiert in "Der Süden dreht auf" die Poprevolte in vielen Bildern

Eigentlich unfassbar: The Who spielen 1967 in Ulm, Black Sabbath 1969 in Schorndorf, Emerson, Lake & Palmer 1971 in Ravensburg und Pink Floyd 1972 in Böblingen. Wer es nicht glauben will, kann dies im neuen, reich bebilderten Buch "Der Süden dreht auf" von Christoph Wagner nachlesen.

Balingen. Dabei legt der 1956 in Balingen geborene Autor das Augenmerk in seinem neuesten Werk zur Musikgeschichte in der Region nicht nur auf die Gruppen, die später zu internationalen Größen des Rockgeschäfts wurden, sondern auch auf Bands aus dem Süden, die ebenfalls zu einiger Bekanntheit gelangten wie Guru Guru, Kraan, Eulenspygel, Exmagma und Zupfgeigenhansel. Auch der Jazzmusiker Wolfgang Dauner wird nicht vergessen.

An seinem neuen Werk mit dem Untertitel "Die Poprevolte der 60er- und 70er-Jahre in Bildern" arbeitete Wagner rund ein halbes Jahr lang. Es ist quasi die Fortsetzung seines 2017 erschienen Werks "Träume aus dem Untergrund", das sich ebenfalls mit der subkulturellen Rock-, Jazz- und Folk-Bewegung im Süden Deutschlands befasste. Dieses wiederum fußte auf seinem vor mehreren Jahren erschienenen Buch "Der Klang der Revolte", das sich mit der Musikszene in der Bundesrepublik auseinandersetzte. Bei den Recherchen über die Hippie-Bewegung und Underground-Bands habe sich so viel Material angesammelt, vor allem "viele, ganz tolle Bilder von Musikern und Bands", dass er das alles in einem Band gar nicht unterbringen konnte. So entschloss sich der Autor, die Fotos in einem extra Buch zu verwenden, das seinen Schwerpunkt denn auch auf das Bildmaterial legt. Dabei greift Wagner vornehmlich auf Fotografien von Johannes Angele, Jörg Becker, Manfred Grohe, Rupert Leser, Manfred Rinderspacher, Lothar Schiffler und Martin Schultz zurück. Ihnen und auch manchen Musikern dankt er im Nachwort fürs Stöbern in Archiven und verstaubten Kisten und dafür, ihre Fundstücke für sein Buchprojekt zur Verfügung gestellt zu haben.

In sieben Kapitel unterteilt – angefangen von "Der Beat schlägt ein" über "Rockinvasion im Südwesten" bis zu "Pop erweitert das Bewusstsein", zu denen Wagner jeweils ein kleines Vorwort geschrieben hat –, zeigt er in "Der Süden dreht auf" die Popszene in Zusammenhang mit der Studenten- und Hippiebewegung. "Auch diese waren mit den nach außen sichtbaren Merkmalen wie lange Haare, vergammelte Klamotten und Ablehnung der Erwachsenen-Werte Ausdruck der sich im Umbruch befindenden Jugendkultur, nicht nur die Musik."

Die ersten Rockbands treten zunächst in Kellerclubs, Jugendhäuser und in den Hinterzimmern von Kneipen auf. Die Rock-Bewegung indes gewinnt zusehends an Kraft und findet ihren Ausdruck unter anderem in den einstigen Pop-Krawallen in Ravensburg. Zur subkulturellen Szene der 1968er-Zeit gehört laut Wagner aber auch das linke Kabarett mit Hanns Dieter Hüsch, Dieter Hildebrandt und dem Berliner Nonsens-Quartett Insterburg & Co.

In seinem Buch widmet sich der Autor den Auftritten der späteren Superbands im Süden, wie etwa Black Sabbath, die ihre ersten Auftritte in Deutschland nicht in Berlin, Hamburg oder München absolvierten, sondern in Schorndorf, Schwäbisch-Hall und Göppingen. Aber auch Musiker aus dem Land hätten ihren Teil zur Weiterentwicklung von Rock, Folk und Jazz beigetragen. Die Underground-Szene, so Wagner, habe sich musikalisch vielfältig aufgefächert: Space-Rock, Jazzrock und Deutschrock waren die Stilrichtungen.

Neben Englisch als der Sprache der Rockmusik habe es auch Gruppen gegeben, die auf Deutsch sangen: zunächst Ihre Kinder, später Eulenspygel sowie Hotzenplotz. Letztere standen für linken Politrock. Und siehe da: "Das war eine Offenbarung. Man kann deutsch singen, Rockmusik machen, und die Leute hören zu und sind begeistert", zitiert Wagner den ehemaligen Eulenspygel-Gitarristen Detlef Nottrodt.

Das Buch: "Der Süden dreht auf", 190 Seiten mit zahlreichen Fotos, ist im Silberburg-Verlag, Tübingen, erschienen und kostet 29,90 Euro. ISBN-Nummer: 978-3-8425-2185-8.