Betreibergesellschaft will nach finanziellem Desaster aus dem Hallenprojekt aussteigen - steigt stattdessen die Stadt ein?
Balingen - Die Betreibergesellschaft der "volksbankmesse" Balingen ist finanziell am Boden. Die Investoren wollen aus dem Hallen-Projekt aussteigen. Die spannende Frage ist: Wie geht’s weiter? Im Raum stehen zwei mögliche Lösungen: Insolvenz – oder Einstieg der Stadt.
Die Verhandlungen zwischen der Stadtverwaltung und der Betreibergesellschaft der volksbankmesse, hinter der namhafte und teilweise durch die Stadt hochdekorierte Geschäftsleute stehen, laufen seit mehreren Monaten. Eine Lösung wurde bislang nicht gefunden. Der Fall birgt einige Brisanz, insbesondere der Stadt könnte ein gewaltiger Imageschaden drohen.
Fest steht nach Informationen unserer Zeitung: Die Einlagen der Gesellschafter, die den Bau der Messehalle im Jahr 2008 finanziert haben, sind aufgezehrt. Geld nachschießen wollen sie keines mehr, dies auch deshalb, weil sie seit dem Bau im Jahr 2008 schon mehrfach Kapital nachgelegt haben. Der Betrieb der Messehalle ist bis heute nicht profitabel. Bei der Volksbank Balingen muss noch ein Darlehen von mehr als einer Million Euro bedient werden. Und die Gesellschaft habe, so stellt es ein Stadtrat dar, Schulden bei der Stadt Balingen in Höhe von mehr als 30 000 Euro. Genau diese Forderungen sind mit der pikanteste Teil der Geschichte.
Offene Forderungen – Insolvenz droht
Ein Teil davon sind fällige Grundsteuern, der wichtigere Teil rührt her aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag, den die Betreibergesellschaft und die Stadt geschlossen haben. Dieser besagt, vereinfacht ausgedrückt, dass sich das Stadthallenmanagement um Ulrich Klingler um die Vermarktung der volksbankmesse kümmert und das der Betreibergesellschaft in Rechnung stellt. Die Stadt hat sich zudem verpflichtet, über das Hallenmanagement pro Jahr eine bestimmte Zahl von Veranstaltungen in die volksbankmesse zu lotsen – als Grundauslastung sozusagen.
Die volksbankmesse hatte von Beginn an nicht den von den Investoren erhofften Zuspruch gefunden. Deshalb hat die Stadt aufgrund entsprechender Beschlüsse des Gemeinderats nach Informationen unserer Zeitung die Rechnungsbeträge gegenüber der Betreibergesellschaft aus den Jahren 2008 bis 2012 zunächst gestundet. Schließlich wurden sie sogar ganz erlassen.
So will die Mehrheit des Gremiums allerdings mit dem offenen Posten für das vergangene Jahr nicht weitermachen: Die Gemeinderäte wollen Geld sehen. Sie haben Oberbürgermeister Helmut Reitemann den eindeutigen Auftrag gegeben, bis Mittwoch, 30. April, die Forderungen einzutreiben – und für den Fall, dass nichts überwiesen wird, zur Zahlung aufzufordern. Weil bei der Betreibergesellschaft aber nichts mehr zu holen ist, liefe das darauf hinaus, dass die Stadt die Insolvenz beantragen müsste.
Die Forderungen erlassen kann und will der Gemeinderat nicht, weil er mittlerweile im Zuge der Verhandlungen detaillierte Kentnisse von der finanziellen Lage der volksbankmesse-Gesellschaft hat – mit entsprechenden juristischen Implikationen. Vielleicht ließe sich durch ein Verzicht auf das Geld kurzfristig der Betrieb aufrechterhalten, vielleicht käme trotzdem die Insolvenz. Im Fall des Verzichts und der Pleite würde sich die Stadt möglicherweise wegen Beihilfe zur Insolvenzverschleppung strafbar machen. Über die juristischen Folgen haben ein Steuer- und ein Rechtsexperte einer Rottweiler Kanzlei den Gemeinderat in einer der vergangenen Sitzung hinter verschlossenen Türen bereits informiert.
Parallel laufen Gespräche über eine Übernahme der volksbankmesse durch die Stadt. Die Vorstellungen, was für das etwas mehr als fünf Jahre alte Gebäude ein angemessener Preis ist, liegen deutlich auseinander: Die Gesellschafter fordern mehr als zwei Millionen Euro. Damit könnte man das Darlehen bei der Volksbank bedienen, jeder Gesellschafter erhielte einen Teil seiner Einlagen zurück. Diese Summe sei zudem dem Restwert des Gebäudes und auch dem Engagement der Gesellschafter "angemessen", wie einer der Investoren gestern sagte. Sicher habe man einserseits damit Geld verdienen wollen, auf der anderen Seite habe sich Balingen mit dem Neubau als Messestadt profilieren können.
Volksbank hat eine zentrale Rolle
Der Gemeinderat dagegen will für die volksbankmesse, so war es mehrheitlich Tenor in den nichtöffentlichen Sitzungen, weniger als eine Million Euro auf den Tisch legen. Schließlich würde man mit öffentlichem Geld eine defizitäre Einrichtung übernehmen, die mit großer Sicherheit auch in den nächsten Jahren ein Zuschussgeschäft bleibt. Dem Vernehmen nach lief es zuletzt mit den Belegungszahlen ganz gut, allerdings konnten die Gesellschafter zu keiner Zeit die für die Rentabiliät des Objekts notwendigen Preise durchsetzen. Dazu kommt, dass die Unterhaltungskosten deutlich höher liegen als gedacht.
Eine zentrale Rolle in den Verhandlungen hat die Volksbank Balingen inne. Das Geldinstitut ist als Gesellschafter der ihren Namen tragenden Messehalle und als darlehengebendes Institut im Boot. Die Frage sei, so formuliert es ein Gemeinderat, ob die Volksbank auf einen Teil der Forderung verzichte – oder möglicherweise riskiere, dass ihr Name mit einem insolventen Projekt in Verbindung steht.
Die Zukunft der volksbankmesse ist letztlich eine Frage des Preises, des Geldes. Die Gesellschafter, so ist zu hören, wollen sich von der Stadt nicht unter Druck setzen lassen. Man sei das Projekt hochmotiviert angegangen, mittlerweile sei es "nur noch lästig." Falls man sich nicht auf einen "vernünftigen Preis" einige, werde man eben in die Insolvenz gehen.
Genau das wiederum baut Druck auf die Stadt auf: An einer Insolvenz kann sie kein Interesse haben. Im Falle einer Pleite nämlich ist nicht sicher, ob sich die Kommune "ihre" Messehalle sichern kann – ob es also auf dem Messegelände so weitergeht, wie sich Rathaus und Gemeinderat das für die "Messestadt Balingen" wünschen.