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Arbeiten, wo andere Urlaub machen, und dann auch noch Spaß dabei haben: ein Traum, den sich Klaus Jenter aus Engstlatt in Island erfüllt hat

Balingen. Als Klaus Jenter im Sommer 2013 als Besucher das erste Mal nach Island kam, ging es ihm wie vielen Menschen vor ihm: Er war beeindruckt von der spektakulären Landschaft. "Ich war im Hochland unterwegs, die Ruhe, die Einsamkeit, so etwas hatte ich vorher noch nie erlebt", erzählt der 38-Jährige. Und: "Ich habe mich dort sofort wohlgefühlt, so, als ob ich zu Hause wäre", sagt der Balinger. Heute ist er als Tourguide und Busfahrer in Island tätig.

Neben der kargen, teils unwirklich anmutenden Natur hätten es ihm auch die Menschen, ihre herzliche Art angetan. "Die Isländer sind offen, interessiert und unglaublich liebenswürdig, das habe ich von Beginn an geschätzt."

Für Klaus Jenter war nach dem ersten Besuch schnell klar: "Ich will dort baldmöglichst wieder hin." Und bereits im November 2013 war er zurück, kaufte sich einen Toyota Yaris und war auf der Ringstraße unterwegs. Im Norden hatte er dann einen kleinen Unfall, die unberechenbare Natur war ihm auf der eisglatten Straße zum Verhängnis geworden. "Das war zwar nicht besonders wild, aber ich konnte nicht mehr weiterfahren", erzählt Jenter. Dann habe er einen ADAC-Mitarbeiter in München angerufen, der zuerst zwar nicht glauben konnte, wo der Anrufer gerade sei, aber natürlich Hilfe versprach.

"Vor Montagmorgen würde es allerdings nicht weitergehen, das war klar, denn der Fahrer des Abschleppwagens war übers Wochenende in Reykjavík und musste aus dem Süden der Insel erst einmal wieder zurückkommen", so Jenter, der sich dann auf eigene Faust auf die Suche nach Ersatzteilen begab.

Eine Bekannte aus Deutschland habe dann den Kontakt zu einem Reisebürobesitzer in Akureyri hergestellt, der ihm ebenso selbstverständlich unter die Arme griff wie eine Oma, in deren Haus er übernachten konnte: "Ich war einfach naiv, zu dieser Jahreszeit mit einem solchen Auto unterwegs zu sein, aber so habe ich die Hilfsbereitschaft der Isländer aus einer ganz anderen Perspektive kennengelernt."

Bereits sieben Monate später war der Schwabe erneut in Island in der Zeit der Mittsommernacht. "Ein unglaubliches Erlebnis, wenn die Nacht zum Tag wird", so Jenter. Eine isländische Bekannte vermittelte ihm einen Reiseveranstalter in Reykjavík. "Ich wollte ihn fragen, welche Voraussetzungen ich benötige, um bei ihm zu arbeiten – und obwohl ich noch keinen Busführerschein hatte, hätte ich am nächsten Tag anfangen können, einfach verrückt", sagt der Balinger, der viele Jahre lang unter anderem als Tourguide auf der Burg Hohenzollern und als Trainer beim Ebinger Kletterpark Waldheim gearbeitet hatte.

Zurück in Deutschland machte er den Busführerschein der Klasse D bei der Balinger Fahrschule Kappe und sammelte erste Erfahrungen bei einem Balinger Busunternehmen.

Im Januar 2015 hat sich Jenter auf eine Stellenausschreibung eines Camperverleihs in Island gemeldet, bei dem er wenige Monate später anfangen konnte. Neben seinem Job absolvierte er den Studiengang "Adventure Studies" der Thompson Rivers University. Morgens war er dann immer an der Uni und nachmittags arbeiten. Das sei zwar nicht immer einfach gewesen, habe aber unglaublich viel Spaß gemacht.

"Ich war der erste Deutsche in Island in diesem Programm der kanadischen Universität, die in diesem Bereich mit Island kooperiert", sagt Jenter, der dabei unter anderem die Frau des isländischen Fußball-Nationaltrainers kennengelernt hat, die ebenfalls Kursteilnehmer war: "In Island gibt es so viele witzige Begegnungen, da von den knapp 347 000 Einwohnern fast zwei Drittel im Großraum Reykjavík wohnen."

Im Mai 2016 war Klaus Jenter mit seinem Studium fertig und arbeitet seither im Tourismus: In den Tagestouren bei Sterna Travel werden vor allem die touristischen Höhepunkte im Süden der Insel angefahren. Mal ist der Balinger dabei Fahrer, mal Guide – und manchmal auch beides. "Ich habe auf meinen Touren schon viele tolle Menschen kennengelernt", betont er. "Meine bisher größte Gruppe, die ich betreut habe, waren Pfadfinder aus der Schweiz – 300 Personen, die wir mit sechs Bussen befördert haben", so Jenter, der sich in Island gut eingelebt hat. "Ich habe sogar das Stricken angefangen", sagt er und lacht.

Das Leben auf der Trauminsel sei aber nicht gerade billig. "Die Mieten sind extrem teuer aufgrund der Wohnungsknappheit, und für eine Pizza Margherita zahlt man schon gerne mal zwölf Euro aufwärts", sagt Jenter. Auch dank des boomenden Tourismussektors – 2016 waren es 1,7 Millionen Touristen, 2017 geschätzt 600 000 mehr – ist keine Besserung bei den Lebenshaltungskosten in Sicht. "Aber die Isländer nehmen das wie alles ganz gelassen, haben dafür einen extra Ausdruck", erklärt der Balinger: "Þetta reddast" – das wird schon gut gehen, das wird schon klappen. Der Begriff ist auch eine Art Lebenseinstellung.

Und wie lange bleibt der Schwabe noch in Island? "Ich mache den Job, solange er mir Spaß macht", meint er und grinst: "Und es macht mir derzeit wirklich sehr viel Spaß!"