Christliche Flugblätter machen bei Balinger Fasnet die Runde. "Drahtzieher" sind unbekannt.
Balingen - Ein Anti-Fasnets-Flyer mit christlichem Hintergrund beim Balinger Fackelumzug? Eher suboptimal, findet Andreas Hebrank von den Balinger Feuerhexen, die am Wochenende gemeinsam mit den Balinger Loable den Umzug ausrichteten. Genau dort wurde von Unbekannten ein Flyer mit dem Titel "Hinein in den Karneval" verteilt. Hinweise, wer hinter der Aktion stecken könnte, gibt es keine. Lediglich der Urheber des sechsseitigen Pamphlets ist ausfindig zu machen: Der Verein Verbreitung der Heiligen Schrift, kurz VdHS, verlegt das Flugblatt. Der Sitz des Vereins in Eibelshausen im mittelhessischen Lahn-Dill-Kreis erklärt sodenn auch den Kardinalsfehler, in der Region von Karneval und nicht von Fasnet zu sprechen.
Doch am Grundgedanken des Flyers ändert das nichts, denn der enthält Fundamentalkritik am närrischen Treiben. "Satan, der Fürst der Welt, welcher sich an die Spitze seiner Narrrenschaft gestellt hat, macht in diesen Tagen der Tollheit seine besten Geschäfte", wird artikuliert. Sämtliche Umzüge und Brauchtumsabende seien nichts Geringeres als ein Werk des Teufels, heißt es weiter. Sogar für Tote, zerbrochene Ehen oder Streit soll laut VdHS die Fasnet verantwortlich sein. Flammend auch der Appell gegen Ende: "Kehrt um, kehrt um von euren bösen Wegen!", ruft der VdHS den Narren mittels Bibelzitat aus dem Buch Hesekiel zu.
Andreas Hebrank, Vorsitzender bei den Balinger Feuerhexen, ist von der Aktion freilich nicht begeistert - wusste vor allem nichts davon. "Wenn da was ausgelegt oder verteilt wird, wird das eigentlich vorher abgesprochen. Aber von der Aktion habe ich nichts mitbekommen. Das ist natürlich nicht gut, wenn da solche Sachen verteilt werden während des Umzugs", ist der Hexen-Chef verärgert, sagt aber auch: "Bei der Masse an Menschen kann man das nicht kontrollieren. So was läuft ja unter der Hand, wenn da solche Meinungsbilder verbreitet werden."
Beim VdHS selbst gibt man sich unwissend: Balingen? Davon wisse man nichts, lässt eine Sprecherin verlauten. "Wo die Flyer jeweils im Einsatz sind, wissen wir nicht, da ja Tausende bei uns bestellt werden", heißt es weiter. Auch wer im konkreten Fall für die Verteilung gesorgt hat, bleibt im Dunkeln. Selbst wenn man es wisse, dürfe man das aus Datenschutzgründen nicht preisgeben, erklärt der VdHS.
Verboten ist das Verteilen von Flyern allerdings nicht, verdeutlicht Michael Weitzl vom Balinger Ordnungsamt: "Wenn das im Vorbeigehen passiert, fällt das unter normale Kommunikation und ist auch nicht genehmigungspflichtig." Von der Aktion mit den Anti-Fasnets-Flyern weiß allerdings auch die Behörde nichts, angemeldet worden sei jedenfalls nichts.
Für Verwunderung sorgt die Aktion dennoch, zumal die Bibel an anderer Stelle von allen Christen fordert, nicht gehässig zu sein. Jeder Gläubige "soll vielmehr jedem freundlich und liebevoll begegnen", heißt es in Titus 3, Vers 2. Das impliziert freilich auch die Balinger Narren. Feuerhexen-Chef Hebrank will jetzt auf jeden Fall nachforschen, was es mit den rätselhaften Flugblättern auf sich hat.