Die Hauptdarsteller Stefan Reichmann als Leutnant Niki und Ella Tyran als Prinzessin Helene in einer Soloszene. Foto: Meinert Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Operettenbühne Wien gibt den "Walzertraum" von Oscar Straus auf der Bühne der Balinger Stadthalle

Balingen. Oscar Straus komponierte seine Operette "Ein Walzertraum" im Alter von 37 Jahren und schuf damit das Werk, das ihm zum Durchbruch verhalf. Und wer könnte eine Operette authentischer aufführen als ein Wiener Ensemble? Die 1996 von Professor Heinz Hellberg gegründete Operettenbühne Wien begeisterte in der Balinger Stadthalle mit einem Gastspiel, das mit echtem Schmäh, einer humorvoll geprägten Inszenierung mit aktuellem Zeitbezug und neben der musikalischen Darbietung mit großen schauspielerischen und tänzerischen Leistungen überzeugte.

Acht Sängerinnen und Sänger sowie sechs Tänzerinnen und Tänzer bilden das Bühnenensemble der Produktion, begleitet von einem Orchester, das neben Streichern und Schlagwerk auch mit acht Holz- und neun Blechbläsern besetzt ist. Die Kostüme entstammen überwiegend dem Fundus der Wiener Volksoper, bei der Bühnengründer Hellberg viele Jahre als Operettenbuffo engagiert war. Er selbst dirigierte die Balinger Aufführung und ließ es sich nicht nehmen, mit dem Fiaker-Lied am Beginn des zweiten Aktes auch als Sänger auf die Bühne zu treten und Wiener Schmäh und Herzblut auf die Bühne zu zaubern.

Der Produzent legt bei seinen Inszenierungen großen Wert darauf, zu entstauben, ohne neumodisch zu modernisieren. Dementsprechend enthielt die Prosa zahlreiche Pointen: So fehlte auch eine Anspielung auf den EU-Ausstieg Großbritanniens nicht.

Die Einstiegsszene beginnt in der Gegenwart: zwei angetrunkene Männer, von denen sich einer schlafen legt. Doch dann künden die Tänzerinnen des Balletts einen Traum: Der Schlafende wird zum Prinzgemahl Leutnant Niki und findet sich plötzlich an einem fürstlichen Hof in Preußen wieder, wo er nach der überstürzten Heirat mit der Prinzessin Helene für einen Thronfolger zu sorgen hat. Er sehnt sich aber nach der Lebendigkeit seiner Heimatstadt Wien.

In der Hochzeitsnacht flüchtet er in einen benachbarten Park, aus dem er Wiener Musik gehört hat und in dem er auf die fesche Leiterin einer Damenkapelle trifft, in die er sich sogleich verliebt. Die Hofgesellschaft entdeckt den Abtrünnigen, wird jedoch vom Wiener Charme mit seiner bodenständigen humoristischen Weltanschauung und seinen kulinarischen Genüssen verzaubert.

Prinzessin Helene verbündet sich mit der Nebenbuhlerin, um zu lernen, wie sie für ihren Prinzgemahl eine heimelige Atmosphäre schaffen kann. Beide Damen geben den verliebten Leutnant für die jeweils andere frei. Im "Happy End" finden Prinzessin und Prinzgemahl schließlich zusammen und beschließen eine Hochzeitsreise nach Wien, bevor ein Epilog die Eingangsszene wieder aufgreift und den Beteiligten bewusst macht, dass das Erlebte nur ein Traum war.

Die Tänzerinnen und Tänzer traten als Musen, Kammerzofen, Dienstmädchen, Diener, Kellner oder flanierende Pärchen auf und verliehen der Produktion eine farbenfrohe und mitreißende Lebendigkeit. Das Bühnenbild bot neben belustigenden Details wie dem Schnapsversteck der Oberhofmeisterin auch überflüssige Requisiten, die die Überladenheit des preußischen Hoflebens zum Ausdruck brachten. Blaues Licht schuf die das Werk umrahmende "Traumstimmung".

Das Orchester gefiel durch sein feines Zusammenspiel; in der Begleitung der Sänger hätte man sich zugunsten einer besseren Textverständlichkeit stellenweise etwas mehr instrumentale Zurückhaltung gewünscht, doch letztlich überwog die ansteckende Spielfreude des Ensembles, die den Operettenabend zu einem sehr vergnüglichen Erlebnis werden ließ.