Abschiedsbild: Auf dem Hof steht der Volvo V70, den die Rempes schweren Herzens abgegeben haben. Foto: Privat

Ehepaar Frischenschlager-Rempe muss seinen geliebten Wagen wegen der Umweltzone abgeben.

Balingen -  Wenn Martina Rempe über ihren Volvo V70 spricht, dann gerät sie schnell ins schwärmen. Die ihrer Meinung nach "schöne, klassische Form", die "super Ausstattung", die "tolle Ladekapazität", die es möglich machte, dass sie fast alle Utensilien ihres Puppentheaters "Traumkischtle" darin verstauen konnte. Vor 18 Jahren kaufte sich Martine Rempe den Wagen, es war ihr erstes eigenes Auto, sie erinnert sich an die erste große Fahrt damit, nach Südfrankreich. Ihr "Traumauto" sei das gewesen. Ist es immer noch, aber nun ist das Exemplar in royalblau-metallic weg – Grund ist die Umweltzone, die am Samstag, 1. April, im ganzen Balinger Stadtgebiet in Kraft tritt.

So schön und so bequem das Exemplar von Martina Rempe und Ulrich Frischenschlager-Rempe auch gewesen sein mag: Es war ein Diesel. Baujahr 1998. Ein "alter Stinker" also, versehen mit einer roten Plakette. Nachrüstung laut nach Auskunft ihrer Werkstatt nur möglich mit einem Filter aus den USA, der allerdings hierzulande vom TÜV nicht abgenommen wird. Ein Auto ohne Zukunft – obwohl er ansonsten – scheckheftgepflegt, trotz der vielen Jahre auf dem Buckel – völlig zuverlässig und funktionsfähig war und wohl noch einige Jahre fahrtauglich gewesen wäre. Martina Rempe und ihr Mann sprechen von einer "Zwangsenteignung".

Das Balinger Ehepaar ist, wie sie selber sagen, grundsätzlich ökologisch orientiert. Auf ihrem Grundstück an der Filserstraße in Balingen pflanzen die 57-jährige Sozialpädagogin und der 66-jährige Pädagoge im Ruhestand ihr eigenes Gemüse und Obst an. Sie halten Hühner und Hasen, backen in einem Holzofen eigenes Brot. Luftreinhaltung halten sie für eine wichtige Sache.

Aber die Umweltzone bewerten Martina Rempe und Ulrich Frischenschlager-Rempe als völlig überzogen und konzeptlos: "Eine Schnapsidee", sagt Martina Rempe, "purer Aktionismus". Diesen Eindruck habe sie nach der Informationsveranstaltung des Regierungspräsidiums zum Luftreinhalteplan gewonnen: Dort hatte Martina Rempe gefragt, was eigentlich passiere, wenn die Grenzwerte für Stickstoffdioxid in Balingen auch dann nicht eingehalten werden, wenn alle alten Fahrzeuge aus dem Verkehr gezogen seien? Die Mitarbeiter des RP hätten daraufhin nur ratlos mit den Schultern gezuckt. Es sei einfach "nicht zu fassen", sagt Ulrich Frischenschlager-Rempe und fasst sich an den Kopf, dass nun, weil die Grenzwerte für Stickstoffdioxid geringfügig überschritten wurden, in ganz Balingen inklusive so idyllischer Orte wie Streichen und außerdem auch auf den Bundesstraßen die Pflicht zur grünen Plakette eingeführt wird.

Das Ehepaar kritisiert die in ihren Augen "ungeregelte Verkehrspolitik", die keinerlei schlüssige Konzepte entwickelt habe für die Mobilität der Zukunft. Sie selbst, sagen Martina Rempe und ihr Mann, hätten eigentlich vorgehabt, den Volvo so lange zu behalten, bis Elektroautos serienreif und bezahlbar sind. Nun falle der Wagen der "radikalen Politik einer übermächtigen Behörde", des Regierungspräsidiums Tübingen, zum Opfer.

Was Ulrich Frischenschlager-Rempe besonders ärgert: Dass es für Autos von Privatleuten keinerlei Übergangsfristen gebe. So müssten sich nun viele quasi von heute auf morgen, Knall auf Fall einen neuen, den Abgasnormen entsprechenden Wagen besorgen. "Die kleinen Leute sind bei dieser Sache die Möpse", sagt Ulrich Frischenschlager-Rempe.

Den Volvo hat das Ehepaar mittlerweile verkauft, übers Internet. "Ich kam mir dabei wie eine Verräterin vor", sagt Martina Rempe. Den neuen Eigentümern wünscht das Ehepaar "viel Freude damit" – und sind sicher, dass der Wagen genau das noch einige Jahre bereiten wird.